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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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außer Atem und sah zu, wie Dufus sich hinhockte, eine Bewegung, die an den Hofknicks vor einer Königin erinnerte.
    »Warum hebst du nicht das Bein wie ein Mann«, murmelte Packer, während der Hund mit seiner rosagefleckten Nase schnüffelte und ihn aus hervorstehenden Augen ansah. »Weichei«, sagte Packer. Beim feierabendlichen Rasenmähen hatte sich heute Packers alter Pieper am Gürtel gemeldet. Panesa hatte ihm mitteilen wollen, sogar der Bürgermeister habe zugegeben, sich zur Zeit bei Dunkelheit nicht in die Innenstadt zu wagen! Gütiger Gott, das war unglaublich. Sicher, die Zeitung war auf dem besten Weg, mit einer Artikelserie über die Veränderung der Gesellschaft den Pulitzerpreis zu gewinnen -einer Serie, die vielleicht sogar die Geschichte verändern würde. Doch warum, zum Teufel, geschahen diese Dinge immer ausgerechnet dann, wenn Packer gerade nicht in der Redaktion war? Schließlich war er zweiunddreißig Jahre lang immer präsent gewesen. Nachdem er dann mit knapper Not einer bevorstehenden Herzattacke entronnen war und beschlossen hatte, seinem Leben eine andere Richtung zu geben, war Andy Brazil aufgetaucht.
    Jetzt war es für Dufus Zeit für einen Auslauf durch den Garten, damit seine Eingeweide in Bewegung kamen und er das loswerden konnte, was nach Packers Auffassung für jedes Lebewesen eine Demütigung sein mußte, kleine Hauskatzen vielleicht ausgenommen. Packer ging los, aber Dufus rannte ihm nicht nach und ließ sich auch nicht rufen, was allerdings nicht neu war. Der Redakteur setzte sich auf die Verandastufen, während der Hund seiner Frau Mulch kaute, bis er schließlich seine kümmerliche Hinterlassenschaft fallen ließ. Seufzend erhob sich Packer. Mit Dufus direkt auf den Fersen ging er ins klimatisierte Haus zurück.
    »Da ist er ja, mein kleiner Boy«, flötete Mildred, als der Hund leckend an ihr hochsprang, bis sie ihn auf den Arm nahm und liebevoll wiegte.
    »War mir ein Vergnügen«, sagte Packer, ließ sich in seinen verstellbaren Armsessel fallen und schaltete den Fernseher ein.
    Nach Stunden saß er noch immer vor dem Apparat und aß Chicken Nuggets, die er in Roger's Barbecuesoße tunkte. Der Inhalt der laut raschelnden Chipstüte wurde ebenfalls in Soße getaucht. Nach mehreren Dosen Corona mit Limette dachte er nicht mehr an die lauernde Herzattacke. Mildred sah sich wieder einmal Home for the Holidays an, weil sie das für ein Spiegelbild ihres Lebens hielt. Man stelle sich das vor! Erstens spielte Packer schon mal gar nicht Orgel, und auch sie trug weder eine Perücke, noch rauchte sie. Zweitens lebten sie nicht in einer Kleinstadt. Ihre Tochter war nie gefeuert worden, zumindest nicht aus einer Kunstgalerie. Eine Kunstgalerie gehörte zu den wenigen Orten, an denen sie noch nicht gearbeitet hatte, wahrscheinlich weil sie farbenblind war. Auch war ihr Sohn nicht schwul, soweit Packer das wußte oder überhaupt wissen wollte. Für ihn verschwanden zudem, im Gegensatz zu seiner Frau, sämtliche Vertraulichkeiten im Bermudadreieck ihres ehelichen Schweigens. Der Redakteur hörte nicht zu, also gab es auch nichts zu erzählen. Ende der Geschichte.
    Mit seiner ganzen Autorität betätigte Packer die Fernbedienung, und der allgegenwärtige Webb blickte auf eine Weise in die Kamera, die nach aller Erfahrung nur Schlechtes bedeuten konnte. »Mist«, sagte Packer und hieb auf einen Hebel an seinem Sessel, der die Rückenlehne schlagartig aufrichtete.
    »In einem seltenen, wenn nicht gar erschüttenden Augenblick der Offenheit«, sagte Webb mit ernstem Gesicht, »gestand Bürgermeister Charles Search heute ein, daß die Umsätze im Hotel- und Gaststättengewerbe wegen der Schwarze-Witwen-Morde um mehr als zwanzig Prozent zurückgegangen seien. Auch er selbst fühle sich nicht mehr sicher bei einer nächtlichen Fahrt durch die Stadt. Inständig bat Bürgermeister Search die Bevölkerung von Charlotte um Unterstützung bei der Ergreifung dieses Killers, der skrupellos fünf Morde...«
    Packer wählte bereits eine Nummer. Die Chipstüte war ihm vom Schoß gefallen, ihr Inhalt lag auf dem Teppich verstreut. ». von einer Spezialistin beim FBI wurde er als sexueller Psychopath charakterisiert, als ein Serienmörder, der nicht aufhören würde.«, fuhr Webb fort.
    »Haben Sie das gehört?« rief Packer ins Telefon, als Panesa sich gemeldet hatte.
    »Ich zeichne es gerade auf«, antwortete der in einem geradezu mordlüsternen Ton, den Packer nur selten bei ihm gehört hatte. »Dem

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