Die Hornisse
Mikrowellen-Nachos, Cheeseburger und sogar ihr Bier stehen lassen und verfolgten durch die Fenster die Ereignisse hinten auf dem Parkplatz, wo jetzt überall zwischen den Bäumen Blaulicht blitzte.
»Was der da in der Hand hat, ist mit Sicherheit ein Gewehr«, sagte Betsy und kaute auf einem Stück Trockenfleisch.
»Na klar«, sagte Al. »Dann sollten wir raus und helfen.«
»Wem helfen?« fragte Tex.
Eine schwierige Frage, über die sie so lange nachdachten, bis die Polizei selbst nahe genug heran war und man in der Ferne schon den Hubschrauber hörte.
»Sieht aus, als hätte Bubba angefangen«, meinte Pete. »Dann sollten wir ihn uns schnappen.«
»Weißt du denn nicht, was der alles für Waffen hat?«
»Auf uns wird Bubba nicht schießen.« Diese Gewißheit war alsbald widerlegt.
Bubba fühlte, daß er vom Feind umzingelt war, und geriet in Panik. »Raus da, oder es knallt!« schrie er und versuchte noch einmal durchzuladen, obwohl schon eine Patrone im Lauf war.
»Nicht schießen.« West hob die Hände. Sie merkte, daß seine Waffe klemmte. »Ich öffne jetzt die Tür, okay?«
»SOFORT!« brüllte Bubba und legte an.
West suchte nach der günstigsten Position zum Aussteigen und stemmte den Fuß gegen die Tür. Dann zog sie die Klinke hoch, holte mit dem Fuß aus und trat mit aller Kraft von innen gegen die Tür. Im selben Moment bogen acht Streifenwagen in den Parkplatz ein. Sirenen heulten durch die Nacht. Der Schlag traf Bubba auf Hüfthöhe und schleuderte ihn zurück. Er landete auf dem Rücken. Sein Gewehr schrammte über den Asphalt. Kaum hatte West die Füße am Boden, war sie auch schon bei Bubba und kniete über ihm. Auf Verstärkung wartete sie nicht. Den Haufen bulliger Fernfahrer, der aus dem Truck Stop quoll, um ihr zu Hilfe zu eilen, nahm sie kaum wahr. Auch Brazil war aus dem Wagen gesprungen. Gemeinsam drehten sie Bubba auf den Bauch und legten ihm Handschellen an. Zu gern hätten sie ihn halbtot geprügelt. Doch sie widerstanden der Versuchung. »Du gottverdammter Mistkerl, du hühnerfressendes Stück Scheiße!« bellte Brazil.
»Eine Bewegung, und ich puste dir das Hirn weg!« schrie West und bohrte ihm ihre Pistole in den feisten Nacken.
Das Einsatzkommando schleppte Bubba weg, ohne daß die Trucker ihm geholfen hätten, sie kehrten zu ihrem Bier, den Snacks und Zigaretten zurück. West und Brazil setzten sich wieder in ihren Wagen und schwiegen eine Weile.
»Du bringst mich immer in Schwierigkeiten«, sagte sie schließlich und griff zum Zündschlüssel.
»He«, protestierte er. »Wohin willst du?«
»Ich bringe dich nach Hause.«
»Ich wohne nicht mehr zu Hause.«
»Seit wann?« Sie versuchte, ihre angenehme Überraschung zu verbergen.
»Seit vorgestern. Ich habe eine Wohnung in Charlotte Woods gemietet, in der Woodlawn.«
»Dann bringe ich dich dorthin«, sagte sie.
»Aber mein Wagen steht hier«, erinnerte er sie.
»Und du hast den ganzen Abend getrunken«, gab sie zurück und schnallte sich an. »Wenn du wieder nüchtern bist, holen wir deinen Wagen.«
»Ich bin nüchtern«, sagte er.
»Verglichen womit?« Sie fuhr los. »Morgen wirst du dich an nichts mehr erinnern.«
Bis zum Ende seiner qualvollen Tage würde er sich an die kleinste Kleinigkeit dieses Abends erinnern. Er gähnte und rieb sich die Schläfen. »Ja, wahrscheinlich hast du recht«, stimmte er zu. Er kam zu dem Schluß, daß es für sie keine Bedeutung hatte. Auch für ihn hatte es schließlich keine.
»Natürlich habe ich recht«, sagte sie und lächelte still. Sie bemerkte seine Gleichgültigkeit. Er unterschied sich in nichts von all den anderen Ärschen, die nur ihre eigenen Interessen kannten. Was war sie auch schon? Eine Frau in mittleren Jahren, die aus der Form geraten war und nie eine größere oder aufregendere Stadt gesehen hatte als die, in der sie seit ihrem Collegeabschluß arbeitete. Er wollte sie nur testen und maßnehmen. Wie man seine ersten Probefahrten in einem alten, maroden Wagen machte, der einem schon mal einen Fehler nachsah. Sie verspürte den Wunsch, auf die Bremse zu treten und ihn zu Fuß weitergehen zu lassen. Sie tat es nicht, aber als sie in den Parkplatz der gepflegten Wohnanlage eingebogen war und darauf wartete, daß er ausstieg, hatte sie kein freundliches Wort für ihn übrig. Ihr fiel überhaupt nichts ein.
Brazil war neben der offenen Tür stehengeblieben und sah zu ihr hinein. »Morgen um wieviel Uhr?«
»Um zehn«, sagte sie knapp.
Er schlug die Tür zu und
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