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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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es jetzt ganz genau. Der König hatte zu ihm gesprochen, damit er diese Nachricht an sein Frauchen weitergab. Sie wiederum würde andere kampfbereite Krieger alarmieren. Truppen würden zusammengerufen, und der König und alle Usbeeceer wären gerettet.
    Niles brauchte fünf mühsame Minuten, um den Deckel oben auf der Waschmaschine zu öffnen. Er langte mit der Pfote hinein und zog ein kleines nasses Kleidungsstück heraus. Dann nahm er einen zusammengefalteten Fünf-Dollar-Schein zwischen die Zähne und sprang aufgeregt von der Maschine. Er wußte, das würde seinem Frauchen sehr gefallen. Falsch. Sie schien ganz und gar nicht erfreut, Niles zu sehen. Wütend fuhr sie hoch, als er ihr einen nassen Slip über das Gesicht drapierte, den er zuvor durchs ganze Haus geschleift hatte. Als ihr Blick auf dem Slip und dem Geldschein auf ihrer Brust ruhte, fuhr ihr wieder ein Schauer über den Rücken, diesmal ein eiskalter.
    »Warte mal«, sagte sie zu Niles, der schon wieder das Weite suchte. »Komm zurück. Bitte.«
    Niles blieb stehen und sah sie an. Mit zuckender Schwanzspitze dachte er nach. Er traute ihr nicht.
    »Okay. Waffenstillstand«, versprach West. »Irgend etwas ist los. Du spinnst nicht nur einfach herum, oder? Komm her, erzähl es mir.« Niles merkte, daß sie es ehrlich meinte, daß sie vielleicht sogar ein wenig Reue zeigte. Er kam quer durch das Schlafzimmer und sprang den letzten Meter mit einem Satz aufs Bett. Er setzte sich und sah sie an, während sie ihn streichelte.
    »Du hast mir also einen Slip gebracht und Geld«, sagte sie. »Hat das etwas zu bedeuten?«
    Der Schwanz zuckte, aber nur ein bißchen. »Hat das etwas mit dem Slip zu tun?« Jetzt hielt er den Schwanz still. »Mit Unterwäsche?« Keine Reaktion. »Mit Sex?« Er rührte sich nicht.
    »Mist«, murmelte sie. »Womit sonst? Gut, laß mich die Dinge zurückverfolgen, wie einen Kriminalfall. Du bist zur Waschmaschine gegangen, hast den Deckel geöffnet und das hier herausgeholt. Es ist naß und war noch nicht im Trockner. Was genau wolltest du mir also bringen? Kleidung?« Die Sache fing an, Niles zu langweilen.
    »Nein, natürlich nicht«, tadelte West sich selbst. Kleidungsstücke hätte Niles überall finden können, auf dem Stuhl oder auf dem Boden. Für einen einzigen Slip hatte er sich viel Mühe gemacht. »Du bist in die Waschküche gegangen«, sagte sie. Der Schwanz zuckte.
    »Aha, jetzt wird es warm. Waschküche, Wäscherei? Ist es das?« Jetzt wedelte Niles wie verrückt und legte den Kopf in ihre Hand. Als nächstes nahm West sich den Fünf-Dollar-Schein vor. Nach dem zweiten Versuch stand fest, daß Geld das Schlüsselwort war. »Wäscherei, Geld« murmelte West. »Ziemlich rätselhaft.« Niles konnte ihr nicht weiterhelfen. Er sprang vom Bett und kehrte in die Küche zurück. Seiner Meinung nach hatte er seine Mission erfüllt. Nur verschwommen sah er durch den Regen den Morgengruß des Königs an seinen ergebenen Untertan. Niles war enttäuscht. West war spät dran. Sie stürzte aus dem Haus und gleich wieder zurück. Sie hatte das Wichtigste vergessen: den kleinen Kasten, der an ihrem Telefon angeschlossen war. Eilig fuhr sie dann über den East zum South Boulevard und bog schließlich in die Woodlawn ein. Brazil erwartete sie in Windjacke und Kapuze auf dem Parkplatz. Er wollte nicht, daß sie seine kleine, noch unmöblierte Wohnung sah.
    »Hallo«, sagte er und stieg ein.
    »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe.« Sie konnte ihn nicht ansehen. »Mein Kater hat den Verstand verloren.« Das fängt ja gut an, dachte Brazil. Er selber dachte nur an sie, und sie dachte an ihre Katze. »Was hat er denn?« fragte er.
    Es nieselte nur noch. Die Reifen sirrten auf der nassen Straße. Brazil verhielt sich, als sei gar nichts geschehen, was ihre Überzeugung, daß alle Männer gleich waren, nur bestärkte. Wahrscheinlich war sein Erkunden ihres Körpers nichts anderes gewesen als das Blättern in einem Magazin voll nackter Frauen: Ein angenehmer Schauer auf der Haut. Eine leichte und flüchtige Erregung, wie sie auch ein vibrierender Motorradsitz auslösen konnte oder die aufregende Frau, die einer auf den Schoß ziehen durfte, weil zu viele Leute in einem Auto Platz suchten.
    »Er ist einfach nur verrückt«, sagte West. »Starrt die ganze Zeit aus dem Fenster. Zerrt Sachen aus der Waschmaschine. Beißt mich. Und macht so komische Jaulgeräusche.«
    »Ist dieses Verhalten neu und ungewohnt?« fragte Brazil, der

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