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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Teufel?« wollte Raines wissen.
    »Ist eben ein reizbarer Schriftsteller«, murmelte sie. Aber das interessierte Raines schon nicht mehr. Er und West hatten noch ein paar Tore zu schießen. Er umfaßte sie von hinten und tätschelte sie, während sich seine Zunge in ihrem Ohr zu schaffen machte. Doch noch bevor das Spiel zu Ende war, umdribbelte sie ihn, ließ ihn stehen und war mit dem Ball weg. »Ich bin müde«, sagte sie gereizt.
    Raines verdrehte die Augen. Er hatte genug von ihrem mangelnden Sportsgeist und all den Spielunterbrechungen. »Na prima«, sagte er und ließ seine Kassette mit den Sportszenen aus dem Recorder springen. »Ich möchte dir eine Frage stellen, Virginia.« Verärgert stapfte er zur Tür und blieb gerade so lange stehen, daß er ihr noch einen wutentbrannten Blick zuwerfen konnte. »Wenn du beim Essen bist, und das Telefon klingelt, was passiert dann, nachdem du wieder aufgelegt hast? Ißt du weiter, oder läßt du das dann auch einfach stehen? Gibst du auf, nur wegen einer winzigen Unterbrechung?«
    »Hängt davon ab, was ich gerade esse«, erklärte West.
    Brazil gönnte sich ein spätes Dinner bei Shark Finn's an der Old Pineville Road, nicht weit von der Bourbon Street. Nachdem er Wests Haus in rasendem Tempo hinter sich gelassen hatte, war er eine Weile herumgefahren, und von Augenblick zu Augenblick hatte seine Wut zugenommen. Wahrscheinlich gehörte es nicht zu seinen klügsten Entscheidungen, in Fourth Ward vor Tommy Axels Wohnung mit der rosa Tür anzuhalten. Er parkte, stieg aus und merkte, daß er von einer Reihe von Männern beobachtet wurde. Er erwiderte ihre Blicke nicht besonders freundlich, und auch zu Axel war er es nicht.
    Was nämlich für Axel ein erstes Date hielt, war für Brazil ein Racheakt. Der sollte in Shark Finn's Jaws Raw Bar seinen Anfang nehmen. Ein riesiger Rochen begrüßte dort jeden Eintretenden mit aufgerissenem Maul und verwundertem Glasaugen-Blick. Die Holztische waren ungedeckt, der Plankenfußboden unlackiert. Zur Dekoration hingen vor fleckigen Glasscheiben Kokosnüsse, in die Gesichter geschnitzt waren, und Seesterne mit eingerollten Armen. Brazil hielt sein Red Stripe Bier in beiden Händen und dachte, er müsse von allen guten Geistern verlassen gewesen sein, als er dem verrückten Impuls nachgegeben hatte, der ihn jetzt in dieses Lokal geführt hatte.
    Axel sah ihn mit glühenden Blicken an, als sei ein Traum Wirklichkeit geworden. Er fürchtete, seine Vision könne sich in Nichts auflösen, wenn er auch nur einen Moment wegsah. Brazil war sicher, daß andere Gäste - manche schlürften rohe Austern, manche wurden immer betrunkener -, Axels Absichten durchaus er- und seine eigenen verkannten. Es war eine ungünstige Konstellation, denn die meisten der anwesenden Männer fuhren Pickups und fühlten sich von höherer Stelle dazu berufen, Frauen zu schwängern, Waffen zu besitzen und Schwule umzubringen.
    »Kommst du oft hierher?« Brazil schwenkte das Bier in der braunen Flasche.
    »So oft es geht. Hungrig?« Axel grinste und zeigte seine besonders schönen weißen Zähne. »Irgendwie schon«, sagte Brazil.
    Sie standen auf und gingen in die Krebshütte, die sich nur unwesentlich von der Raw Bar unterschied, abgesehen von den Deckstühlen an den Tischen und Ventilatoren, die sich so schnell drehten, als wollten sie jeden Augenblick abheben. Aus den Lautsprechern erklang Jimmy Buffett. Auf ihrem Tisch standen eine Kerze und eine Flasche Tabasco. Brazil mußte mehrere Päckchen Süßstoff unter das eine Bein legen, um sein Wackeln zu beheben. Als Aperitif bestellte sich Axel einen Shark Attack mit viel Myers's Rum und überredete Brazil zu einem Rum Runner, der genügend Alkohol enthielt, um in Brazils Kopf mindestens die Hälfte der Lichter ausgehen zu lassen. Als ob Brazil nicht schon genug Probleme hatte, bestellte Axel auch noch einen Blechkühler voll mit eisgekühlten Flaschen Rolling Rock Bier. Der Musikkritiker war sich ganz sicher: Das alles zusammen würde seinen Zweck schon erfüllen. In seinen Augen glich Brazil einem jungen Hund, den man sich nur abrichten mußte. Verwundert kam Axel der Gedanke, daß der Junge offenbar noch nie in seinen Leben betrunken gewesen war. Unglaublich. Wo war der denn aufgewachsen? Im Kloster oder in einem Mormonentempel? Brazil trug wieder einmal etwas zu enge Jeans aus seiner Collegezeit, dazu das T-Shirt eines Tennisteams. Axel versuchte nicht daran zu denken, wie es wohl wäre, wenn er ihm diese Sachen

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