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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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daß der Mustang Deedricks Mutter gehörte.
    Als erstes schrieb sich Brazil Namen, Adresse und Telefonnummer auf und wiederholte minutiös jede einzelne Silbe, um sicherzugehen, daß er keinen Fehler machte. In diesem Punkt war er durch eine harte Schule gegangen. Im ersten Monat beim Observer hatte er sich drei Richtigstellungen hintereinander eingehandelt. Es waren unbedeutende Fehler bei unbedeutenden Details gewesen. Einmal hatte er Junior an einen Namen gehängt, als es der Dritte hätte heißen müssen. Allerdings hatte diese Lappalie zu einer Todesanzeige geführt, die ein Vater daraufhin für seinen Sohn aufgab. Der Sohn hatte Probleme mit dem Finanzamt gehabt, deswegen hatte ihn der Fehler nicht weiter gestört. Im Gegenteil. Er hatte Brazil persönlich angerufen und gebeten, die Zeitung möge die Sache auf sich beruhen lassen. Aber Packer war dagegen gewesen. Der unangenehmste Fehler, der Brazil unterlaufen war - und an den er gar nicht gern zurückdachte -, war der Bericht über eine Gemeindeversammlung, auf der lautstark und lebhaft über das kontroverse Thema der Tiersegnung debattiert worden war. Er hatte Ortsnamen mit Person verwechselt und sich wiederholt auf eine Latta Park oder Miss Park bezogen. Bei Jeff Deedrick vergewisserte sich Brazil daher sehr genau, daß alles korrekt war. Hier würde er nicht mehr danebengreifen. Brazil beobachtete den Schauplatz, während die Sanitäter die Leiche in den Rettungswagen schoben. »Ich gebe zu, ich hatte was getrunken und merkte, daß ich es nicht bis nach Hause schaffen würde.« Nervosität und Aufregung machten Deedrick gesprächig.
    »Dann sind Sie also hier reingebogen, um auszutreten?« Brazil blätterte um und schrieb schnell weiter.
    »Ich parke, sehe diesen Wagen mit eingeschalteten Scheinwerfern und geöffneter Tür und denke, aha, da ist wohl noch jemand, der sich erleichtert.« Deedrick zögerte. Er nahm seine Baseballkappe vom Kopf und setzte sie verkehrtherum wieder auf. »Ich warte, sehe aber niemanden. Das macht mich neugierig, also gehe ich hin und sehe ihn da liegen. Gott sei Dank, daß ich ein Handy hatte.« Deedrick starrte ins Leere. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, die Achselhöhlen waren naß. Zunächst habe er gedacht, der Kerl sei betrunken, hätte zum Pinkeln die Hose heruntergelassen und wäre dabei umgekippt. Dann habe er die orange Farbe und das Blut entdeckt. Das sei der Schock seines Lebens gewesen. Er sei zum Wagen zurückgespurtet und wie von der Tarantel gestochen davongefahren. Unter einer Eisenbahnbrücke habe er angehalten, gepinkelt und den Notruf verständigt.
    »Mein erster Gedanke?« fuhr Deedrick inzwischen etwas entspannter fort. »Das kann einfach nicht wahr sein. Ich meine das unablässige leise Klingeln, all das Blut, die bis zu den Knien heruntergezogene Hose. Und... Nun, Sie wissen schon. Sein Ding.« Brazil sah ihn an. Deedrick stotterte. »Was war damit?« wollte Brazil wissen.
    »Es war angesprüht, orange und sah aus wie so ein bunter Kegel von der Straßenbaustelle. So sah es aus.«
    Deedrick wurde rot, als er eine Acht in die Luft zeichnete. Brazil reichte ihm seinen Block. »Können Sie das aufzeichnen?« fragte er. Staunend schaute er zu, wie Deedrick mit zitternder Hand eine Sanduhr zeichnete.
    »Die Kontur erinnert an diese Spinne, die Schwarze Witwe mit ihrer orangeroten Zeichnung am Hinterleib«, murmelte Brazil. Aus dem Augenwinkel sah er West und Hammer unter der Absperrung durchkommen. Sie wollten offenbar gehen.
    Abrupt beendete Brazil sein Interview. Er fürchtete, wieder allein gelassen zu werden. Zudem wollte er Hammer und West noch eine Frage stellen. Aus Respekt wandte er sich zuerst an Chief Hammer. »Hat der Täter all seinen Opfern eine Sanduhr aufgesprüht?« fragte er ernst mit erregter Stimme.
    West schwieg, was bei ihr selten vorkam. Reglos stand sie da. Brazil kannte keine überwältigendere Person als diese Hammer. Sie winkte mit einer Handbewegung ab, die kein Kommentar bedeutete. An West gewandt sagte sie: »Ich überlasse Ihnen den Fall.« Hammer ging durch die Dunkelheit zu ihrem Wagen. Wortlos steuerte West auf ihren Ford zu. Auch nachdem Brazil eingestiegen war und sich angeschnallt hatte, hatten sie einander nichts zu sagen. Das Funkgerät war eingeschaltet. Es war spät geworden. Sie mußte Brazil zu seinem Auto zurückbringen, damit sie endlich ihre verdammte Ruhe hatte. Mehr wollte sie im Augenblick nicht. Was für eine Nacht.
    Es war fast Mitternacht, als sie

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