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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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die beiden in aller Ruhe bei ihrem Lunch sitzen blieben, wenn keine fünfzig Meter weiter Menschenleben in Gefahr waren. Sie mußten davon gehört haben. West hatte ihr Funkgerät in der Hand. »Andy.« Hammer nickte ihm einen Gruß zu.
    Wests Blick in seine Richtung sagte: Wage es ja nicht, Fragen zu stellen. Beide waren gut angezogen. Die schwarze Ledertasche des Chiefs mußte wohl ein Geheimfach für eine Waffe haben. Wahrscheinlich trug sie auch noch ihre Dienstmarke darin herum. Beide eilten davon, und Brazil beobachtete mit Wohlgefallen das Muskelspiel von Hammers Waden. Wie Wests Beine wohl aussahen? Er eilte zur Busstation. Eifrige Cops führten Vernehmungen durch und hatten damit reichlich zu tun. Brazil zählte dreiundvierzig Fahrgäste, dazu den Fahrer, der sich als recht auskunftsfreudiger Interviewpartner erweisen sollte.
    Antony B. Burgess übte seit zweiundzwanzig fahren den Beruf des Busfahrers aus und hatte so ziemlich alles erlebt. Er war überfallen, ausgeraubt, entführt und niedergestochen worden. Vor dem Twilight Motel in Shreveport war er angeschossen worden, als eine Frau zu ihm einstieg, die sich plötzlich als Mann entpuppte und eine Waffe zog. Er hatte diesem verdammt netten blonden Kerl so einiges zu erzählen, und das tat er gern, weil der wußte, wen er vor sich hatte - einen begnadeten Erzähler.
    »Hatte ja keine Ahnung, daß die Cops waren«, räsonierte Burgess und kratzte sich dabei unter seiner Mütze. »Das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Steigen ein, in Schwarz die eine, in Blau und Rot die andere, wie Batman und Robin. Dann versetzt Batman diesem Bastard einen Tritt, daß der nicht mehr weiß, ob er Männlein oder Weiblein ist - es fehlte nicht viel, und sie hätte sein ganzes Gehirn über meinen Bus verteilt -, während Robin ihn fesselt. Heiliger Bimbam.« Er schüttelte den Kopf, als habe er gerade eine Fata Morgana erblickt. »Und das war der Police Chief. Habe ich zumindest gehört. Können Sie sich das vorstellen?«
    Am Nachmittag gegen fünf war die Story fertig. Sie war für die Seite eins vorgesehen. Die Schlagzeile hatte Brazil bereits in der Setzerei gesehen:
    POLICE CHIEF UND DEPUTY VEREITELN BUSENTFÜHRUNG BATMAN UND ROBIN IN STÖCKELSCHUHEN?
    Etwas später hatte West einen Seitenabzug in der Hand, nachdem Brazil für eine weitere Spätschicht in den Straßen der Stadt in ihren Wagen gesprungen war. Er war sehr stolz auf sich und hielt den Artikel für seine bisher beste Arbeit. Was Hammer und West da vorgeführt hatten, hatte ihn begeistert. Am liebsten hätte er die Frauen um ein Autogramm gebeten oder um ein Poster mit ihnen beiden, das er dann in seinem Zimmer aufgehängt hätte. »Himmel, Arsch und Donnerwetter«, war Wests eindeutiger Kommentar. Sie fuhren ohne festes Ziel den South Boulevard hinunter. »Diesen Batman-Scheiß hätten Sie sich wirklich sparen können.«
    »Nein, hätte ich nicht«, beharrte Brazil. Seine Stimmung sank wie die Sonne am Abend, und Sturm und Dunkelheit zogen auf. »Das ist ein Zitat. Das habe ich nicht erfunden.«
    »Scheiße.« Morgen würde West im ganzen Department die Witzfigur abgeben. »Sie verdammter Mistkerl.« Sie zündete eine Zigarette an und stellte sich vor, wie Goode sich halbtot lachte. »Das ist doch nur so eine Ego-Kiste von Ihnen.« Brazil vertrug es nicht gut, wenn seine Arbeit kritisiert wurde. Seine Toleranzschwelle lag nicht sehr hoch. »Es paßt Ihnen nicht, an zweiter Stelle zu stehen, Robin zu sein und nicht Batman, denn das erinnert Sie an Ihre wirkliche Situation. Nicht Sie sind Batman. Sie ist es.« West warf ihm einen tödlichen Blick zu. Jeden Moment konnte sie wie eine Rakete in die Luft gehen. Diese Nacht würde er nicht überleben. Er hätte wohl besser den Mund gehalten. »Ich bin nur ehrlich«, fügte er hinzu. »Weiter nichts.«
    »Ach ja?« Wieder schleuderte sie ihm diesen Blick entgegen. »Nun, dann will ich einmal kurz ehrlich mit Ihnen sein. Ich gebe einen Scheißdreck darauf, was und wen Sie da zitieren, kapiert? Wissen Sie, wie man solche Aussprüche im wirklichen Leben nennt? Man nennt sie Schwachsinn. Man nennt sie Verleumdung, Hörensagen, Zeugenbeeinflussung, üble Nachrede und einen Scheiß-Mangel an Respekt.«
    »Wie schreibt man das letzte? Ich nehme an mit Bindestrich?« Brazil konnte ein Lachen kaum unterdrücken. Er tat so, als mache er sich Notizen, während West mit ihrer Zigarette gestikulierte und sich zunehmend lächerlich machte.
    »Der Punkt ist doch, Mister Sherlock,

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