Die Horror Party
gegenüberliegenden Öffnung. Nur Mrs. Robinson blieb zurück; sie konnte sich nicht von ihrem Mann trennen. Banner, der wieder zu sich gekommen war, mußte sie aus dem schmaler werdenden Todestunnel ziehen. Dabei begann sie laut zu schreien. Eine Zeitlang begleiteten ihre Schreie die des Mannes in der Schlangengrube. Doch dann verstummte Barham mit einem erstickten Gurgeln. Die Frau schrie noch eine Weile weiter.
5.
»Sie dürfen sich jetzt etwas entspannen«, fuhr Leander Maxwells Stimme fort. »Das Schreckliche einer Situation kann sich nicht auswirken, wenn man einen Höhepunkt dem anderen folgen läßt. Ich kenne mich in diesen Dingen aus. Ich gönne Ihnen also eine Verschnaufpause, damit Sie sich etwas entspannen und ihre Lage überdenken können -und ihre Überlebenschancen.«
Die Flucht aus dem Speerraum war ihnen mit knapper Not gelungen, und alle hatten es geschafft. Banner war der letzte. Er hatte die widerstrebende Mrs. Robinson vor sich herschieben müssen. Alle drehten sich um und sahen, wie sich die Wände näherten, wie die Speerspitzen zu splittern begannen, wie der stille Körper Les Robinsons nun auch von hinten aufgespießt wurde. Erst als die sich schließenden Betonwände ihnen dieses Bild versperrten, wandten sie sich ihrer neuen Umgebung zu.
Der letzte Raum war ein Kreis gewesen; jetzt befanden sie sich in einem quadratischen Hof, dessen Seiten je fünfzehn Meter maßen. Es gab keine Ausgänge, jedenfalls war im Augenblick keiner sichtbar. Banner war davon überzeugt, daß sich bald wieder eine Öffnung auf tun würde – oder zwei, wenn Maxwells Ankündigung richtig gewesen war, daß er seinen »Gästen« stets die Entscheidung lassen wollte. Schöne Entscheidung.
Elf Gäste waren in Maxwells Berghaus eingetroffen – zwölf, wenn man Uriah Kantoff mitzählte. Und schon waren vier tot. Welche Wahl hatten die Toten gehabt? Gewiß, keiner hatte kommen müssen; diese Entscheidung hatten alle von sich aus getroffen. Der Anwalt und der Stuntman hatten ihren Weg gewählt, und es ließ sich auch sagen, daß Weisenbacker freiwillig beschlossen hatte, in das Schwimmbecken zu tauchen. Aber was war mit Kantoff? Hatte man ihm eine Alternative geboten?
Jedenfalls waren sie jetzt nur noch zu acht.
Und die Stimme Maxwells erklang.
»Es ist wichtig, daß Sie sich geistig und körperlich ein wenig ausruhen, um die Erregung zu mildern, die Sie bisher beherrscht hat. Sonst wissen Sie die kommenden Ereignisse vielleicht nicht zu würdigen. Einige von Ihnen verstehen hoffentlich meine Motive. Aber jenen, die mit dem Wesen des Horrors nicht vertraut sind, und jenen, die zwar mit mir zusammengearbeitet, meine früheren Erklärungen aber mißachtet haben, will ich gern einiges erläutern. Der wahre Meister zeigt sich darin, daß er seine Methoden offen darlegt, auch wenn damit die Gefahr wächst, daß sie gestohlen werden.«
Melvin Klein reagierte fast hysterisch.
»Aber ich habe nichts gestohlen! Ich habe nichts Illegales getan. Alles, was ich — wir — Ihnen angeblich gestohlen haben, war frei, was die Rechte betrifft. Es hat niemandem gehört. Niemandem! Hören Sie mich? «
Doch die Tonbandstimme Leander Maxwells hörte ihn nicht. Sie fuhr unbeirrt fort.
»Wenn das Phänomen der Angst auch noch nicht voll ausgelotet ist, so sind sich Fachleute doch über einen Aspekt dieses Themas einig, unabhängig von der Art der Angst – und das ist die Tatsache, daß es eine Grenze der Zumutbarkeit gibt. Der Durchschnittsmensch kann in einer bestimmten Zeit nur ein bestimmtes Maß von Entsetzen ertragen. Danach erhöht sich die Wirkung trotz anhaltender Bedrohung nicht mehr, sondern stabilisiert sich oder nimmt in vielen Fällen sogar ab. Deshalb, Craig und Leah, wenn ihr beide mich noch hört – deshalb wechselten in unseren früheren Filmen die besonders brutalen Szenen mit ruhigen Szenen ab. Solche romantischen Zwischenspiele wurden von unseren Zuschauern mehr oder weniger für sentimentalen Unsinn gehalten, weil sie nach dem nächsten Höhepunkt der Handlung gierten. Aber so unwichtig diese Abschnitte für die eigentliche Story auch waren, wir konnten ohne sie nicht auskommen. Das Publikum brauchte diese kleine Pause, um auf die nächste Schockserie vorbereitet zu sein. Kurz, eure Liebesszenen auf der Leinwand hätten leicht durch etwas anderes ersetzt werden können, etwa durch einen Abstecher zum Süßigkeitenstand. Kränkt das euer Ego, meine Kinder? Verletzt dieser Gedanke eure Gefühle – der Gedanke,
Weitere Kostenlose Bücher