Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
lag, und horchte auf den Rath der Verworfenen! Ihr saht ihn Alle, meine Andächtigen, den erwählten Knaben, den ich einen neuen David nennen möchte, denn der Herr hat ihn berufen, dem Herrn unseres Landes, dem Gewählten Gottes, sein uns kostbares Leben zu bewahren. Ihr saht ihn vor einer Stunde knieen, den Knaben, der die Schleuder genommen, und der Kopf des Riesen fiel, niederknieen als Knaben und auferstehen als Ritter. Preiset den Herrn, er hat durch kleine Dinge Großes gefüget; er hat den Geringen erhoben und die Großen und die Gewaltigen gestürzt. Lobpreiset ihn und dankt ihm durch den vollen Klang Eurer Stimme im Gesange!«
    So hub der Prediger am Sonntage in der Nicolaikirche zu Berlin die Dankpredigt an für die gnadenreiche Rettung und Erhaltung des Kurfürsten. Es war der Dechant und Pfarrer von Altenbrrandenburg, der für den kranken Probst als Gast vor den Berlinern redete, und im gedrängt vollen Gotteshause hörten sie ihm mit einer Stille zu, daß man den Hauch des Mundes vernahm.
    »Da lag der Jüngling«, hub er an, als nun der Gesang schwieg, »schlafmüde von einem langen, langen Ritte in Diensten seines Herrn, der ihn in ferne Lande geschickt zum Wohle seines Reiches. Ach, dachte er, wo werden meine Kräfte ausreichen, daß ich noch heut meinen Fürsten treffe; hab' ich doch so wichtige Botschaft, und morgen vielleicht ist er weithin aufgebrochen und ich erreiche ihn auch übermorgen nicht. Aber die Kräfte versagten ihm. Er wollte wachen und schlief ein. Warum ward er schwach, warum verirrte er in dem Walde, warum kehrte er in den Haidekrug ein, davor ihm beim Einreiten graute? Der Jüngling , meine Andächtigen durfte dieses fragen. Wir wissen die Antwort. Es war der Finger des Herrn, der ihn schwach machte, der ihn irr führte, und doch zum Rechten. – Fest hatte er sich vorgesetzt, nur ein Stündchen zu schlafen, und er schlief eine, zwei, drei, ich weiß nicht wie viel Stunden. Da weckte ihn der Engel Michael, zu dem er vor'm Einschlafen gebetet, daß er zur rechten Zeit aufwachen möge. Hat der heilige Erzengel Michael ihn denn getäuscht? Meinst Du da – oder Du? – Er versäumte ja die Stunde, sagt Ihr. Ich sage Euch, die Engel wissen, wann wir wachen, und wann wir schlafen sollen. Nun so sage ich Euch, wär' er aufgesprungen, jach, wir hätten ihn heut nicht gesehen zum Ritter schlagen, ein blutiger Leichnam wär' er, unter ihren Dolchen zu Boden gesunken. Wer aber von Euch, wenn er, voll solchen brennenden Diensteifers, gemerkt, daß er zu lange geschlafen, wer würde nicht auf der Stelle aufgesprungen sein, zur Thür hinausgestürzt, sein Roß gesattelt haben? – Der rasche und ungestüme Jüngling schlief fort, d.h. die Heiligen woben um ihn den Schein eines Schlafenden, damit er die Rathschlüsse der Gottlosen ganz anhöre. Welches Meer unergründlicher Wunder thut sich vor uns auf. Warum gerade an dem Orte, daß ihn die unbegreifliche Schwachheit befiel, wo die unbegreifliche Tücke der Bösen Rathes pflog? Einen Augenblick zu früh, einen Augenblick zu spät, und Du, mein theures Vaterland, mußtest Dich einhüllen in schwarze Trauergewänder um den besten Fürsten. Schon hatte Satan die Gruft dort in Kloster Lehnin mit seinen Krallen aufgerissen, aber der Engel Michael stieß sie wieder zu mit seiner ehernen Ferse. Wie aber schlug er die Ruchlosen mit Blindheit, welches Mysterium, daß sie in dem Schlummernden einen der Ihrigen zu erkennen glaubten? Hatte er sich etwa verkleidet, entstellt? Nein, arglos lag er da, ganz er selbst. Aber die Heiligen, die über ihm schwebten, hatten ihn verwandelt vor ihren Blicken. Aber warum stießen sie ihn nicht an, die Missethäter, warum weckten sie ihn nicht? Beschlich sie denn gar kein Argwohn, der doch dem Einfältigsten unter uns kommen würde, wenn wir zu einer ruchlosen That in nächtlicher Stunde versammelt ständen, und Einer schliefe unter uns, dessen Gesicht wir nicht einmal sehen? – O fragt, fragt, fragt doch in alle Ewigkeit. Die Gläubigen fragen nicht, sie wissen, daß der Herr die nicht antasten läßt, die er erkoren zu Rettern Israels. Fragt Ihr nicht auch: Wie doch kam es, da die Rotte Korah vor ihm aufbrach, gestreckten Laufes, das vatermörderische Schwert in der Faust, daß er, der nach ihnen sattelte und ausritt, auf demselben Wege, sie überholte, er ritt mitten durch sie, wie ein Windhauch durch die Aehren, sie sahen ihn nicht, sie fühlten ihn nicht, sie hörten ihn nicht. Nur ein Schauern durchfröstelte

Weitere Kostenlose Bücher