Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Nächsten ihm oben am Feuer, die Knechte unten an der Thür, ward wohl noch an dem Herde selbst gebraten und gekocht; jetzt war schon seit zwei Menschenaltern die Küche in ein Seitenhaus gebracht. Nur ein warmes Morgenbier oder eine Ingbersuppe kochte bisweilen die Burgfrau ihrem Eheherrn hier, wenn er über Land ritt und es zu garstig blies. Getafelt ward noch, aber es waren nicht mehr die alten lustigen Zeiten. Herr Gottfried war grämlich, und wenn er lustig ward, dann schickte Frau Brigitte die Knechte hinaus. Die Knechte waren eigentlich froh, wenn sie ihre Schüssel Brei im Stall oder auf dem Hofe verzehren konnten, und die Hausfrau war auch froh, wenn sie früher den Tisch aufbrechen konnte. Sie meinte, was das lange Plaudern thäte. Gescheidtes käme nicht raus. Herr Gottfried Bredow aber meinte, sie hätte Unrecht, denn der Wein sei da, daß er des Menschen Herz erfreue; mit Andern zusammen trinken, sei eine gute Gewohnheit aus alter Zeit, aber da die gute alte vorüber sei, müsse er sich in die Zeit schicken, wie sie ist, und allenfalls auch allein trinken.
Schien es doch, als habe der Wein die Geister diesmal nicht aufgeregt: sie saßen alle da, nicht schläfrig, aber auch nicht lustig um den schon etwas dunklen Tisch. Denn das Feuer auf dem Herd verglimmte, und die Kienfackeln an den Pfeilern hingen mit langen Aschenzöpfen zur Erde gesenkt. Der Zeiger der Thurmuhr hatte neun geschlagen.
»Müßte man sich doch grauen zu Bett zu gehen,« sprach Einer.
Der Dechant, der eine Weile vor sich sinnend gesessen, räusperte sich: »Mit Nichten, werthe Herren! Bei den furchtbaren Meteoren sah wohl Keiner recht genau, was ihm und Andern passirte. In solchen Augenblicken des Schreckens und der Verwirrung glaubt der schwache sündige Mensch allerlei außer ihm zu erblicken, was nur in ihm ist.«
Ihr Gespräch hatte sich um die kurz erlebten Begebenheiten gedreht: ob der Junker Hans Jochem wirklich verhext gewesen, ob man Hexen im Sturm daher fahren gesehen, und ob der Krämer, wie einige behaupteten, den bösen Blick habe? Ein halb dunkles Zimmer, in einer einsamen Burg, bei einbrechender Nacht ist nicht geeignet die Gespensterfurcht zu vertreiben. Und doch wollten die, welche vorhin sichtlich dieser Angst erlegen waren, es jetzt am wenigsten haben. Hans Jochem war wieder oben auf und meinte, die Finger wären ihm verklammt gewesen, sonst hätte er das Zeug gleich vom Leib gerissen. Nur Peter Melchior schwor Stein und Bein, daß es nicht mit rechten Dingen zugegangen, wobei er doch auch der Lust nicht widerstand, den Dechanten zu hecheln. Der gab es redlich wieder, was Peter Melchior ihm versetzte, nur daß er nicht wie dieser die Gelegenheit vom Zaun brach, sondern sie im Augenblick faßte, wo sie ihm handrecht entgegen kam.
Das Schrauben ist eine uralte Lust bei den Menschen, wenn Mehre bei einander sind, und Einer dünkt sich klüger als der Andere. Nun kömmt's aber, daß Einer in dem einen Ding und der Andere im andern sich klüger dünkt; und wenn sie dann sich Einer den Andern schrauben, giebt das viel Lustigkeit, zuweilen aber auch ein traurig End. Die beiden jungen Vettern hörten vergnügt zu, wie der geistliche Herr und der Junker sich aufzogen, und Hans Jochem gab auch wohl mit sein Wort zu, wo es sich schickte, und wo sich's nicht schickte; nur Hans Jürgen hörte, ohne ein Wort zu sagen, im Winkel zu.
Nun war es Allen bekannt, daß der Junker Peter Melchior ein Verschwender war, der das Seine verthan hatte und auch wohl noch verthat, wenn er wieder was fand. Und wenn er nichts hatte, zechte er bei seinen Vettern und Freunden umher. So ward es dem geistlichen Herrn leicht ihm auf die Finger zu klopfen, mit denen er eben seinen Gegner gekitzelt hatte. Und wie der Junker unverdrossen im Angreifen war, so war er dafür gar leicht verdrossen und geschlagen, wenn Einer ihn bei seiner Schwäche stachelte.
Da stritten sie, was der Teufel lieber fasse, einen Pfaffen oder einen Junker. Peter Melchior versicherte, Satan wäre nichts lieber, als viel Pfaffen unten in der Hölle. Der Dechant sagte, das glaube er wohl, dann hätten die Junker oben frei Spiel und kämen ihm von selber zugelaufen. Peter Melchior versicherte, dem Gottseibeiuns mache nichts mehr Vergnügen, als wenn er einen dicken Chorherrn bei den Haaren durch die Luft schüttele. »Was hätte er auch zu schütteln bei manchem Junker,« entgegnete der Dechant, »wenn er sie kriegt, ist gemeinhin ihr Bestes schon fort.«
Darauf stritten sie,
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