Die Hosen Des Herrn Von Bredow
zähneklappernd.
»Sanct Nicolas, Sancta Ursula, gebenedeite, allerheiligste Mutter Gottes, schütze mich. Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, ich habe immer ein Kreuz geschlagen am Kreuzwege, ich hab' nie eine Messe versäumt, wenn ich konnte, ich habe keine Todsünde begangen, kein Blut vergossen, ich beichte und bete, wenn die Straßen frei sind und der Markt aus, der Ketzer Lehren sind mir ein Gräuel, und die Juden speie ich an, Mariä Lichtmeß hab' ich geopfert eine geweihte Kerze im Dom zu Havelberg und den Rabbiner Eliezar stieß ich mit dem Ellenbogen an der Treppe. Sancta Clara, Sancta Martha, Sancta Ursula, Sancta Beata und das heilige Blut in Wilsnack, Gold und Perlen waren nicht drin, die lieben Heiligen sollen's zählen; zehn zum Aufgeld, was mich's kostet und Zehrgeld, den Hafer nur einen Groschen über'm Marktpreis will ich schwören. Alle gute Geister –«
Die Hexe hatte ihn noch nicht am Schöpfe gegriffen; er murmelte noch, als er den Kopf leise aufhob und unter den wirren Haaren vorschielte; aber je schärfer er blickte, um so leiser wurden die Töne. Es rauschte und klatschte noch immer zwischen den Kiefern, als er plötzlich sich aufrichtete und ärgerlich, den Staub abklopfend, rief: »Dummes Zeug! das sind des alten Herrn Götz seine. Sollen mir wenigstens für die zerrissenen Riemen gut sein.«
Fünftes Kapitel.
Die Burg Hohen-Ziatz.
Der Wetterhahn auf dem Giebel des Wohnhauses drehte sich noch immer in seinen verrosteten Angeln, ob doch der Sturm längst aufgehört hatte. Der Mond sah durch die zerrissenen Wolken auf die alte Burg Hohen-Ziatz, und wenn er ein Gefühl für irdische Dinge hätte, müßte der Mann im Monde sich gewundert haben.
Ein altes verräuchertes Nest hätte es der Reisende bei Tage genannt. Auf einer Anhöhe, die aus den Sumpfwiesen vorragte, war es erbaut. Ringsum, wo die Gräben und Teiche aufhörten, zogen sich weite Föhrenwälder auf unebenem Boden, dessen Bestandtheil, der helle weiße Sand, schon dicht neben dem schwarzen Moorboden zu Tage lag. Enge und krumme Wege schlängelten sich mühsam durch die Waldung und die Roggen- und Haferfelder, die in der Lichtung der Forst lagen, schienen dem Auge im Verhältniß zu dem Walde so klein, daß es zweifeln konnte, ob die in der Burg lebten, wirklich davon leben konnten. Und doch stieß auf der einen Seite noch ein kleines Dorf daran, dessen elende Lehmhütten sich aus der Niederung in den Wald verloren.
Aber ein sicheres Nest mußte es in den alten Tagen gewesen sein, ein rechter Versteck für Verfolgte. Der Hügel, auf dem das Schloß gebaut war, war nicht Sand, sondern festgestampfte Erde, mit kurzem, dichten Rasen bekleidet; bei genauerer Betrachtung sah man's ihm an, daß er, wenigstens in seinen obern Theilen, nicht das Werk der Natur, sondern der Menschenhand war. Ein Bollwerk, ein alter Burgwall der Wenden, das Castell des älteren Dorfes, auf dem erst später die deutsche Cultur mit Steinen gemauert hatte. Aber ein Schloß, wie sie im Frankenlande, in Schwaben, auch drüben in Sachsen auf den Bergen und Hügeln mit den rothen Ziegeldächern in der Sonne flimmerten, war es doch nicht geworden. Die dicken Mauern und Thürme, die über und hinter den Erdwällen sich erhoben, waren nicht in dem Verhältniß ausgebaut, als sie angelegt schienen. Mochten den Herren die Mittel oder die Lust ausgegangen sein, mit so schwerem Geräth ein Haus aufzubauen. Sie waren zu dem Stoff und zum Theil zur Sitte ihrer Väter zurückgekehrt, und wo der Stein aufhörte, war mit Holz gezimmert, und wo die gebrannten Steine ausgingen, selbst der Lehm nicht verschmäht, um das Fachwerk auszufüllen. Selbst die Umfassungsmauer schien nicht auf allen Seiten fertig geworden, und wo sie Lücken bot, waren diese durch eingerammte Stämme mit Klammern, Gegenbalken und eisenbeschlagenen Spitzen ausgefüllt. Das Thor war noch ein großer steinerner Bogen, freilich nicht größer als in manchem Bauerhofe der sächsischen Lande, aber der achteckige Thurm drüben war schon aus Holz in einander gefugt, das mit rothem Ziegelstein ausgemauert war, und wo der Ziegelstein ausgefallen, hatte man in spätern Zeiten sich mit Mörtel und Lehm genügen lassen. Bunt genug, und nicht immer sehr rechtwinklig, sah es von draußen aus; aber wenn Markgraf Friedrich der Erste, seligen Andenkens, vor hundert Jahren mit seiner faulen Grete vor der Burg sich gelagert, wäre es schneller zu Ende gegangen mit den Mauern von Hohen-Ziatz als mit denen von
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