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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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wollt' ihm einen Trunk bringen, daß er mir Bescheid thun müßte, als säße er noch an der Landtafel.«
    Des edlen Gastes Heiterkeit theilte sich den andern mit. Man machte den Vorschlag, zum Langschläfer, wenn er nicht herunterkomme, hinaufzusteigen.
    »Wir wollen ihn wecken!« jauchzte Peter Melchior, der auch des süßen Weines schon viel getrunken hatte.
    »Das überlassen wir seiner lieben Frau,« entgegnete der Ritter, welcher das bedenkliche Gesicht der Edelfrau bemerkt. »Frauen wissen immer am besten, wann es Zeit ist, daß die Männer aufwachen sollen.« Die Frau ging, die Töchter nahmen die Gelegenheit wahr mit ihr zu entschlüpfen.
    »Eingeschänkt!« rief der Gast, der selbst einen Becher nach dem andern hinunterstürzte. »Herr Gott im Himmel und Sanct Petrus am Höllenthor, wie ist mir eigentlich wohl unter Euch.«
    Der Dechant hob lächelnd den Finger: »Sanct Petrus, Herr Ritter, steht am Himmelsthor.«
    »Wer da Wache hält ist mir gleich. Ich bin raus aus dem Himmelreich oder der Hölle, wie Ihrs nehmen wollt. Sanct Christoffel, der doch gewiß eine große Ehre hatte, als die ganze Welt ihm auf den Schultern saß, war gewiß auch froh, als der Heiland absaß. So ist mir heut in den Gliedern.«
    »Wie Manche, Herr Ritter, möchten Eure Last mit Freuden auf ihre Schultern laden.«
    »Freunde, ich sage Euch, 's ist ein – Doch davon nachher. Mir träumte heute eigentlich nicht, daß mir's so wohl werden würde.« Auf der Stirn des Gastes lagerte sich ein Anflug von Ernst; er strich mit der Hand darüber, wie um die Gedanken fortzustreichen, sie schwebten aber schon als Worte auf seiner Zunge. Es giebt Gedanken, die man aussprechen muß, um sie los zu werden.
    »In Todesangst wachte ich heute Morgen auf. Die ganze Nacht hatte es vor mir getaumelt wie etwas am Strick. Schwipp, schwapp. Ich stieß es fort und immer kams wieder. Als ich nun endlich aufwachte, da die Hörner schon nach dem Gesinde riefen, packte ichs. Es war die Schellenschnur über meinem Bett, sie war vom Draht losgegangen.«
    Die Zuhörer lachten.
    »Lacht nicht zu früh! Die Hexerei kommt noch. Joachim war noch nie so gnädig, als den Tag zu mir. Ich spreche sonst gern und viel mit ihm. Einen Hecht an der Angel muß man nicht loslassen, auch Fürsten, so viel es geht, nie selbst denken lassen. Wer's los hat, muß ihnen die Gedanken, die sie denken sollen, in die Hand geben. Ich kann mich rühmen, daß ichs verstehe, sie so handrecht ihm zu drechseln, daß er damit spielt, als wären es seine eigenen lieben Einfälle. Nur heute gings nicht. Er sprach gelehrt, wie seine Lust ist. Weiß der Geier, was meine Zunge lähmte; ich hörte schon wieder auf, wenn ich anfing. Mein Auge war wie mit einem Nebelflor umstrickt. Bisweilen kam es mir vor, als ritte neben mir der Scharfrichter.«
    »Der Kurfürst!«
    »Er hat manches Mal ein so strenges Gesicht, daß man daran gemahnt wird.«
    »So erklärt mein Herr von Lindenberg selbst, was seine bösen Gesichter bedeuten«, sagte der Dechant. »Es war ein neblichter Morgen, und die Stimmungen, welche er von einer schlechten Nacht mit brachte, wurden in seiner Einbildungskraft zu Gespenstern.«
    »Es bedeutet nichts etwas, es ist alles dummes Zeug«, fiel der Gast rasch ein. »Wir werden gestört durch die Dünste aus unserem dicken Blut. Aber als ich von der Jagd abkam und in die Richte zu jagen glaubte, stutzte am Waldeck mein Thier und steifte die Ohren. Mir surrte und schwirrte es auch ums Ohr, wie in der Nacht. Ich hätte nicht vorwärts mögen, aber Sporen klirrten, wie mich an meine Pflicht zu mahnen. Mein Rappe bäumte sich unter dem Druck, und als ich um den Eck war, stand ich auf einer wüsten, verbrannten Haide, in der Mitte ein Galgen, und dran hing Einer.«
    Er schwieg einen Augenblick.
    »Ihr werdet wieder sagen, ich hätte Gespenster gesehen. Ich glaubte es auch, da ich meinem Thier den Willen ließ und die Zügel schießen. Und noch mehr, das Gespenst verfolgte mich. Ich sah es vor mir mit geschlossenen und offenen Augen; ich war doch schon eine Viertel Meile fort und hinter jeder Kiefer baumelte es; Sporen an den Stiefeln, einen Federhut auf dem Kopf; ich sah jede Bewegung, die blassen, gekniffenen Finger, die blauen Lippen, das rothe, aufgeschwollene Gesicht.«
    Der Junker Peter Melchior kreuzte sich. Alle waren still.
    »Ich hielt an, ich schlug mich auf die Brust, ich rieb mir die Stirn. Nun betete ich ein Ave Maria und den Rosenkranz ab. Dann kehrte ich um, und ich kann Euch

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