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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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morgen den Weg wieder zeigen, den ich zurückthat, indem ich der Spur meines Pferdes folgte. Jede Fichte, jede Birke, selbst die Hollundersträucher merkte ich mir. Da kam das Waldeck, da die verbrannte Haide, der branstige Geruch, Raben und Krähen am Himmel, der Galgen, der Mann daran, Sporen an den Stiefeln, eine Federkappe auf dem Kopf – und ich war es, mein Gesicht.«
    Lauter blasse Gesichter schauten sprachlos auf den Redner.
    »Da verging's mir,« fuhr er nach einigem Schweigen fort. »Es ward mir blau und roth um die Augen, alles drehte sich um, und lenkte nicht mehr mein Pferd. Ich weiß nur, daß es durch dick und dünn flog. Die dürren Aeste knackten, es rauschte in den Wolken, Ketten klirrten, Sporen klirrten, die Eulen krächzten. Dazwischen Waldhörner, Hussaruf, ich weiß nicht was. Ich weiß auch nicht, ob ich durch die Jägerhaufen flog, ob ich noch einmal an dem Galgen vorüberkam, mir war's so. Zur Besinnung kam ich erst, als es schon dunkelte, und mein Rappen keuchend, athemlos in einem blauen dunstigen Moor nach einer Wegspur suchte. Wie viele Stunden ich da noch in der Irre ritt, weiß ich nicht. Mir war kalt, mir war heiß zu Muth, wenn ich an daß zurück dachte, bis ich endlich Licht sah. Wär's ein Irrwisch gewesen, eine Teufelsküche, mich hätt's nicht gewundert; nun war's meines Freundes Götze Hohen-Ziatz. Ich bin hier und was denkt Ihr davon?«
    »Ihr hattet vielleicht vergessen, den Abendsegen zu beten?« bemerkte der Dechant.
    »Pah! Da müßt ich oft Galgenmännlein sehen.«
    Peter Melchior hatte während der letzten Erzählung, die Hände unterm Tisch faltend, eine ganze Reihe von Gebeten zwischen den Zähnen gemurmelt.
    »'S ist was nicht richtig in der Luft,« sagte er leise, »ich hab's von Anfang an gesagt. Die hagern Frauen an der Bleiche, der Krämer und sein verhextes Zeug, der Sturm, es geht was vor. Niemand weiß, wo's hinausläuft. Zwischen Gallus und Allerheiligen thut's nimmer gut, was vornehmen, aber Frau Brigitte hat keine Gottesfurcht, keinen rechten Glauben. Was mußte sie jetzt gerade die große Wäsche halten. Die hat's aufgerührt.«
    Der Ritter hatte wieder sein vornehm stolzes Gesicht. Er saß im Stuhl zurückgelehnt, ein verächtliches Lächeln schwebte über seine Lippen:
    »Auf eine Wäsche läuft's hinaus! Es thut mir leid, so ich Wäsche gestört hätte.«
    Peter Melchior erzählte. Der Ritter hörte bei einigen Punkten aufmerksam zu, bis der Junker plötzlich mit den Fingern schnellt: »Nun hab' ich's, das Galgenmännlein! Claus Hedderich erzählte ja davon. Nicht der Ritter war's der Schneider Wiedeband. Richtig, der hängt noch am Galgen bei Beelitz in der Haide.«
    Der Herr von Lindenberg lehnte sich über den Tisch. Es war, als ob ihm mit dem frohen Gesicht des Junkers ein bleierner Bann auf der Brust sprang. Aber der Zweifel meldete sich wieder.
    »Ein Schneider in Sporen!«
    »O das ist eine lustige Geschichte. Hättet Ihr nichts davon gehört? Die von Beelitz zankten schon seit einem Jahre mit dem Schneider. Er war ein Gewandschneider, ein kleiner Mann nur, aber er hatte es dick sitzen im Kopf. Sagte es laut bei allen Zechen: ›Kleider machen Leute, also da der Schneider die Kleider macht, macht der Schneider auch die Stände.‹ Schneiderte sich selbst Kappen und Mäntel und Hosen, wie Rathleute und Junker; so oft ihn auch der Rath darum strafte, er stolzirte darin um, und sie brauchten ihn, denn Keiner verstand besser mit der Scheere umzugehen. Sonst hätten sie ihn längst in's Elend geschickt, aber er sagte, seine Amme hätt's ihm an der Wiege prophezeit, daß er als Ritter sterben würde. Nun hatte er den Rathsherrn ihre Mäntel zugeschnitten; aber ehe ein halb Jahr um war, wurde das Tuch mürbe und riß. Die von Beelitz machten ein furchtbar Geschrei, aber er schrie wieder. Die sagten, er hätte das Zeug mit dem Bügel verbrannt, er sagte, sie hätten ihm verbranntes Tuch geliefert. Getagefahrtet ward von einem Schöppenstuhl zum andern bis die Köpfe lichterloh brannten. Die Zeugen schlugen sich schon, die von Treuenbrietzen, von Jüterbock, selbst die von Wittenberg mischten sich drein. Endlich waren sie einig, die Justiz könne das nicht abthun, und Wiedeband sagte den Beelitzern ab. Das kam vielen damals curios vor, daß ein Schneiderlein einer Stadt dürfte einen Fehdebrief schicken. In Leipzig und Wittenberg haben sie darüber vor der Facultät gestritten, ob es ging. Aber es ging. Das Schneiderlein hatte seinen Anhang, und mit

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