Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
fantastischen Dingen, die er vorhatte, und Mama stand summend am Herd. Warum wusste ich damals nicht, dass glückliche Augenblicke nur Illusionen waren?
Merilyn ging einmal durch die Küche, während ich arbeitete, und warf einen missbilligenden Blick auf das, was ich tat. Dann verschwand sie wieder. Ich saß allein im Speisezimmer und stellte mir vor, wie Großmutter Hudson mit kritischem Blick meine Tischmanieren beobachtete. Das brachte mich zum Schmunzeln.
Während ich abspülte, klingelte das Telefon. Als mir einfiel, dass Corbette anrufen wollte, ging ich vor Merilyn dran, aber es war eine Schwester aus dem Krankenhaus.
»Einen Augenblick, bitte«, sagte sie, und dann kam Großmutter Hudson an den Apparat.
»Ich rufe an, um zu hören, wie es meinem Haus geht«, sagte sie.
»Es steht noch«, teilte ich ihr mit. »Alles ist in Ordnung. Wie geht es Ihnen?«
»Ich hätte zu Hause bleiben sollen. Sie haben mich zu einer Art Maschine gemacht. Sind meine Töchter gekommen und wieder gegangen?«
»Ja«, bestätigte ich.
»Haben sie meinen Besitz bereits aufgeteilt für den Fall, dass dieses Gerät in meiner Brust explodiert?«
»Soweit ich weiß nicht«, sagte ich lachend.
»Diese Schwester will, dass ich aufhöre. Ich musste ihr einen Prozess androhen, damit ich überhaupt ein Gespräch führen konnte. Sie halten mich bis Sonntag noch hier gefangen, aber lass nicht zu, dass diese nichtsnutzige Merilyn nachlässig wird. Ich erwarte ein sauberes Haus, wenn ich komme.«
»Ich werde es ihr mitteilen«, sagte ich schadenfroh.
»Danke«, sagte sie. »Und werde du auch nicht nachlässig«, warnte sie mich.
»Gute Besserung«, wünschte ich lachend.
Ich hörte sie auflegen. Als Merilyn zurückkam, um den Zustand der Küche zu kontrollieren, teilte ich ihr mit, was Grußmutter Hudson gesagt hatte.
»Ich mache hier einen verdammt guten Job«, sagte sie. »Sie hat keinen Grund, sich zu beklagen.«
»Dann müssen Sie sich ja keine Sorgen machen«, beruhigte ich sie. Sie inspizierte die Küche und ging. Ich stieg die Treppe hinauf, um mir etwas Gemütlicheres anzuziehen, damit ich mich entspannen, lesen und ein wenig fernsehen konnte. Die emotionale Achterbahnfahrt im Laufe dieses Tages hatte mich wirklich erschöpft. Ich war mir sicher, dass ich früh einschlafen würde.
Gerade als ich mein Zimmer betreten hatte, klingelte wieder das Telefon. Diesmal war es Corbette.
»Kann ich dich morgen um zwei Uhr abholen?«, fragte er schnell.Als ob er heimlich anrief und nicht wollte, dass man sein Gespräch mithörte.
»Ich denke schon«, sagte ich. »Aber hätten wir Mr Bufurd nicht sagen sollen, was wir tun?«, fragte ich, weil es mir immer noch Sorgen bereitete, Corbette außerhalb der Schule zu treffen.
»Nein«, meinte er. »Wir wollen ihn überraschen.«
Ich wollte ihm erst widersprechen, ließ es dann aber. Ich musste zugeben, ich war neugierig auf Corbette. Etwas anderes war ich nicht bereit zuzugeben.
Nachdem ich aufgelegt hatte, schaute ich jedoch auf mein Fenster und glaubte Roys Gesicht dort widergespiegelt zu sehen.
Voll verächtlicher Missbilligung und Sorge schaute er mich an, sein Blick war von der finsteren Sorge erfüllt, die ich so oft gesehen hatte.
Es lief mir kalt den Rücken herunter, und einen Augenblick lang fragte ich mich, ob es nicht besser wäre, so zu leben wie meine leibliche Mutter früher: hinter diesen Burgmauern, geschützt durch einen imaginären Wassergraben.
Zumindest bis ich weitergehen und meinen Weg machen musste.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
KAPITEL 15
Dichtung oder Wahrheit?
M eine Mutter rief mich spät am Morgen an, um mir zu sagen, dass sie mit Großmutter Hudson gesprochen habe und dass es ihr gut gehe. Sie werde definitiv morgen nach Hause kommen. Dann fügte sie hinzu: »Ich bringe Brody und Alison mit, wenn ich sie nächstes Wochenende besuche. Ich hatte gehofft, Grant würde auch kommen, aber er muss einen politischen Termin wahrnehmen.«
»Hast du ihnen irgendetwas über mich erzählt?«, fragte ich sie.
»Nicht mehr als das, was Mutter und ich allen erzählt haben«, sagte sie. »Nach allem, was geschehen ist, glaube ich nicht, dass es eine gute Idee ist, ihnen noch mehr Brocken vorzuwerfen. Es wird schwierig genug sein für sie, die Wahrheit zu erfahren, wenn die Zeit gekommen ist«, sagte sie.
Wenn die Zeit gekommen ist? Wann würde das sein? Wie werden sie es erfahren? War es für mich weniger schwierig, die Wahrheit zu
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