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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sagte die Krankenschwester leise. »Der Arzt war hier und hat sie für tot erklärt.«
    Ich drückte mein Gesicht gegen Roys Brust, und er hielt
mich fest. Ich spürte, wie er innerlich schluchzte, aber gegen seine Tränen ankämpfte.
    »Sie hat auf dich gewartet, Rain«, flüsterte er. »Sie hat auf dich gewartet.«

    Mamas Beerdigung war schlicht.Wir beschlossen, dass sie in der Nähe ihrer anderen Familienmitglieder beerdigt werden sollte. Roy rief unsere Tante Alana in Texas an, um es ihr zu erzählen, aber sie sagte, sie sei selbst krank und habe das Geld für die Reise nicht. Sie hatte keine Ahnung, wo Mamas Bruder Lamar steckte. Seit fast zwei Jahren hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Daher waren bei der Beerdigung außer Roy und mir nur Tante Sylvia und ihre Freunde sowie einige Mitglieder von Tante Sylvias Kirchengemeinde anwesend. Roy wollte nicht im Gefängnis anrufen, um es Ken zu sagen. Er dachte, es würde ihm nichts ausmachen, und sie würden ihn auch ganz bestimmt nicht zu der Beerdigung herunterfliegen. Am Ende rief ich an und hinterließ ihm die Nachricht.
    Großmutter Hudson schickte wundervolle Blumen. Wir telefonierten einmal miteinander, aber meine Mutter rief nicht an und schickte auch nichts. Später erzählte sie mir, dass sie Großmutter Hudson gebeten hätte, auch von ihr Blumen zu schicken. Ich musste lachen, wenn ich daran dachte, wie Recht Großmutter Hudson hatte: Meine Mutter verließ sich immer darauf, dass sie das Richtige, das Notwendige tat.
    Nach der Beerdigung kehrten wir alle in Tante Sylvias Haus zurück. Roy musste am Nachmittag abreisen und in sein Ausbildungslager zurückkehren. Da alle uns trösteten und uns zum Essen bewegen wollten, blieb uns nicht viel
Zeit allein. Schließlich nahm er mich beiseite und bat mich, mit ihm nach draußen zu gehen.
    Tante Sylvia hatte ein kleines Haus mit einem Flecken Rasen als Garten. In einem Teil des Gartens baute sie Gemüse an; dort standen auch einige Stühle um einen Redwood-Gartentisch. Der Tag war teilweise bewölkt mit einer milden Brise. Tante Sylvias Blumen erfüllten die Luft mit ihrem aromatischen Duft. In der Ferne hinter einer Reihe von Häusern zu unserer Rechten sahen wir ein Flugzeug bei seinem Aufstieg in die weißen Wolken.
    »Ich denke gar nicht daran, dass sie tot ist, Roy«, sagte ich. »Ich kann einfach nicht glauben, dass sie von uns gegangen ist.«
    Er nickte.
    »Es braucht seine Zeit, sich daran zu gewöhnen.«
    Er hielt seine Mütze in der Hand und drehte sie in seinen kräftigen Fingern. In seiner Uniform sah er gut aus. Er wirkte heroisch, wie der Held, als den ich ihn mir immer vorgestellt hatte.
    »Wo werden sie dich hinschicken?«, fragte ich ihn.
    »Möglicherweise Deutschland, aber ich bin mir nicht völlig sicher.Wirst du dort die Schule beenden?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich dachte … jetzt sind nur noch wir zwei übrig. Ich meine, ich denke nicht mehr an Ken als einen Teil von uns. Es fiel schon schwer, ihn in Washington als das zu betrachten. Wenn du die Schule beendet hast, könntest du … ich meine, können wir wieder zusammen sein.
    Ich würde dich glücklich machen, Rain, und ich würde auf dich aufpassen«, fuhr er schnell fort. »Wir könnten heiraten. Es gibt keinen Grund, der dagegen spricht. Wir sind
nicht blutsverwandt. Ich kann dir kein großes, schickes Haus bieten, aber wir kämen prima zurecht. Ich kenne andere Jungs in der Army, die verheiratet sind, und manche haben auch Kinder.«
    Es war verführerisch, die Welt der Lügen endlich zu verlassen, mich in Roys Armen zusammenzurollen, seine Frau zu sein und so zu leben, als hätten wir kein anderes Leben vorher gehabt.
    »Mama würde es vermutlich wollen«, meinte er nickend.
    »Wirklich, Roy?«, fragte ich mit einem kleinen Lächeln.
    »Ich weiß es nicht. Ja«, sagte er. »Doch.«
    Ich lachte.
    »Du willst doch nicht weiter bei diesen reichen weißen Leuten leben, die dich nicht einmal haben wollen, die dich noch nie wollten«, argumentierte er. »Was für ein Leben ist das denn für dich, Rain?«
    »Ich weiß es nicht, Roy. Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Aber du gehst zurück?«, fragte er wütend.
    Ich holte tief Luft.
    Wer bin ich, fragte ich mich immer wieder.
    »Für eine Weile«, sagte ich. »Es gibt einige Fragen, die ich beantworten muss.«
    »Fragen? Was für Fragen?«
    »Fragen über mich«, sagte ich. »Wenn ich mit dir davonliefe, Roy, und sie nie beantwortete, würde mich das immer quälen. Kannst du das

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