Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
getan?
    Was Beni immer sagte, stimmte. Oft hatte ich das Gefühl, dass Mama sich mehr aus mir machte als aus Beni. Wie musste Beni mich jetzt umso mehr hassen, jetzt wo sie
wusste, dass ich nicht einmal Mamas leibliche Tochter war und Mama mich dennoch mit mehr Liebe und Fürsorge behandelte. Es war alles so verwirrend und so unfair.
    Ein Junge, der nicht älter war als neun oder zehn, jagte hinter einem roten Ball her, der in der Nähe des Zaunes liegen blieb. Er hob ihn auf und schaute neugierig zu mir hoch.
    »Hallo«, sagte ich.
    Er lächelte mich mit den strahlendsten und lustigsten himmelblauen Augen an, die ich jemals gesehen hatte.
    »Hallo«, erwiderte er, und sein Lächeln wurde noch breiter.
    Er drehte sich um und rannte weg; seine Beine bewegten sich so schnell und linkisch, dass sie aussahen wie mit Gummibändern aufgezogen. Er schaute sich um und warf mir ein weiteres strahlendes Lächeln zu.War ich je so glücklich gewesen? Würde ich es je wieder sein?
    Ich ging weiter. Die Nachmittagssonne war hinter den Häusern verschwunden, lange tiefe Schatten ergossen sich über Bürgersteige und Straßen wie Ahornsirup auf Pfannkuchen. In Wohnungen und Häusern gingen Lichter an. Familien setzten sich zum Abendessen hin. Ich dachte an die Schweinekoteletts, die ich auf kleiner Flamme stehen gelassen hatte, und einen Augenblick fragte ich mich, ob alles, was geschehen war, nur ein Traum gewesen war. Brauchte ich nur zu blinzeln und würde wieder vor dem Herd stehen? Ich würde sogar unser hartes Leben willkommen heißen.
    Erschöpft setzte ich mich an einer Bushaltestelle auf eine Bank. Zwei ältere schwarze Ladys waren eingetroffen und setzten sich neben mich, um zu warten. Ich hörte nicht zu
bei ihrer Unterhaltung, bekam aber Gesprächsfetzen mit über Enkelkinder und die Vorfreude auf die Feiertage. Ohne eine Familie gab es keine Feiertage. Es gab kein Weihnachten, keine Geschenke, die man erhielt, keine Geschenke, die man verschenkte, kein Thanksgiving.
    Ich musste wohl laut gestöhnt haben, denn die beiden alten Ladys drehten sich um und starrten mich an.
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Kleine?«, fragte diejenige, die neben mir saß.
    Ich antwortete nicht. Der Bus kam, und sie standen auf, dabei starrten sie neugierig zu mir herüber, als ich nicht auch aufstand. Sie stiegen ein und der Bus fuhr ab. Es wurde dunkler und kälter. Ich schlang die Arm um mich, als ich spürte, wie ich zitterte. Der Verkehr floss vorüber, Menschen gingen vor und hinter mir vorbei, aber ich bemerkte nichts. Ich starrte vor mich hin, meine Gedanken waren wie erstarrt.
    Schließlich erhob ich mich und ging einfach, ohne an eine Richtung, an ein Ziel zu denken. Ich hielt den Kopf gesenkt, bemerkte aber vage, wie ein Auto voller Jungen das Tempo verringerte, vorüberfuhr, anhielt und umdrehte. Es war ein heruntergekommenes Fahrzeug mit zertrümmerter Heckscheibe. Es sah aus wie die Sorte Auto, die Roy Lazarus nannte – auferstanden von den Toten. Als es diesmal vorbeifuhr, schauten alle Jungen zu mir herüber. Der Fahrer pfiff, und darauf johlten die anderen. Ich ignorierte sie und bog in eine andere Straße ein.
    Sie folgten mir jedoch und fuhren ganz langsam direkt hinter mir, lauerten wie eine große Katze auf dem Sprung. Mein Herz fing heftig an zu klopfen, als ich mich schließlich umschaute und bemerkte, dass ich in einer heruntergekommenen
Gegend gelandet war. Ich hatte eine Art Kreis geschlagen und war wieder in meinem eigenen Viertel gelandet. Ich wusste, dass ich mich dadurch in Gefahr gebracht hatte, und hatte große Angst. Aber statt an mich selbst zu denken, dachte ich an Mama und welche Angst sie um mich haben musste.
    Aber ich war auch wütend. Sie hätte mir schon lange die Wahrheit sagen müssen. Mein ganzes Leben war eine Lüge, und Mama hasste Lügen. Warum hatte sie diese so lange aufrechterhalten? Hätte sie mir je die Wahrheit gesagt, wenn Ken nicht in einem seiner betrunkenen Wutanfälle damit herausgeplatzt wäre?
    »He, Baby, sollen wir dich mitnehmen?«, rief der Fahrer des zerbeulten Autos mir zu.
    Ich ging schneller, kam aber meinem Zuhause immer noch nicht näher. In meiner Panik musste ich falsch abgebogen sein. Anscheinend war hier weniger Verkehr, und praktisch niemand befand sich auf der Straße. Die Dunkelheit senkte sich wie ein Bleivorhang herab, die Bewohner beeilten sich, um hinter ihre verschlossenen Türen zu gelangen.
    »Sei doch nicht schüchtern«, rief einer der Jungen.
    Das Auto kam

Weitere Kostenlose Bücher