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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gerichtet; der Strahl blendete mich einen Augenblick lang. Ich legte die Hand über die Augen und schaute nach oben. Carlton stand auf einer Rampe. »Du hast deine weiße Schwester mitgebracht?«, fragte er Beni.

    »Halt die Klappe, Carlton«, fauchte sie ihn an. Er lachte.
    »Wir haben das Geld«, verkündete ich.
    »Wartet da unten.«
    Er schaltete die Taschenlampe aus, dann hörten wir seine Schritte auf einer Metalltreppe. Sekunden später stand er vor uns.
    »Kommt mit«, forderte er uns auf.
    »Warum gibst du uns nicht einfach die Negative und die Fotos und wir geben dir das Geld?«, fragte ich, alles andere als scharf darauf, weiter in das Gebäude hineinzugehen.
    »Weil ich sie nicht habe«, blaffte er. »Wollt ihr sie oder nicht?«
    Ich zögerte und schaute zurück zu dem teilweise geöffneten Vordereingang. Den Rest meines Lebens werde ich auf diese Tür vor meinem inneren Auge zurückstarren. Die ganze Zeit musste ich an das Robert-Frost-Gedicht denken, das wir im Englischunterricht gelesen hatten, über die beiden Wege, die man einschlagen kann, und welchen großen Unterschied diese Entscheidung ausmachen kann. Beni an meiner Seite schrumpfte in sich zusammen. Mit diesen Bildern würden sie sie zerstören. Ich musste vorwärts gehen. Ich musste für sie stark und tapfer sein.
    »Nun?«
    »Wir kommen«, erwiderte ich scharf.
    Er ging voran, tiefer in die Lagerhalle hinein. Überall hingen Spinnweben, und in den finstersten Ecken hörte man noch weitere Nagetiere am Werk. Im Licht einiger Laternen sahen wir eine Gruppe von etwa fünf Jungen und zwei Mädchen, die auf alten Matratzen saßen oder sich räkelten. Sie tranken Whisky und Wodka und billigen Wein. Packungen von Hamburgern und Fritten, manche noch
mit Resten, lagen auf dem Boden neben ihnen. Zigarettenrauch stieg in Spiralen in die Dunkelheit über uns auf, und am Geruch erkannte ich, dass einige Marihuana rauchten. Sie hörten auf zu lachen und zu reden, als Carlton rief: »Sie ist da!«
    Zuerst sah ich Jerad nirgendwo und war froh darüber. Wir würden das Lösegeld für die Fotos zahlen und schnell wieder nach Hause gehen.
    »Wer ist denn da bei ihr?«, hörte ich aus einer dunklen Ecke.
    Wenige Augenblicke später tauchte Jerad auf. Ich konnte so gerade erkennen, dass ein Mädchen auf einer Matratze hinter ihm lag. »Also, das ist doch meine alte Freundin Rain«, verkündete er, während er sich das Hemd zuknöpfte und den Gürtel zuschnallte. »Das ist aber eine nette Überraschung.« Es wurde ein bisschen gelacht. Er kam näher. »Warum stehst du denn so herum, Carlton? Besorg den Mädchen etwas zu trinken. Wo bleibt denn deine Gastfreundschaft?«
    »Wir möchten nichts zu trinken. Wir haben das Geld«, sagte ich. »Gib uns die Negative und wir gehen.«
    »Das ist keine sehr freundliche Einstellung, was?«, fragte er seine Gruppe. Niemand widersprach. »Schließlich tun wir euch einen Gefallen. Ihr könntet zumindest freundlich sein und etwas Dankbarkeit zeigen.«
    »Wir geben dir zweihundertfünfzig Dollar«, sagte ich. »Das ist alles Geld, was wir besitzen, und all die Dankbarkeit, die wir uns leisten können.«
    Jerad lachte.
    »Zweihundertfünfzig … zum Teufel, Mädchen, so viel habe ich als Wechselgeld in der Tasche. Wenn ihr mit uns
zusammen seid, werdet ihr viel mehr als zweihundertfünfzig Dollar sehen.«
    »Lieber bleibe ich arm«, sagte ich. Das kalte Lächeln glitt von seinem Gesicht wie eine dünne Schicht schmelzendes Eis.
    »In Ordnung«, sagte er. Er schnipste mit den Fingern und streckte die rechte Hand aus. Der stämmige Junge, den er im Oh Henry’s Chumpy genannt hatte, sprang auf und legte ihm einen Umschlag in die Hand. Langsam griff Jerad hinein und zog einen Streifen Negative heraus. Er hielt ihn und dann noch einen weiteren hoch gegen das schwache Licht. »Ja, das sind sie«, sagte er mir einem lüsternen Lächeln.
    Er schaute uns an und trat näher.
    »Aber woher weiß ich, dass dies das Mädchen auf den Fotos ist?«, fragte er und schaute Beni an.
    »Hm?«, machte Beni verblüfft.
    Gelächter ertönte. Mein Herz, das sich angefühlt hatte, als wäre es stehen geblieben, trommelte plötzlich eine schwere Warnung gegen meinen Brustkorb. Ich holte tief Luft und kratzte meinen ganzen Mut zusammen.
    »Sehr witzig«, sagte ich. »Du weißt, dass es Bilder von Beni sind, und du weißt auch, wie widerlich sie sind und wie schrecklich das für sie war. Ich könnte genauso gut zur Polizei gehen und ihnen erzählen, was

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