Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Nichts davon war besonders wertvoll. Es waren nur falsche Steine und falsches Gold, aber sie hatten ihr gehört.
Ich saß auf dem Boden und schaute einen Karton mit Erinnerungsstücken durch. Bei den lustigen Erinnerungen musste ich lachen, einige andere machten mich nachdenklich.
Roy klopfte an der Tür und spähte herein.
»Ich möchte dir etwas geben«, sagte er.
»Was denn?«
»Dies hier.« Er zog seinen Tigeraugen-Ring ab. Er hatte lange gespart, um ihn sich zu kaufen, und war so stolz darauf, wie irgendjemand nur sein konnte auf ein Juwel, das zehnmal so wertvoll war.
»Oh nein, Roy. Das kann ich nicht annehmen.«
»Sicher kannst du das, Rain. Ich möchte, dass du ihn hast. Immer wenn du einsam bist, kannst du ihn zur Hand nehmen und an mich denken. Komm schon«, drängte er und reichte ihn mir. »Nimm ihn. Bitte.«
Ich nahm ihn und schloss die Finger um ihn.
»Mama hat das Richtige getan«, sagte er. »Ich kann jetzt nachts schlafen, wenn ich weiß, dass ihr beide nicht mehr hier seid.«
»Eines Tages sind wir wieder zusammen, Roy. Das weiß ich«, rief ich. Es hörte sich an wie ein Gebet.
»Sicher«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln. Er wollte sich schon umdrehen.
»Warte«, hielt ich ihn zurück. »Setz dich noch eine Weile zu mir und hilf mir, diese Bilder durchzuschauen.«
Er schaute auf den Karton und dann auf Benis leeres Bett.
»Ich glaube nicht, dass ich das kann, Rain. Ich muss etwas schlafen. Ich habe Slim versprochen, ihm zu helfen, noch ein paar Jobs zu erledigen, bevor ich gehe. Morgen früh gehe ich früher als sonst zur Werkstatt.«
Er starrte mich einen Moment an, dann drehte er sich langsam um, als kämpfte er gegen unsichtbare Fesseln an, und ging hinaus.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen gab Mama mir etwas Geld. Ich wusste, sie konnte es sich eigentlich nicht leisten, aber sie bestand darauf, dass ich mit dem Taxi zum Warenhaus und wieder zurück fuhr.
»Du wirst nicht mit dem Bus fahren, und schon gar nicht mit den Armen voller neuer Sachen, Rain. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du ausgeraubt wirst oder so was.«
Ich war nervös, weil ich mich mit meiner richtigen Mutter traf, diesmal ohne Mama. Ich war mir nicht sicher, wie wir miteinander reden konnten. Kurz vor drei traf ich im Kaufhaus ein und fand die Verkäuferin, dessen Namen meine Mutter mir genannt hatte, Autumn Jones. Sie war eine hübsche Frau Mitte dreißig mit blondem Haar und grünen Augen. Meine Mutter hatte morgens angerufen, daher war Autumn auf mich vorbereitet.
»Oh, ja«, sagte sie, als ich erschien. »Mrs Randolph sagte mir, dass sie ein bisschen zu spät kommen würde, aber wir sollten schon anfangen. Nach dem, was sie sagte, brauchen Sie eine vollständige Garderobe für Ihre neue Schule. Fangen wir also an«, schlug sie vor und ging mit mir in die Wäscheabteilung. Anscheinend wusste sie genau, wie viel ich von allem haben sollte. Ein Assistent, ein dunkelhaariger, dünner junger Mann, lief hinter uns her, sammelte alles ein, was ausgesucht wurde, oder machte sich Notizen auf einem Block.
Nach Strumpfhosen und Socken wurden mir Nachthemden, Morgenmäntel und Hausschuhe gezeigt.Wenn ich nach einem Preis fragte, informierte Autumn mich, dass ich mir darüber keine Sorgen machen sollte. Schließlich tauchte meine Mutter auf, eilte den Gang entlang, um sich in der Röcke-und-Blusen-Abteilung zu uns zu gesellen.
Sie wirkte sehr elegant in ihrem maßgeschneiderten schwarzen Samtkostüm. Ich fand, sie wirkte sogar irgendwie sexy mit ihrer offen stehenden Bluse, den perlenbesetzten hochhackigen Pumps und dem verwuschelten Haar.
»Entschuldige, dass ich zu spät komme, Rain«, sagte sie. »Aber das ist einer von diesen Tagen«, meinte sie mit einem Händewackeln, als würde ich sie sofort verstehen. Für mich
war jeder Tag einer von diesen Tagen. »Wie weit sind wir, Autumn?«
Autumn berichtete ihr, was wir bereits ausgesucht hatten, und dann steuerte meine Mutter uns zu einer Lederrockkombination, die ihr sofort ins Auge gefallen war.
»Sie hat bestimmt die Figur dafür, Mrs Randolph«, sagte Autumn, nachdem sie mich von Kopf bis Fuß gemustert hatte.
»Ja, das hat sie«, bestätigte meine Mutter.
Sie schickten mich in die Umkleidekabine, um Rock und Bluse mit passender Jacke anzuprobieren. Ich schaute auf die Schilder, die am Ärmel baumelten, und fiel bei dem Preis fast in Ohnmacht. Als ich heraustrat, nickten beide befriedigt.
»Alison wollte dieses Kostüm haben«,
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