Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
schaute auf ihr Essen, dann erhob sie sich von ihrem Stuhl und stand so unerschütterlich wie eine Statue, während sie auf meine leibliche Mutter hinabschaute.
»Im Vergleich zu Ihnen besitze ich nichts, Mrs Randolph. Was Sie tragen, reicht vielleicht, um ein Jahr unsere Miete zu bezahlen. Diese modische Handtasche kostet vermutlich so viel, wie wir ein ganzes Jahr für Essen ausgeben. Ich schäme mich dessen, was ich jetzt bin, ich schäme mich dessen, wo ich jetzt bin. Ich schäme mich meines Lebens und ich habe Angst um dieses Mädchen, das Ihr Daddy uns überreichte wie ein Warenpaket. Ich hoffte, dass Sie ein Gramm Nächstenliebe oder Liebe in sich hätten. Dieses Mädchen gehört nicht in ein Ghetto. Sie gehört nicht dahin,
wo es gefährlich ist. Aber nicht weil Ihr Blut in ihren Adern fließt. Ihr Blut ist nicht besser als meines. Sie ist ein wirklich gutes Mädchen, intelligent und hübsch. Sie verdient etwas Besseres, als ich ihr geben kann. Ich hatte gehofft, dass Sie das auch erkennen würden, sobald Ihr Blick auf sie fällt, und dass Sie hier drinnen etwas fühlen würden.« Sie legte die Hand auf die linke Brust. »Vermutlich sind Sie nicht die Frau, die ich erhofft hatte. Komm mit, Rain«, befahl sie, und ich stand auf.
Ich schaute noch einmal meine schöne Mutter an. Sie war eine Fremde, und dennoch lag etwas in ihrem Blick, das mich anzog, ein warmer Energiestrom, der mich einen Augenblick zögern ließ, bevor ich Mama folgte.
»Warten Sie«, sagte meine Mutter.
Mama zögerte.
»Bitte setzen Sie sich und essen Sie weiter. Ich habe eine mögliche Lösung«, fügte sie hinzu. »Bitte«, flehte sie Mama an, die immer noch zögerte.
Mama hob das Kinn an und schaute skeptisch auf sie herab, aber dann kehrte sie zu ihrem Platz zurück. Mir fiel auf, dass wir die Aufmerksamkeit von fast allen Tischen um uns herum erregt hatten.
»Diese Shrimps sind wirklich köstlich. Sie sollten etwas davon essen.«
»Ich bin nicht wirklich hungrig«, sagte Mama, aber sie stocherte mit ihrer Gabel hinein und probierte. Sie konnte ihre angenehme Überraschung nicht verbergen. »Wie sieht Ihre mögliche Lösung aus?«, fragte sie schließlich, nachdem sie noch ein paar Bissen gegessen hatte.
»Wie ich Ihnen bereits erzählte, ist mein Vater kürzlich gestorben. Meine Mutter braucht jemanden, der bei ihr
lebt. Es geht ihr nicht sehr gut. Meine jüngere Schwester Victoria und meine Mutter verstehen sich nicht, und Victoria, die unverheiratet ist, will nicht bei ihr leben. Mutter ist eine halsstarrige Frau und besteht darauf, unabhängig zu sein. Sie toleriert die Hausmädchen kaum, und ich muss sie normalerweise regelmäßig ersetzen, weil sie nicht mit ihr fertig werden. Ich möchte aber, dass jemand bei ihr ist.«
»Es ist ein großes Haus mit reichlich Platz«, fuhr sie fort. »Ich würde sie sogar auf eine Privatschule in der Nähe schicken. Es liegt direkt außerhalb von Richmond.«
»Sie möchten, dass sie bei Ihrer Mutter statt bei Ihnen wohnt?«, fragte Mama ungläubig.
»Sie wäre aus der Welt heraus, die Sie Hölle nennen.«
»Was wollen Sie Ihrer Mutter erzählen?«
»Meine Mutter kennt die Wahrheit. Sie wird es verstehen und sich diskret verhalten. Es weiß jedoch niemand sonst in meiner Familie davon.Victoria weiß nichts, und ich möchte es vorerst dabei belassen«, fügte meine Mutter hinzu.
»Selbst gegenüber Ihrem Ehemann?«, fragte Mama. »Sie wollen ihn immer noch im Dunkeln lassen?«
»Ja«, beharrte meine Mutter. »Das ist das Beste, glauben Sie mir. Ich meine, sie ist ein hübsches Mädchen, und ich sehe, dass sie intelligent ist, aber das würde er nicht verstehen.«
»Und dann?«, fragte Mama. »Was passiert hinterher?«
»Wir werden sehen. Eins nach dem anderen. Ich werde Sie informieren und jemanden schicken, der sie hinbringt.«
Am liebsten hätte ich geschrien. Nicht einmal hatte meine Mutter mir eine direkte Frage gestellt oder mich auch nur beim Namen genannt. Ich sollte mein Schicksal in die Hände dieser Frau legen?
»Mama«, sagte ich leise und schüttelte den Kopf.
»Sie hat Recht, Rain. Es ist ein Ausweg für dich, Kind.«
»Ich will auf keine Snobschule gehen«, sagte ich. Es war, als hätte Beni mir ins Ohr geflüstert.
»Still, Kind. Es mag eine Snobschule sein, aber auf jeden Fall ist sie sauber und sicher.«
»Ich habe keine Kleidung, um auf so eine Schule zu gehen, Mama.« Mama wirkte beunruhigt und wandte sich an meine Mutter.
»Das kann ich ändern. Wir
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