Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
jemandem in meinem Gesicht.
»Was ist mit meinem leiblichen Vater?«, fragte ich.
Die Kellnerin brachte unsere Bestellungen. Ich wartete, dass meine Mutter darauf reagierte, bevor ich einen Schluck Kaffee trank.
»Was ist mit ihm?«, entgegnete sie.
»Ich dachte, Sie wären so clever«, gab ich es ihr zurück. »Dann müssen Sie es doch selbst wissen.«
Sie schaute mich einen Augenblick ausdruckslos an, dann fing sie an zu lachen.
»Wir sind wohl verwandt. Okay, ich weiß nicht, wo er jetzt ist, oder sonst irgendetwas über ihn.Wir lernten uns kennen, als ich das College besuchte. Damals war ich nicht das perfekte reiche kleine Mädchen. Es gab Zeiten, in denen ich meine Familie ablehnte, meinen Vater und meine Mutter, ihren Reichtum und ihre Position. Ich hatte das Gefühl,Teil eines Unterdrückungsapparates zu sein, und hing deshalb mit Revoluzzern und Protestlern, Dichtern und Sängern herum. Um die Wahrheit zu sagen, sie waren viel interessanter.
Einer von ihnen war ein sehr gut aussehender Afroamerikaner, der ausschaute, als könnte er der nächste Sidney Poitier werden.Wir hatten eine heiße und leidenschaftliche Affäre. Ich wurde schwanger, und den Rest kennst du.«
»Wie heißt er?
»Warum? Willst du ihn suchen?«
»Ich möchte es nur wissen.Würden Sie das nicht?«, fragte ich.
Sie gab nach.
»Larry Ward«, sagte sie.
»Was passierte, nachdem Sie schwanger geworden waren?«
»Daddy nahm mich vom College und schickte mich auf eine Schule in den Mittleren Westen. Ich lernte Grant kennen, der dort Jura studierte.Wir verlobten uns und heirateten, kurz nachdem ich mein Examen gemacht hatte. Daddy half Grant, hier eine Kanzlei zu eröffnen. Er stellte ihn einflussreichen Leuten vor, Politikern, und Grant baute sich eine bedeutende Firma und einen guten Ruf auf. Jetzt denkt er daran, in die Politik zu gehen, eines Tages vielleicht Staatsanwalt zu werden. Er ist ehrgeizig und tut vermutlich, was er sich in den Kopf gesetzt hat.«
»Waren Sie niemals neugierig, was aus meinem Vater geworden ist?«
Sie seufzte, tauchte ihr Biscotto in den Cappuccino und nickte.
»Doch. Ich hörte, er sei nach England gegangen. Er war sehr kreativ, ein Schriftsteller, und er wollte unterrichten. Er sprach immer davon, in das Elisabethanische Zeitalter einzutauchen, Shakespeare und all das«, sagte sie.
»Und das ist alles, was Sie wissen?«
»Ich habe mich verändert, bin ein völlig anderer Mensch mit einem völlig neuen Lebensstil. Ich lehne meinen Reichtum und meine Position nicht länger ab. Ich ersticke nicht mehr am silbernen Löffel. Deshalb musste ich diesen Mann aus meiner Vergangenheit auslöschen, so tun, als hätte es diese Jahre nie gegeben.«
Ich kam zu dem Schluss: »Dann müssen Sie meinen Anblick doch hassen.«
Sie erstarrte einen Augenblick, dann schüttelte sie den Kopf.
»Ich hasse dich nicht. Wie könnte ich dich hassen? Ich kenne dich ja nicht einmal.Vielleicht werde ich dich nach einer Weile hassen«, schlug sie vor.
Ständig machte sie das, brachte mich zum Lächeln mit ihren witzigen Bemerkungen.
»Ich kann dich nur einfach nicht in der Weise anerkennen, wie du das gerne möchtest«, fuhr sie ernsthafter fort. »Bitte versuche mich zu verstehen. Glaub mir. Das macht es für uns alle einfacher.«
Besonders für dich, hätte ich am liebsten gesagt, aber ich schluckte die Worte mit etwas Kaffee herunter.
»Lass uns diesen Einkauf erledigen«, kündigte sie an. »Wie ich sehe, trägst du nicht viel Make-up – nicht dass du es brauchen würdest. Aber du könntest etwas an deinen Haaren tun. Ponys kommen wieder in Mode, weißt du. Weißt du, was auch nett aussehen würde, ein Knoten. Du hast keine Löcher in den Ohren. Möchtest du welche? Dann ist es so viel einfacher, Ohrringe zu tragen.
Du brauchst noch etwas Schmuck, und bestimmt hast du auch keine schöne Armbanduhr. Oder? Egal«, sagte sie, bevor ich reagieren konnte. »Wir besorgen dir eine.«
Es fiel mir schwer, nicht über sie zu lachen. Anscheinend genoss sie es, für mich einzukaufen. Als wir durch die Parfümabteilung stolzierten und sie Eaux de Cologne, Lippenstifte und Lotionen ausprobierte, wurde sie immer begeisterter und schien daraus Energie zu schöpfen, während ich mich langsam geschafft fühlte. Schließlich blieb sie stehen und drehte sich zu mir um. Ihr fiel mein Gesichtsausdruck auf.
»Entschuldige«, sagte sie. »Ich hatte nicht vor, so viel auf einmal zu machen, aber ich habe nie die Gelegenheit, das mit
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