Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
murmelte meine Mutter, »aber sie sieht in so kurzen Röcken nicht gut aus. Unglücklicherweise hat sie den Knochenbau ihres Vaters, breite Hüften, knochige Knie.«
»Wer ist Alison?«, fragte ich.
»Meine Tochter«, sagte sie. Nach einem Moment fügte sie hinzu: »Deine Halbschwester. Sie ist drei Jahre jünger als du. Du hast auch einen Halbbruder, Brody. Er wird eines Tages bestimmt ein Football-Stipendium bekommen. Sie sind beide gute Schüler, Brody hat glatte Einsen, gehört zu den besten Schülern der Schule. Er kommt nach Grant und ist so intelligent, dass Grant dafür sorgte, dass er in ein Begabtenförderungsprogramm aufgenommen wurde. Nach der zweiten Klasse hat er zwei Schuljahre übersprungen. Er ist zwei Jahre jünger als du, aber das würdest du gar nicht merken. Alison kommt auch gut zurecht, aber sie zum Arbeiten zu bewegen ist so schwer wie Zähneziehen. Sie gibt sich zu leicht mit einer Drei zufrieden. Das treibt ihren Vater in den Wahnsinn.«
Ich schaute zu Autumn, die auf der anderen Seite des Ganges ein paar weitere Kombinationen zusammenlegte, Blusen und einen Hosenanzug für mich.
»Was glaubt sie, wer ich bin?«, fragte ich und nickte zu ihr hin.
»Oh, ich sagte ihr, es handelte sich um eine Wohltätigkeitsgeschichte, mach dir also keine Sorgen.«
»Wohltätigkeit!«
»Senke bitte deine Stimme«, befahl sie.
»Ich bin auf niemandes Wohltätigkeit angewiesen«, sagte ich.
»In Ordnung. Lass uns keine Staatsangelegenheit daraus machen. Ich musste ihr doch irgendetwas erzählen«, verteidigte sich meine Mutter.
Dennoch kochte ich vor Zorn. Sie wich meinem Blick aus.
»Autumn, bitte zeigen Sie Rain einige Mäntel und einen Regenmantel«, sagte meine Mutter. »Sie braucht auch eine kurze Lederjacke.«
»Wie Sie wünschen, Mrs Randolph. Rain, würden Sie bitte hier herüberkommen?«, sagte Autumn.
»Ich bin nicht auf Wohltätigkeit angewiesen«, betonte ich. Meine Mutter wandte ihre Aufmerksamkeit einer Hose zu und tat so, als hörte sie mich nicht.
Nachdem ein Mantel, ein Jackett und ein Regenmantel für mich ausgesucht worden waren, wurde ich in die Schuhabteilung gebracht. Meine Mutter kaufte mir Stiefel, flache Schuhe und ein Paar Pumps zu meiner Gesellschaftskleidung.
»Wie soll ich das alles mit nach Hause nehmen?«, fragte ich sie.
»Es wird für dich in Gepäckstücke verpackt und in die Limousine gelegt werden. Welchen Zweck hat es, dass du die Sachen mit nach … wohin auch immer nimmst und sie dort wieder einpacken musst?«, fragte sie.
Ich hatte vorgehabt, das alles Mama zu zeigen, aber weder sie noch ich hatten irgendeine Vorstellung davon gehabt, wie viel meine Mutter mir kaufen würde.
»Ich kann dich nicht ohne anständige Garderobe in das Haus meiner Mutter schicken«, fuhr sie fort. »Sie würde mir ewig damit in den Ohren liegen.«
»Dann haben Sie ihr also bereits von mir erzählt?«
»Gewissermaßen«, antwortete sie.
»Gewissermaßen? Was heißt das?«, fragte ich.
»Das heißt … gewissermaßen.Warum musst du eigentlich so viele Fragen stellen?« Sie starrte mich einen Moment an, dann ließ sie ihre Schultern sinken. »In Ordnung. Meine Mutter ist ein Problem. Sie kann eine schreckliche Nervensäge sein, und meine Schwester ist in dieser Situation auch nicht besonders hilfreich«, murmelte sie.
»Haben Sie ihr erzählt, dass ich bei Ihrer Mutter leben werde?«
»Ich habe ihr nur erzählt, dass ich jemanden gefunden habe, der bei Mom bleibt. Sie weiß, dass wir etwas tun mussten, und sie selbst will nicht mit ihr zusammenleben.«
»Warum nicht? Es ist doch ihre Mutter, oder?«
»Wenn du Victoria kennen lernst, wirst du es verstehen«, prophezeite sie mit finsterem Gesichtsausdruck.
»Mögen Sie sie nicht?«
»Meine Güte, du stellst aber ganz schön viele persönliche Fragen,was?«
Ich starrte sie an, ohne mit der Wimper zu zucken. Am
liebsten hätte ich gesagt, warum nicht? Es ist doch auch meine Familie, oder? Ich glaube, sie hörte meine Gedanken.
»Sieh mal, meine Schwester und ich sind oft nicht einer Meinung.Wir sind … verschieden.Wir haben unterschiedliche Bedürfnisse.Victoria ist zufrieden damit, allein zu leben, Victoria zu sein. Sie verbrachte viel Zeit damit, mit meinem Vater zusammenzuarbeiten. Sie war sehr gut darin, was sie tat, und leistete wertvolle Arbeit für ihn. Sie verwaltete seine Konten und kontrollierte die Budgets seiner Projekte. Er war Bauunternehmer. Er wusste sie zu schätzen, aber sie hatte immer das Gefühl,
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