Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
mich selbst und an unsere gemeinsame Zukunft als Familie glauben.
Erst im Frühjahr des darauf folgenden Jahres sollte ich von Roy hören. Er hatte die ganze Zeit in einem Militärgefängnis gesessen und sich zu sehr geschämt, mich das wissen zu lassen. Als ich mit ihm telefonierte, hatte ich keine Ahnung, wie nahe er war.
»Ich wollte erst mal hören, ob du mich hasst, weil ich nicht eher geschrieben oder dich angerufen habe«, gab er zu.
»Roy, ich könnte dich nie hassen, aber du hättest mich wissen lassen sollen, wo du warst.«
»Tut mir Leid«, sagte er. »Wegen vieler Dinge.«
»Wo bist du?«
Er zögerte und sagte dann: »Etwas zehn Minuten entfernt.«
»Bist du nicht! Du bist hier! Oh, Roy, ich kann
es nicht abwarten, dich zu sehen. Beeil dich«, rief ich. »Wir haben uns vieles zu erzählen.«
Er lachte und legte auf.
Summer war draußen bei Glenda, einer vierundzwanzigjährigen unverheirateten Mutter, deren kleiner Junge Harley ein Jahr älter war als Summer. Austin hatte sie gefunden. Sie war die Tochter eines seiner Patienten, und er war beeindruckt, wie liebevoll, aufmerksam und verantwortungsbewusst sie mit ihrem eigenen Kind umging. Sie brauchte die Arbeit. Ich stimmte zu, weil ich die Hilfe brauchte, zumindest jetzt; aber ich hegte ständig die Hoffnung, dass ich sie bald nicht mehr benötigte.Austin fand es gut, dass Summer einen Spielkameraden hatte, selbst in diesem jungen Alter. Zu meiner Erleichterung funktionierte das ganz gut.
Ich fuhr aus dem Haus, die Rampe hinunter, um auf Roy zu warten. Glenda und die Kinder spielten unter der großen alten Eiche etwa hundertachtzig Meter östlich der Auffahrt, wo Austin im Schatten des Baumes einen kleinen Spielplatz mit einem Sandkasten eingerichtet hatte. Ich winkte Glenda und rief ihr zu, dass ich jemanden erwartete, dass sie sich keine Sorgen machen sollte. Darauf wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder den Kindern zu.
Mein Herz raste vor freudiger Erwartung. Es war so lange her, dass ich Roy gesehen hatte. Natürlich hatte ich auch meine Befürchtungen. Schließlich hatte er sich so sehr bemüht, mich davon zu überzeugen, dass wir Mann und Frau werden sollten.
Er fuhr in einem Leihwagen vor und stieg langsam aus. Ich sah sofort, dass er ein Gutteil dünner war als üblich, aber immer noch eine aufrechte und selbstbewusste Haltung hatte. Als er mich dort sitzen sah, wie ich auf ihn wartete, hielt er inne. Ich konnte mir vorstellen, wie schwer es für ihn war, mir gegenüberzutreten.
Er trug Zivilkleidung, ein hellblaues Hemd mit kurzen Ärmeln und Jeans. Sein Haar war ein wenig länger, als er es sonst getragen hatte, besonders als er in der Armee war.
Ich fuhr auf ihn zu. Er stand immer noch da und starrte mich an.
»Werde ich nicht wenigstens umarmt?«, sagte ich.
Er lächelte, kam schnell auf mich zu, um mich zu umarmen und festzuhalten.
»Wie geht es dir?«, fragte er.
»Mir geht es gut, Roy. Wirklich. Mir geht es gut.«
Er nickte, aber in seinen Augen funkelte Skepsis.
»Wow, das ist ja wirklich riesig«, sagte er, als er zum Haus hochschaute. »Wie kommst du damit klar?«
Ich lachte.
»Ich habe viel Hilfe«, sagte ich.
»Das kann ich mir denken.«
»Was ist mit dir passiert, Roy?«
Er schaute zu Boden und trat mit der Spitze seines Turnschuhs gegen ein kleines Steinchen.
»Als ich von deinem Unfall hörte, wollte ich sofort zurückkommen, aber weil ich mich unerlaubt von der Truppe entfernt hatte, als ich dich in London besuchte, waren sie nicht sehr gnädig. Mein Gesuch wurde abgelehnt. Ich beschloss trotzdem zu gehen und schaffte es bis zum Flughafen, wo die Militärpolizei mich aufgriff. Sie verurteilten mich zu drei Jahren, aber sie reduzierten die Strafe und entließen mich unehrenhaft. Das ist das Schlimmste von allem«, sagte er.
»Das tut mir Leid. Ich habe das Gefühl, das alles ist nur meinetwegen geschehen.«
»Das ist es nicht, überhaupt nicht. Ich habe selbst diese Entscheidung getroffen, Rain, und ich bedauere es überhaupt nicht. Das Einzige, was ich bedauere, ist, dass ich es nicht bis zu dir geschafft habe.«
»Jetzt bist du hier«, sagte ich. »Das ist das Einzige, was zählt.«
»Ja.«
Wir hörten die Kinder lachen und Roy drehte sich um. Er kniff die Augen zusammen und schaute mich an.
»Wer ist das?«
»Das ist meine Hilfe Glenda mit ihrem kleinen Jungen Harley. Sie spielen mit meiner Tochter Summer.«
»Deine Tochter?«
Er wirkte so verblüfft, dass eine starke Windböe ihn hätte
Weitere Kostenlose Bücher