Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
heute, Rain«, sagte er schnell. Tausende Kilometer entfernt wurde Roy ins Militärgefängnis gesteckt, ein Preis, den er bereit gewesen war zu zahlen, nur um weitere vierundzwanzig Stunden mit mir zu verbringen.Wie sehr wünschte ich mir, er würde mich nicht so sehr lieben.
Ich ließ den Kopf wieder auf das Kissen sinken, aber es war fast unmöglich, wieder einzuschlafen. Was sollte ich jetzt mit meinem Leben anfangen? Wie lange würde diese Auseinandersetzung dauern? Hatte Roy Recht? Sollte ich einfach zusammenpacken und sofort nach England zurückkehren? Wie sehr wünschte ich mir, einen nahe stehenden Menschen zu haben, der mir einen Ratschlag erteilen konnte, jemand, der mehr war als nur ein Rechtsanwalt, bei dem alles auf Gesetzen basierte, die schwarz auf weiß niedergeschrieben waren. Ich hatte ja nicht einmal eine Freundin.
Einsamkeit war wie Rost, sie fraß dich innerlich auf, schwächte deine Entschlossenheit.Am liebsten hätte ich mir die Decke über den Kopf gezogen, um mich von dem Tag und was er bringen mochte abzuschirmen. Dann erinnerte ich mich daran, wie sehr Großmutter Hudson Menschen hasste, die im Selbstmitleid badeten, und wie wütend sie wurde, als ich es einmal wagte, sie zu bemitleiden. Ich erinnerte mich auch daran, wie mein Stiefvater über sein Leben gejammert hatte und wie meine Mama das gehasst hatte.
»Selbstmitleid ist nur ein Weg, der Verantwortung
aus dem Weg zu gehen«, pflegte Großmutter Hudson zu sagen. »Ersetze es durch guten altmodischen Zorn und Trotz und du kommst weiter im Leben«, riet sie mir.
»Ich höre dich, Großmutter«, murmelte ich unter der Decke. Manche Menschen besitzen solch einen Einfluss auf einen, dass ihre Stimmen noch Jahre, nachdem sie von uns gegangen sind, in unseren Köpfen widerhallen. Großmutter Hudson gehörte sicher dazu.
Ich warf die Decke zurück und erhob mich, um zu duschen, mich anzuziehen und mir Frühstück zu machen. Während ich dort saß und meinen Kaffee trank, entschloss ich mich, meinem leiblichen Vater einen Brief zu schrieben und zu sehen, ob er mir zurückschrieb und mir einen Rat erteilte.
Lieber Daddy, wie du weißt, bin ich nach Virginia zurückgekehrt, um an Großmutter Hudsons Beerdigung teilzunehmen. Ich erzählte meiner Mutter, dass ich dich getroffen habe, und sie interessierte sich sehr dafür, wie du darauf reagiertest. Ich erzählte ihr auch von deiner wundervollen Familie. Sie, mein Stiefvater und Tante Victoria sind außer sich über die Summe, die Großmutter Hudson mir in ihrem Testament hinterlassen hat. Sie wollen, dass ich mit ihnen einen Kompromiss eingehe und mich mit weniger zufrieden gebe, sonst wollen sie, besonders
Victoria, mich vor Gericht zerren und das Testament anfechten.
Ich glaube, Großmutter Hudson würde nicht wollen, dass ich einen Kompromiss eingehe.Vielleicht bin ich nur halsstarrig und werde das am Ende noch bedauern, aber im Augenblick habe ich nein gesagt. Mein Anwalt, Großmutter Hudsons Anwalt, glaubt auch nicht, dass ich mich auf einen Kompromiss einlassen muss, aber ich weiß, dass Anwälte Dinge manchmal vor Gericht zerren, um selbst mehr daran zu verdienen. Zumindest behauptet Grant, der Ehemann meiner Mutter, der selbst Rechtsanwalt ist, das. Er denkt, die Anwaltskosten werden so hoch sein, dass wir alle besser dran wären, wenn wir einen Kompromiss schlössen.
Auf jeden Fall könnte all das meine Rückkehr nach London verzögern.Was hältst du davon? Findest du, ich sollte einfach nehmen, was sie mir geben wollen, und gehen, sie und diesen Ort hier für immer verlassen? Vermutlich ist es unfair, dich irgendetwas zu fragen und dich damit in eine Klemme zu bringen. Ich erwarte in keiner Weise, dass du irgendetwas für mich tust. Es ist nur schön, jemanden zu haben, dem ich jetzt vertrauen kann, dem ich schreiben kann und der mir zuhört.
Ich hoffe, alles ist in Ordnung. Ich werde dich informieren, wozu ich mich entschlossen habe und wann ich zurückkomme. Alles Liebe, Rain
Ich überlegte, ob ich mit Deine Tochter Rain unterzeichnen sollte, hielt es dann aber für das Beste, nur meinen Namen zu schreiben. Danach adressierte und frankierte ich den Brief.
Kurz vor Mittag hörte ich es klingeln. Natürlich hatte Corbette sich nicht die Mühe gemacht, mich zurückzurufen und mir wegen des Restaurants und unserer Verabredung zum Abendessen Bescheid zu sagen, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Jetzt fragte ich mich, ob er beschlossen hatte, noch einmal persönlich
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