Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
ich spüren konnte, wie ich immer tiefer in die Wärme trieb, die von meinem eigenen heißen Blut und der prickelnden Haut um mich herum ausströmte.
»Du bist so schön«, sagte er.
Seine Worte waren wie Parfüm, das die Dunkelheit versüßte. Ich stöhnte vor Lust, die ich für immer dahin gewähnt hatte, und genau wie eine alte Freundin, die den Kopf schüttelte über meine Skepsis und meine Desillusionierung, tadelte mich mein Körper für meine Zweifel, neckte mich mit jeder warmen Woge, die zu meinen Schenkeln hinabströmte.
Fast ebenso rasch war er dort, um sie willkommen zu heißen. Ich zuckte zurück, und er hielt inne.
»Möchtest du, dass ich jetzt aufhöre?«, fragte er.
Hätte ich sagen sollen, ja, hör auf, lass mich nicht glauben, dass ich wieder eine ganze Frau sein kann, erfülle mich nicht mit falscher Hoffnung, hilf mir nicht auf und lass mich dann wieder abstürzen? Hätte ich mich von ihm abwenden sollen?
Und wohin wenden? Ewige Enttäuschung, Akzeptieren von Niederlage und Tragödie? Wie ein Schwimmer, der zu weit hinausgeschwommen war, konnte ich keine ausgestreckte Hand mehr ablehnen, aber Austins Hand war nicht irgendeine. So wie wir uns das erste Mal angeschaut hatten, das warme Gefühl, das wir beide empfanden, wenn wir zusammen waren, die Leichtigkeit und Behaglichkeit,
mit der wir uns in unseren intimsten Gedanken und Erinnerungen bewegten, bedeuteten bestimmt, dass dies etwas Besonderes war, dass wir zusammen etwas Besonders waren.
»Hör nicht auf«, bat ich und hob den Kopf, um ihn zu küssen.
Ich war überrascht und begeistert, als ich ihn in mir spürte. Es belebte mich dermaßen, dass ich nicht Luft holen konnte. Ich klammerte mich an ihn, als baumelte ich in der Luft und würde bis in alle Ewigkeit fallen, wenn ich ihn losließe. Die Hitzewelle, die auf unseren Höhepunkt folgte, floss meinen Bauch hoch, umströmte mein Herz und gelangte dann in mein Gehirn. Vielleicht wurde ich einen Moment ohnmächtig, vielleicht erreichte ich auch nur einen Punkt jenseits des bloßen Bewusstseins, aber ich stellte überrascht fest, dass ich mich immer noch an ihn klammerte und dass er immer noch da war, mich festhielt, die Luft anhielt, seine Lippen auf meinen Hals presste und sich dann mit einem raschen Küsschen auf meine Lippen von mir herunterhob und neben mich fallen ließ.
Keiner von uns sprach eine ganze Weile.
»Geht es dir gut?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, ich könnte aufstehen und weggehen«, sagte ich, und er lachte.
»Wenn das alles wäre, was dazu nötig ist, wäre ich der erfolgreichste Therapeut im Gewerbe.«
Wir schwiegen beide wieder. Dann stützte er sich auf den Ellenbogen und wandte sich mir zu.
»Als ich sah, wie du in den See fielst, Rain, schlug mein Herz Purzelbäume, und nicht nur, weil ich gerade beobachtete, wie jemand ertrank. Es war mehr als das. Ich geriet in Panik. Ich wollte mich auch in diesen See stürzen. Ich wollte mit dir ertrinken. Ich hatte Angst, dich zu verlieren.«
»Wirklich?«
»Wirklich«, sagte er, seine Augen so unschuldig und aufrichtig wie die eines kleinen Jungen. »Seit ich angefangen habe, mit dir zu arbeiten, habe ich nur noch dich im Sinn. Manchmal schweifen meine Gedanken so sehr ab, wenn ich bei anderen Patienten bin, dass sie mich anschreien müssen, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Den ganzen Tag entschuldige ich mich nur und warte darauf, dass ich zu dir zurückkehren kann. Es ist, als wäre dein Gesicht unauslöschlich auf die Innenseiten meiner Augenlider gebrannt. Ich schließe die Augen, um mich auszuruhen oder zu schlafen, und rate mal, wen ich sehe?«
Ich lächelte und berührte seine Lippen. Er küsste meine Fingerspitzen. Dann seufzte er und setzte sich auf.
»Ich gehe jetzt besser«, sagte er. »Ich darf nicht hier sein, wenn Mrs Bogart vorbeikommt.« Er zog sein Hemd an. »Jetzt sind wir wie Romeo und Julia, verbotene Geliebte. Ich muss es noch einmal lesen.«
»Es nimmt kein glückliches Ende, Austin«, erinnerte ich ihn.
»Das werden wir aber haben«, versprach er.
So leise wie möglich zog er sich an. Dann gab er mir einen Gutenachtkuss und schlüpfte zum Fenster hinaus.
Er war so schnell verschwunden, dass ich mir sicher war, es handelte sich um einen Traum.
So gut ich konnte, rollte ich mich zusammen, kuschelte mich an mein Plüschkissen und schloss die Augen.
Binnen weniger Augenblicke schlief ich ein. Die Dunkelheit, der Ärger und der Schmerz des Tages fielen von
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