Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
wichtigster Freund bist, Harley. Meine Geburtstagsfeier wäre keine Geburtstagsfeier ohne dich. Also hör auf!«
Sofort drehte er sich reuevoll um und starrte zum Fenster hinaus. »All dem Lärm nach zu urteilen, werden dort draußen zwei Geburtstage gefeiert.«
»Warte, bis du alles gesehen hast, was Daddy vorbereitet hat«, meinte ich. »Auf den Bäumen sind Ballons gewachsen.«
Er lachte.
»Und Mrs Geary hat eine Geburtstagstorte gebacken, für die man sterben könnte.«
Er nickte, schaute einen Moment zu Boden und verzog die Lippen dann zu seinem sanften Lächeln.
»Was ist?«, fragte ich und rechnete mit etwas, über das ich vermutlich schmollen musste.
»Erinnerst du dich daran, wie ich, bevor die Gäste kamen, die Finger in deine Geburtstagstorte steckte und so tat, als wären es die Kerzen, und wie Roy fast explodierte? Ich dachte, ihm springen die Augen aus dem Kopf.« Er lachte.
»Manchmal glaube ich, du stellst nur etwas an, um ihn wütend zu machen, Harley.«
»Nein. Ich?«
»Du weißt doch, dass du deiner Mutter auch wehtust, wenn du ihn auf die Palme bringst.«
Das Lächeln verschwand.
»Ihr tut nichts mehr weh«, sagte er. »Du musst sehen und riechen und fühlen können, um Schmerz zu empfinden, und das kann sie nicht.«
»Das stimmt nicht, Harley.«
»Oh doch. Okay«, sagte er. »Ich stehe auf, aber ich kann dir nicht versprechen, ob ich auch strahlen werde.«
Ich trat näher auf sein Bett zu und packte ihn an den Haaren. Überrascht blickte er hoch.
»Du stehst jetzt auf und du strahlst und hilfst mit, dass es der schönste Geburtstag meines Lebens wird, oder …«, sagte ich und schüttelte ihn ein wenig fester, als er vermutet hätte.
»Au«, rief er und griff nach meiner Hand. Er hielt mein Handgelenk einen Augenblick fest und schaute zu mir hoch.
»Du hast immer noch nicht den Anstand besessen, mir zum Geburtstag Glück zu wünschen, Harley Arnold.«
Ich ließ seine Haare los, aber er hielt mein Handgelenk weiter fest.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Summer«, sagte er, setzte sich auf und zog mich näher an sich heran, damit er mich auf die Wange küssen konnte. Seine Lippen waren meinen sehr nahe, so nahe, dass er sie mit dem Mund streifte, als er zurückwich.
Einen Moment lang versenkten sich unsere Blicke ineinander, dann rieb ich mir die Wange.
»Rasier dich«, befahl ich.
Mir klopfte das Herz. Er ließ mein Handgelenk los.
»Und zieh dich an und komm nach draußen, um zu helfen«, fuhr ich fort.
Er starrte einfach zu mir hoch, seine Schultern glänzten im Sonnenlicht, das jetzt durch die Fenster fiel.
»Okay«, sagte er mit brechender Stimme, die kaum lauter war als ein Flüstern. Er fasste sich schnell und lächelte mich spitzbübisch an. »Eure Majestät«, fügte er hinzu.
Er stieg aus dem Bett. Ich konnte mich nicht genau erinnern, wann es mir peinlich geworden war, dass er mich halb bekleidet sah, aber ihm schien es nie etwas auszumachen, ob ich ihn sah, selbst jetzt nicht.Vielleicht war das eine Besonderheit von Jungen, oder vielleicht lag es einfach daran, wie er und ich gemeinsam aufgewachsen waren.
Was auch immer der Grund war, mir blieb die Luft weg.
Ich rannte förmlich davon.
KAPITEL 2
Die Party beginnt
D ie Musiker trafen eine ganze Zeit vor den Gästen ein und begannen sich einzuspielen, gerade als Harley aus dem Haus trat. Er trug die gleiche Jeans und das Hemd, das er gestern getragen hatte, und gekämmt hatte er sich auch nicht, so dass einzelne Strähnen ihm über die Stirn in die Augen fielen. Onkel Roy war immer hinter ihm her, sich die Haare kürzer schneiden zu lassen, und drohte oft, ihm selbst die Haare zu schneiden, wenn er es nicht machen ließ. Dazu kam es nie, aber es hatte Zeiten gegeben, wo es fast so weit gewesen wäre.
»Wenn er das je versuchen sollte«, knurrte Harley, »wird er den Tag bedauern, an dem er geboren wurde.«
An jedem Geburtstag hatte ich zwei große Wünsche: dass Mommy wieder laufen könnte und dass Harley mit Onkel Roy zurechtkam. Beides schien unmöglich.
»So wie du aussiehst, kommst du nicht zu dieser Party«, sagte Onkel Roy ihm, als er vom Haus auf uns zukam.
»Ich werde mich umziehen, nachdem wir schwimmen gegangen sind. Soll das nicht als Erstes geschehen?«, fragte er, an mich gewandt.
»Ja«, bestätigte ich.
»Was für ein Glück, dass es den See gibt, sonst würde er gar nicht baden«, sagte Onkel Roy zu Daddy.
Harleys Gesicht wurde schneeweiß statt rot. Kalter Zorn ist der
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