Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
ich. Harley stellte meine Tasche neben dem Bett ab und nahm seine mit in den Raum nebenan.
»Handtücher und solche Sachen sind im Schrank im Flur«, fuhr Suze fort. Sie stand in der Tür und nickte in Richtung auf eine Tür im Flur. »Là«, sagte sie. »Dort. Seife und Shampoo sind im Badezimmer.«
»Danke«, sagte ich.
»Merité«, erwiderte sie und lächelte fast. »Das bedeutet gern geschehen.«
»Merité«, wiederholte ich. Das lockte ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Wie sagen Sie danke?«
»Ich sage merci.«
»Merci.«
»Worum geht es?«, fragte Harley, der zurückgekommen war.
»Haitianisches Gerede«, sagte ich.Wegen des ständigen Schmerzes in meinem Fußgelenk verzog ich das Gesicht.
»Dein Fuß, tut er sehr weh?«, fragte Suze.
»Ja.«
»Ich mache dir etwas fertig«, sagte sie.
»Ach, ich habe das Medikament, das der Arzt mir gegeben hat.«
Sie lächelte selbstbewusst.
»Ich gebe dir Medizin, die schneller wirkt«, beharrte sie.
Harley zog die Augenbrauen hoch und riss die Augen auf, während er mit den Achseln zuckte.
»Ich muss mich jetzt um das Abendessen kümmern«, sagte Suze. »Seid in zehn Minuten fertig.«
Sie drehte sich um und ging die Treppe hinunter. Harley und ich sahen ihr nach, dann schauten wir einander an und lächelten.
»Sie hat mir auch eines von diesen Zaubersäckchen auf das Kopfkissen gelegt.«
»Ich hoffe, sie funktionieren«, sagte ich.
»Was hältst du von meinem Vater?«, fragte er.
»Er sieht älter aus, als ich erwartet habe.«
»Ich auch.«
»Er scheint aber nett zu sein.«
»Wir werden sehen«, meinte Harley vorsichtig. »Das riecht aber gut, findest du nicht«, stellte er fest, als ihm der Duft aus der Küche in die Nase stieg.
»Ich mache mich frisch und ziehe mir das Beste an, was ich dabeihabe«, sagte ich.
»Ich gehe einfach hinunter und rede mit ihm.«
»Okay. Sag ihnen, dass ich zu Hause anrufen muss.«
»Gut«, sagte er. »Dein Knöchel tut dir sehr weh. Das sehe ich an deinem Gesicht.«
»Er tut weh, aber ich warte noch mit der Schmerztablette, bis ich schlafen gehe.«
Er zog eine Grimasse. Ich wusste, dass er sich immer noch schuldig fühlte.
»Es war nicht deine Schuld, Harley. Du hast das Bestmögliche getan und vielleicht damit unser Leben gerettet.«
Er nickte und lächelte dann.
»Vielleicht hat Suze wirklich eine Zaubermedizin.«
»Ich würde nichts von ihr nehmen, Harley.«
»Ich weiß. Ich sehe dich gleich unten«, sagte er.
Jetzt, da wir uns nicht mehr bewegten und meine ganze Aufmerksamkeit sich auf mich selbst richtete, wurde der Schmerz in meinem Knöchel immer stärker. Ich hopste herum, zog mein Kleid heraus und nahm mein Make-up-Zeug mit ins Badezimmer. Als ich mich im Spiegel betrachtete, merkte ich, wie sehr die Motorradfahrt und die Feuerprobe mit den Männern im Pick-up ihren Tribut verlangten. Meine Haare sahen aus, als wären sie durch einen Shredder gezogen worden. Ich hätte mich, bevor wir aufbrachen, mit Sonnencreme einschmieren sollen. Meine Wangen waren rot. Selbst mein Kinn glühte scharlachrot. Kam das von der Sonne oder vom Wind? Ich machte mich an die Arbeit, cremte mich ein und richtete mein Haar her, so gut es möglich war, ohne es zu waschen.
Harley musste wieder hochkommen, um mich zum Abendessen zu rufen.
»Es ist fertig«, sagte er. »Sie warten auf dich.«
»Okay, okay«, rief ich und beeilte mich. Der Schmerz klopfte in meinem Bein. Ich fragte mich, ob ich jetzt nicht wenigstens eine der Tabletten nehmen sollte. Ich wollte keine unglückliche Stimmung am Tisch aufkommen lassen, nicht bei diesem ersten wichtigen Abendessen mit Harleys Vater.
»Ich nehme wohl besser eine von diesen Tabletten«, entschied ich zögernd.
Das tat ich, und dann half Harley mir die Treppe hinunter ins Esszimmer. Er wirkte viel glücklicher.
»Rate mal, was ich morgen tun soll«, flüsterte er mir zu, als wir hinuntergingen.
»Was denn?«
»Er will mich zur Arbeit mitnehmen. Er sagt, ich könnte ihm eine große Hilfe sein, da er diese Woche seinen Assistenten verloren hat.«
»Wie?«
»Er sagt, er sei ein schwerer Trinker und wurde jetzt verhaftet, weil er zum vierten oder fünften Mal betrunken Auto gefahren ist. Er sitzt jetzt im Gefängnis.«
»Ach.«
»Die beste Methode, jemanden kennen zu lernen, ist, mit ihm zu arbeiten«, sagte Harley, »besonders wenn es sich um deinen Vater handelt, den du gar nicht kennst.«
Der Esstisch war aus Kirschbaumholz und musste einmal ein sehr schönes Möbelstück
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