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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gewesen sein. Jetzt war er voller Flecken und völlig verkratzt. Die Stuhlbeine saßen so locker, dass ich Angst hatte, meiner könnte einfach
auseinander brechen. Ich hatte noch nie so still gesessen. Suze hatte keine Tischdecke aufgelegt, aber in der Mitte brannte eine dicke Kerze.
    Ob wir wollten oder nicht, uns stand ein haitianisches Abendessen bevor. Harleys Vater erklärte uns jedes Gericht, das Suze aus der Küche hereinbrachte.Wir begannen mit einer Kürbissuppe. Ich fand sie ziemlich scharf gewürzt und Harley seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen auch. Das Hauptgericht war etwas namens griots. Nach Suzes Erklärungen in gebrochenem Englisch schloss ich, dass es Schweinefleisch war, das zuerst gekocht und dann frittiert wurde. Sie servierte es mit riz pois colles, was anscheinend nichts anderes war als Reis mit Kidneybohnen.
    Zum Dessert gab es pain patate, einen Kuchen aus Süßkartoffeln, Kokosnüssen und Rosinen. Er war köstlich. Die meisten der Aromen waren wahre Entdeckungen für uns. Harley kratzte seinen Teller leer.
    »Vermutlich hatte ich richtigen Hunger, und das war alles so lecker«, erklärte er.
    Während des ganzen Essens fiel mir auf, wie eindringlich Harleys Vater ihn anstarrte. Das war nur natürlich. Er hielt nach Ähnlichkeiten Ausschau, rief Erinnerungen an Tante Glenda wach, empfand vielleicht Stolz auf diesen gut aussehenden jungen Mann, der jetzt an seinem Tisch saß.
    Harley redete zum größten Teil, mehr als ich es je erlebt hatte. Er sprach über unseren Besitz, den See, seine Arbeit mit Roy, sein Interesse für Architektur. Es war, als
versuchte er, siebzehn Jahre schnell zusammenzufassen, damit er und sein Vater neu beginnen, sich von diesem Augenblick an weiterbewegen konnten, als wären sie nie getrennt gewesen. Diese Hoffnung sah ich in seinem Blick, als er sprach.
    Sein Vater hörte zu, stellte gelegentlich eine Frage, warf Suze einen Blick zu, lächelte und aß. Er erzählte überraschend wenig über sich selbst. Harleys wegen versuchte ich ein wenig mehr von ihm zu erfahren.
    »Wie lang wohnen Sie schon hier?«, fragte ich.
    »Oh, eine ganze Weile«, sagte er.
    Als Suze in die Küche zurückging, stellte ich fest, wie ungewöhnlich es für jemanden aus Haiti sein musste, hier zu leben. Ich hoffte, er würde uns erklären, wie sie sich kennen gelernt hatten, aber er stimmte mir bloß zu.
    Suze reichte uns zum Essen ein Fruchtsaftgetränk. Es war ein bisschen zu süß, aber als Harleys Vater prahlte, wie viel Arbeit sie sich damit gemacht hatte es herzustellen, fand ich es besser, alles auszutrinken. Kurz bevor wir das Dessert beendet hatten, schaute sie mich an und nickte.
    »Das wird dir jetzt helfen«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Suze meint, sie hat dir etwas gegen deine Schmerzen gegeben.«
    »Mir etwas gegeben? Wann?«, fragte ich nervös.
    »In dem Getränk«, sagte Harleys Vater lachend. »Mach dir deswegen keine Sorgen. Sie hält mich seit Jahren am Leben, und so wie ich mich vernachlässige, trinke und
rauche, ist es wirklich ein Wunder. Ihre Mutter war so etwas wie ein Hexendoktor. Zum Teufel, ich bin seit fast zehn Jahren nicht mehr beim Arzt gewesen. Ich war noch nie beim Zahnarzt!«, prahlte er.
    »Vielleicht hätte sie das nicht tun sollen«, meinte Harley vorsichtig. »Summer hatte vor dem Essen bereits eine ihrer Tabletten genommen.«
    »Keine Sorge. Alles, was sie benutzt, stammt aus der Natur«, versicherte sein Vater uns.
    Vielleicht lag es an meiner Einbildungskraft, aber plötzlich drehte sich mir der Magen um und knurrte. Ich spürte, wie ich weiß im Gesicht wurde.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte Harley sich.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, ich muss auf die Toilette«, sagte ich. Ich stand auf und griff nach meiner Krücke.
    »Neben der Küche ist eine Toilette«, sagte Harleys Vater.
    Ich schaute Harley an.
    »Vielleicht benutze ich besser die oben.«
    »Wie du möchtest«, sagte sein Vater und lehnte sich zurück, um sich die Pfeife anzuzünden, während Suze begann, den Tisch abzuräumen.
    »Es tut mir Leid, dass ich nicht mit dem Geschirr helfen kann, aber …«
    »Schon gut. Ich helfe ihr«, sagte Harley.
    Ich humpelte rasch die Treppe hinauf, erreichte das Badezimmer und gelangte fast zu spät auf die Toilette. Alles was ich gerade gegessen hatte, schien einfach durch
mich hindurchzulaufen. Die Tablette vor einem so scharf gewürzten Essen zu schlucken war vermutlich eine schlechte Idee gewesen, oder was sie mir in diesem

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