Die Hüter der Nacht
du denn nicht, dass es so schon schwer genug für mich ist?«
»Allein wäre es noch schwerer«, beharrte Ben. »Ich gebe nicht leicht auf, Danielle.«
»Und dafür danke ich dir, Ben.«
»Aber manchmal ist Aufgeben nicht das Schlimmste.«
Sie drehte sich auf die andere Seite, von ihm weg. »Warum überprüfst du nicht einfach dieses Unternehmen … Abasca Machines?«
»Weil die Firma ihren Sitz in Tel Aviv hat. Ohne dich kann ich nicht dorthin fahren. Außerdem …«
Danielle dreht sich wieder zu Ben. »Was?«
»Commander Baruch weiß, dass du hier bist.«
»Mist! Wie hat er davon erfahren?«
»Dein Ausweis, als du hier eingeliefert wurdest. Man hat die Nationalpolizei angerufen. Inzwischen wurde Baruch bestimmt schon informiert.«
»Es überrascht mich, dass ich nicht unter Arrest stehe«, sagte Danielle. Der Gedanke machte ihr weniger aus, als sie gedacht hatte.
Ben neigte sich vor und küsste sie leicht auf die Stirn. »Ich muss rasch etwas erledigen. In ein paar Minuten bin ich zurück.«
»Lass dir Zeit. Ich laufe schon nicht weg.«
Danielle hatte sich gerade im Bett zurücksinken lassen, als die Tür von neuem geöffnet wurde. Captain Asher Bain steckte den Kopf ins Zimmer.
»Hoffentlich störe ich nicht, Pakad«, sagte er leise.
»Überhaupt nicht.«
Bain betrat das Krankenzimmer, und seine stämmige, muskulöse Gestalt füllte beinahe den Türrahmen aus. »Als ich erfuhr, dass Sie hier sind, war ich besorgt. Ich dachte, es hätte das Werk derjenigen sein können, hinter denen wir her sind.« Er schloss die Tür hinter sich.
»Wir, Captain?«
»Wenn meine Annahme falsch ist …«
»Das ist sie nicht, Captain«, fiel Danielle ihm ins Wort und schaute in Bains tief liegende, dunkle Augen, die den gleichen leeren Ausdruck widerspiegelte wie bei ihrem Vater und ihren beiden Brüdern. »Ich hatte einen kleinen Unfall. Nicht das Ergebnis feindlicher Aktivitäten, das versichere ich Ihnen. Ich sollte morgen hier raus sein.«
»Das ist tröstlich.«
»Und wie haben Sie erfahren, dass ich im Krankenhaus bin?«
»Ich …«
»Sie können es eigentlich nur wissen, wenn Sie mich beobachten ließen.«
»So ist es auch, Pakad. Zu Ihrem eigenen Schutz. Mein Mitarbeiter sah den Krankenwagen bei der Schule eintreffen, die Sie besucht haben. Was drinnen geschehen war, wusste er nicht.«
»Aber er hat eine feindliche Aktion vermutet.«
Bain zuckte mit den gewaltigen Schultern. »Er ist Berufssoldat wie ich. Wir vermuten so etwas immer.«
»Schon gut. Ich bin froh, dass Sie gekommen sind.«
Das schien Asher Bain etwas aufzulockern. Danielle sah, dass er sich ein wenig entspannte. »Ich habe die von Ihnen erbetene Information bezüglich Paul Hesslers Attentäter. Ich glaube, es wird Sie interessieren. Und ich habe eine andere Information, die … ich weiß noch nicht, was ich damit anfangen soll.«
»Fangen Sie mit dem an, was Sie über diese Tätowierung herausgefunden haben.«
Bain verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wirkte wieder angespannt. »Die ›Nightcrawlers‹ waren im Zweiten Weltkrieg eine Infanterieeinheit, die dem O.S.S. angeschlossen war.«
»O.S.S.?«
»Der Vorläufer der amerikanischen Special Forces oder Special Operations, wie sie jetzt genannt werden. Jedenfalls arbeiteten die Nightcrawlers in den letzten Monaten des Krieges oft hinter den feindlichen Linien. Sie sprengten Munitions- und Treibstoffdepots, hauptsächlich um die Deutschen aufzuhalten. Später machten sie auch Vorstöße, um die Überlebenden aus den Arbeitslagern in Polen zu retten, nachdem die Russen vom Osten her einmarschiert waren.«
»Das hatten diese Nightcrawlers also vor, als sie Hessler retteten.« Danielle nickte beeindruckt. »Aber wie haben Sie das alles herausgefunden?«
»Ein Freund im Pentagon war mir einen Gefallen schuldig. Und den Akten zufolge, zu denen er mir Zugang verschaffte, war der Mann, der Paul Hessler zu töten versuchte, ein gewisser Staff Sergeant Walter Phipps. Das Glasauge war der entscheidende Hinweis. Phipps verlor in den ersten Tagen seiner Dienstzeit in Europa ein Auge, weigerte sich jedoch, den Dienst zu quittieren. Stattdessen trug er eine Augenklappe.«
»Sagen Sie mir nicht, dass Phipps zu den Männern zählte, die Paul Hessler in den Wäldern gefunden haben.«
»Halb tot, nach allem was man hört. Phipps und die restlichen Männer seines Zuges haben Hessler wahrscheinlich das Leben gerettet.«
»Und dann, fast siebenundfünfzig Jahre später, versucht
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