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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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fand.
    John schlich auf die Rückseite des Hauses. Trotz seiner Schlichtheit war es mit Glasfenstern versehen. Er huschte an das Fenster, welches zum Hauptraum im Erdgeschoss gehörte. Ein schwacher Lichtschimmer fiel durch die bernsteinfarbenen Butzenscheiben, und John wagte sich ganz nah heran, um ins Innere zu spähen. Schemenhaft und ein wenig verschwommen erkannte er eine feine Dame, die beim Licht dreier Kerzen an einem Stickrahmen saß. Sie hielt den Blick auf ihre geschäftigen Hände gerichtet, obgleich sie einen Besucher hatte, der offenbar angeregt plauderte. John stieß zischend die Luft aus, als er ihn erkannte. »Scrope, du Hurensohn … Wieso bist du hier und nicht in Frankreich?«
    »Wer ist da?«, fragte eine tiefe Stimme aus der Dunkelheit, gar nicht weit von Johns linker Schulter entfernt.
    Er glitt hastig vom Fenster weg und drückte sich in den Schatten der Hauswand. Die verdammten Wachen schienen kein Wetter zu scheuen, um ihrer Pflicht Genüge zu tun. Schritte kamen näher. Einer Panik nahe, sah John sich nach einem Fluchtweg um.
    »Ich hab doch was gehört«, brummte die Stimme, die einen breiten Bauernakzent hatte. »Oswin? Hast du was gehört?«
    »Nein«, antwortete eine zweite Stimme. »Aber meine Ohren sind auch nicht mehr so scharf, wie sie mal waren …«
    Über sich erahnte John einen Balkon. Zumindest wusste er, dass er dort war; wirklich sehen konnte er ihn nicht. Die Schritte näherten sich noch ein Stückchen.
    »Ich könnte schwören, irgendwer schleicht hier rum«, brummte die erste Stimme. Sie klang so nah, als müsse John nur die Hand ausstrecken, um den Sprecher zu berühren.
    Mit halb zugekniffenen Augen starrte er nach oben, ging ein wenig in die Hocke, spannte die Muskeln an und sprang. Er vertraute auf nichts als sein Gedächtnis. Doch es trog ihn nicht. Seine ausgestreckten Hände bekamen die hölzerne Unterkante des Balkons zu fassen, und hastig winkelte er die Knie an, damit der Wachsoldat nicht gegen seine Beine stieß.
    So lautlos wie möglich zog er sich hoch.
    »Da, hörst du das Rascheln?«, fragte der Wächter erregt.
    »Ich hör gar nichts, Jeff. Nur den Regen.«
    John verharrte reglos. So lange, bis seine Muskeln zu zittern begannen. Ehe die Kraft aus seinen Armen weichen und er herunterpurzeln konnte, wagte er schließlich einen Klimmzug, stellte den linken Fuß auf das Sims des Balkons und griff mit der rechten Hand nach oben. Er packte genau in einen dicken, dornenbewehrten Kletterrosenzweig. Der Schmerz kam so unerwartet und plötzlich, dass John um ein Haar einen Laut von sich gegeben hätte, aber er schaffte es gerade noch, sich auf die Zunge zu beißen.
    »Da ist keiner, Jeff«, brummte die zweite Stimme. »Nun lass uns um Himmels willen reingehen. Hier holt man sich ja den Tod.«
    John tastete mit der Linken fahrig nach einem weniger schmerzhaften Halt, wartete mit geschlossenen Augen, zählte langsam bis zehn. Als er glaubte, ihre sich entfernenden Schritte zu hören, schwang er sich über die Brüstung auf den Balkon. Die hölzerne Tür war nur angelehnt. Behutsam drückte John dagegen, schob sie auf und betrat den dahinter liegenden Raum.
    Eine Stundenkerze brannte in der Ecke zwischen Fenster- und Seitenwand, und in ihrem Licht erkannte er ein breites Bett mit Baldachin und geöffneten Vorhängen. Juliana lag darin und schlief. Oder zumindest hatte er das geglaubt. Doch kaum hatte er sie erkannt, als sie sich mit einem unterdrückten Laut des Schreckens aufsetzte. »Wer ist da?«
    »Schsch«, machte er eindringlich. »Habt keine Angst, Juliana. Ich bin es.«
    »John?« Es klang ungläubig und dünn.
    »Ja.« Zögernd trat er näher.
    Sie saß kerzengerade im Bett, die Hände hinter sich aufs Kissen gestützt, und sah ihm mit weit aufgerissenen Augen entgegen. Vor der Bettkante blieb John stehen und betrachtete sie.
    Juliana hatte sich verändert. Es lag nicht allein daran, dass sie jetzt nur ein Hemd trug und er ihre Arme, Schultern, gar den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte. Fast ein Jahr war vergangen, seit sie sich zuletzt begegnet waren. Aus dem schlaksigen Backfisch, den er für einen Novizen gehalten hatte, war eine junge Frau geworden. Ihre Wangen waren vom Schlaf gerötet, die blonde Lockenflut zerzaust – John hatte nie im Leben etwas so Bezauberndes gesehen.
    Unwillkürlich streckte er die Hand aus. »Juliana …«
    Sie nahm seine schwielige Pranke und drückte sie kurz an ihre Wange. »Ich bin fast gestorben vor Angst, als die Franzosen

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