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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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vorenthalten wird, bin ich nicht sicher, was aus mir wird. Manchmal …« Er hob den Kopf und sah seinem Freund in die Augen. »Es gibt Tage, da ich um meinen Verstand fürchte, John. Du siehst also, nein, ich bin nicht abgeklärt. Und jetzt besorge ich dir etwas zu trinken.« Er sprang auf, ehe John irgendetwas sagen konnte, rief einen Pagen herbei und gab heißen Wein, Brot und Käse in Auftrag.
    Während sie darauf warteten, kam ein hoch gewachsener, magerer Mann mit grauen Schläfen in die Halle, entdeckte den fremden Engländer und streifte Somerset mit einem argwöhnischen Blick. Doch er begrüßte John höflich. »Willkommen in Beaurevoir, Monseigneur. Justin d’Arras, zu Euren Diensten.«
    John nahm an, dass der Mann der Steward der Gräfin war. Er verneigte sich sparsam. »John of Waringham. Ich bringe der Comtesse eine Nachricht des Königs.«
    »Ich bin nicht sicher, ob die Comtesse heute noch Besucher empfangen wird, Monseigneur.«
    John deutete ein Schulterzucken an. »Wenn Ihr mir für die Nacht Obdach gewähren würdet, warte ich gern bis morgen.« Er wies mit einem Lächeln auf Somerset. »Ich habe einen lang entbehrten Freund wieder getroffen.«
    Justin d’Arras versprach, John ein Quartier herrichten zu lassen.
    Kaum hatte er kehrtgemacht, erhob sich vor der Halle ein Tumult. Eine Frau schrie, Stimmen riefen durcheinander, man hörte rennende Schritte im Morast.
    John und Somerset tauschten einen Blick und folgten dem Steward neugierig in den Hof hinaus. Inzwischen war es dunkel geworden, aber die Fackeln im Torhaus spendeten ein wenig Licht.
    »Sie ist gesprungen, Monseigneur«, rief eine heisere Männerstimme. »Einfach so gesprungen. Aus dem obersten Fenster!«
    Justin d’Arras’ Augen weiteten sich vor Schreck. »Die Jungfrau?«
    John erkannte einen vierschrötigen Mann mittleren Alters in schlichter Kleidung, der vor dem Steward stand und wild mit den Armen ruderte. »Ja, Monseigneur. Ich wollte ihr gerade das Nachtmahl bringen. Als ich die Tür aufsperrte und eintrat, sah ich sie gerade noch durchs Fenster verschwinden. Mit den Füßen zuerst. Gesprungen, einfach so.«
    »Gott steh uns bei«, murmelte d’Arras. »Das wird uns teuerzu stehen kommen. Maurice, Albert«, wies er die Torwachen an. »Holt sie herein.«
    »Aber sie muss tot sein, Monseigneur«, entgegnete der Torwächter, mit dem John sich um ein Haar geschlagen hätte. »Es sind wenigsten zwanzig Ellen von ihrem Fenster.«
    »Wie dem auch sei, wir können sie nicht im Graben liegen lassen, nicht wahr?«, herrschte der Steward ihn an, und die Wachen machten sich schleunigst auf den Weg, um seinem Befehl Folge zu leisten.
    »Marie«, wandte d’Arras sich an eine vielleicht fünfzehnjährige junge Dame. »Geht zur Gräfin und bringt es ihr schonend bei, seid so gut.«
    Sie nickte mit weit aufgerissenen Augen und huschte ins Haus.
    John und Somerset standen ein paar Schritte abseits im nachlassenden Regen und betrachteten das Spektakel.
    Nach kurzer Zeit kamen die beiden Torwachen wieder in den Hof, ein Bauernjunge mit einer zischenden Fackel in der Faust lief neben ihnen her und beleuchtete ihnen den Weg. Sie trugen etwas an Armen und Beinen, das wie eine Kreuzung aus einem mageren Knaben und einer nassen Ratte aussah. John und Somerset traten neugierig näher.
    Jeanne von Domrémy hatte ein zartes, ebenmäßiges Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen. Sie war sehr bleich, und aus einer Platzwunde an ihrer Stirn sprudelte Blut.
    Somerset wies darauf. »Sie lebt.«
    John nickte. »Ich weiß nicht, ob ich darüber froh sein soll oder nicht«, gestand er. Unverwandt schaute er die bewusstlose junge Frau an. Er hatte nicht damit gerechnet, wie zierlich und verletzlich sie wirkte. In seiner Vorstellung war sie eine Furcht einflößende Amazone gewesen. In Wahrheit war sie jedoch eher klein und hatte winzige Hände, genau wie Raymond sie beschrieben hatte. Die Männerkleider – ein Paar eng anliegender Hosen und ein formloser Kittel unbestimmbarer Farbe – ließen sie knabenhaft wirken. Was immer sie an Schuhwerk besessen haben mochte, hatte man ihr abgenommen.Ihr Haar, das die Farbe von Stroh hatte, war so kurz wie Johns. Es sah aus, als sei es mit Ungeduld und einer stumpfen Klinge abgesäbelt worden. Bei ihrem Sprung aus dem Turmfenster in den Festungsgraben hatte sie sich offenbar den linken Unterarm gebrochen, und als eine der Wachen sie ungeschickt packte, gab sie einen schwachen Laut des Jammers von sich, der John an Kate

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