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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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dass er in dieser einen Nacht am liebsten all die Zeit nachgeholt hätte, um welche das Schicksal sie betrogen hatte.
    So kam es, dass John keinen Fuß in die eigens für ihn hergerichtete Kammer setzte. Als der Weinkrug geleert war, dürsteten sie, und als das Feuer ausging, froren sie, aber sie blieben die ganze Nacht am Tisch sitzen, schwelgten in Erinnerungen und vertrauten einander ihre Sorgen und Hoffnungen an. John ertappte sich gar dabei, dass er Somerset gestand, wie sehr er sich manchmal einen Sohn wünschte. Das war eine Tatsache, aus der er bislang immer ein wohl gehütetes Geheimnis gemacht hatte. Doch sie redeten auch über die Politik und den Krieg, und Somerset schien besonders interessiert daran, von seinem Bruder Edmund zu hören. John musste ihm keine schönen Lügen auftischen: Edmund Beaufort hatte sich bei der Rückeroberung der von der Jungfrau eingenommenen Städte schnell einen Namen gemacht, als Soldat ebenso wie als Kommandeur. Es hatte darum niemanden verwundert, als Bedford ihn zumConstable – zum Oberbefehlshaber der in Frankreich stationierten Truppen – erhob. »Meinem Bruder hat das allerdings nicht sonderlich gefallen, und eurem Cousin York erst recht nicht.«
    »Armer Richard«, murmelte Somerset scheinheilig.
    »Vermutlich denkt er, dass Bedford deinen Bruder vorzieht, weil er ein Lancaster ist.«
    Somerset zuckte mit den Schultern. »Vermutlich hat er sogar Recht. Aber sei’s drum. In der Vergangenheit hat sich wieder und wieder erwiesen, dass das Haus Lancaster weitaus bessere Soldaten hervorbringt als das Haus York. Was rede ich. Bessere Männer.«
     
    Viel zu früh kam die Sonne wieder. Schweigend sahen die beiden Freunde zu, wie das graue Herbstlicht durch die Ritzen des Fensterladens kroch.
    Als es hell war, stand John schweren Herzens vom Tisch auf. »Tja. Lass uns zusehen, dass wir einen Bissen zu essen bekommen. Dann sollte ich mich erkundigen, wie es um die Jungfrau steht. Und dann …«
    Somerset erhob sich ebenfalls. »Ja. In Rouen warten sie auf deine Neuigkeiten, und du solltest die Gastfreundschaft der streitbaren Philippa vermutlich nicht über Gebühr strapazieren.« Er lächelte. Man hätte meinen können, dieser Abschied falle ihm gar nicht schwer, doch dann fügte er hinzu: »Ich werde nicht mit in die Halle kommen, John. Ich …« Er seufzte leise. »Ich bin nicht hungrig.«
    John nickte.
    »Lass es uns kurz machen, ja?«, bat der Jüngere.
    »Du hast Recht.« John schloss ihn in die Arme. »Leb wohl, Somerset.«
    »Leb wohl, John.«
    Mit gesenktem Kopf verließ John das geräumige Quartier, ohne sich noch einmal umzuschauen. Auf der Treppe wischte er sich die Tränen vom Gesicht, denn er wollte verdammt sein, ehe er sich vor all den Franzosen hier eine Blöße gab. Zum Heulen war auf dem langen Rückweg Zeit genug.

Waltham, Dezember 1430
    W er seid Ihr, und was wollt Ihr hier?«, fragte die junge Dame angriffslustig. Sie mochte fünfzehn Jahre alt sein, hatte herrliche braune Locken, ein hübsches Gesicht mit einer Stupsnase und großen, braunen Augen. Die Hände waren links und rechts in den Türrahmen gestemmt, als wolle sie den großen, bis an die Zähne bewaffneten Ritter notfalls mit Gewalt daran hindern, einzutreten.
    »John of Waringham. Ich bin auf der Suche nach meiner Frau und meiner Tochter.«
    »Ah ja? Und könnt Ihr das auch beweisen?«
    Welch ein niedlicher Zerberus, dachte John. Neuerdings kommen offenbar nicht nur französische Feldherren, sondern auch englische Torwächter in Jungfrauengestalt daher. Er klopfte den festgepappten Schnee von seinem Mantel und förderte so das Wappen auf der linken Brust zum Vorschein. »Zufrieden?«
    Sie entspannte sich sichtlich. »Vergebt mir, Sir John, aber wir können gar nicht vorsichtig genug sein. Tretet ein. Ich lasse gleich jemanden rufen, der Euer Pferd versorgt.«
    »Habt Dank, Lady …?«
    »Margaret. Margaret Beauchamp, Sir.« Als sie lächelte, zeigte sich zu Johns Verwirrung ein Grübchen in ihrem linken Mundwinkel.
    Dann ging ihm ein Licht auf. »Ihr seid … Warwicks Tochter? Julianas Cousine?«
    »Nein, Sir, der Earl of Warwick ist mein Onkel, nicht mein Vater. Aber Ihr seid nicht der Erste, der eine Familienähnlichkeit zwischen Eurer Gemahlin und mir erkennt. Kommt. Sie werden sich ja alle so freuen, Euch zu sehen.«
    Sie führte John die Treppe hinauf in die Halle des großzügigen Gutshauses, wo der kleine Haushalt nah beim Feuer am Tisch beisammensaß.
    Juliana und Owen Tudor

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