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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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erinnerte. Genau so klang seine Tochter, wenn sie beim Reiten oder Spielen gestürzt war, sich das Knie aufgeschlagen hatte und versuchte, tapfer zu sein.
    Das wurde ihm zu heikel. Er trat einen Schritt zurück und wollte sich abwenden, als eine elegante, aber gebrechlich wirkende Dame in den Hof hinaustrat. »Was geht hier vor?« Ihre Stimme klang energisch.
    »Sie ist aus dem Fenster gesprungen, Madame«, erklärte der Steward ruhig. »Aber sie atmet noch. Sie gilt als ausgesprochen zäh, und das Wasser im Graben hat den Sturz gemildert. Vielleicht …«
    Die Comtesse de St. Pol trat näher, nahm die schlaffe Hand der Jungfrau in ihre beiden und beugte sich über das bleiche Gesicht. »Jeanne? Jeanne, hört Ihr mich, mein Kind?«
    Die Lider öffneten sich flackernd. Es dauerte einen Moment, ehe Jeanne sich orientieren konnte. Ihr Blick glitt unstet hin und her, bis er Johns traf. »Ein Engländer«, murmelte sie angstvoll. »Heiliger Michael, beschütze mich. Warum hast du mich verlassen? Warum sprichst du nicht mehr zu mir …« Es war ein undeutliches Murmeln – sie war nur halb bei Bewusstsein. Aber jeder hörte, in welcher Not sie sich befand.
    »Sollen wir sie ins Haus tragen, Madame?«, fragte Maurice, dem die Last wohl langsam zu schwer wurde.
    Die Gräfin dachte einen Augenblick nach, dann schüttelte sie den Kopf. »Bringt sie zurück in den Turm. Ich habe meinem Cousin geschworen, dass sie ihn nicht verlassen wird. Aber holt ihr ein Kohlebecken und Decken, und schickt nach Bruder Pierre. Er soll ihre Wunden versorgen.« Ehe die Männer die Verwundete forttragen konnten, legte die Gräfin dem jungenMädchen kurz die Hand auf die Wange. »Es hat den Anschein, als habe Gott noch Pläne mit Euch, mein armes Kind …«
     
    Nachdem die Aufregung sich gelegt hatte, hatte John die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und der Gräfin seinen Brief überreicht. Beim Licht einer Kerze hatte sie das Schreiben in der Halle überflogen, den Boten mit einem abfälligen Blick bedacht und verkündet: »Solange ich atme, wird Euer König die Jungfrau nicht bekommen, Monseigneur, ich schwör’s bei Gott.«
    »Fragt sich nur, wie lange das noch sein wird«, bemerkte Somerset unverblümt, nachdem er John in sein Quartier im ersten Obergeschoss des Hauptgebäudes geführt hatte. Es war ein behaglicher, großzügiger Raum mit einem Kamin, und die Mägde hatten ihnen das Essen anstandslos hier oben serviert. »Es wird gemunkelt, die Gräfin habe die Schwindsucht.«
    »Ich weiß nicht, ob wir es uns leisten können, zu warten, bis sie diese Welt verlassen hat«, erwiderte John. »Der Kardinal, der Duke of Bedford und der Earl of Warwick haben wenig Geduld in dieser Angelegenheit.«
    Somerset hob leicht die Schultern. »Ihre Sorgen sind mir sehr fern, John. Das ist der größte Luxus an einem Gefangenendasein wie meinem.« Versonnen drehte er den Weinbecher zwischen den Händen, und zum ersten Mal erkannte John eine Ähnlichkeit zwischen Somerset und dessen Onkel, dem Kardinal.
    »Was macht Tudor?«, fragte der Jüngere nach einem längeren Schweigen.
    »Dummheiten, wie üblich.« Ohne zu zögern, erzählte John, was sich vor knapp einem Jahr zugetragen hatte.
    Somerset starrte ihn mit leuchtenden Augen an. »Aber das … das ist wunderbar!«
    »Findest du?«, fragte John verblüfft.
    »Oh ja. Er hat bekommen, was er wollte, und nichts Geringeres hat er verdient. Wenn du ihn siehst, richte ihm und der Königin meine Segenswünsche aus.«
    »Das werde ich«, versprach John. Er aß ein Stück des vorzüglichen Wildschweinbratens, der zwischen ihnen stand und dampfte, ehe er fortfuhr: »Auf jeden Fall waren sie ein glückliches Brautpaar, so viel steht fest. Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache, denn ich weiß nicht, was der Kardinal ahnt, und ich fürchte um Tudors Leben, sollte Gloucester je von dieser Sache erfahren.«
    Somerset winkte ab. »Du hast selbst geheiratet, ohne dich von den Folgen schrecken zu lassen.«
    »Ja, das ist wahr.«
    »Erzähl mir von Juliana und eurer Tochter, John. Von Henry und Gloucester. Erzähl mir von daheim.«
    Also berichtete John. Aber nicht lange und nicht in allzu großer Ausführlichkeit. Lieber entlockte er Somerset ein paar Geschichten über die Gräfin von Eu und seine Erlebnisse während der vergangenen Jahre, und er fragte ihn nach den vielen Büchern, von denen er gesprochen hatte. Denn er wollte Somerset reden hören und gestikulieren sehen. Er hatte diesen Freund so schmerzlich vermisst,

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