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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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er vermutlich je mit Worten hätte ausdrücken können. Wie ähnlich es ihm sah, John als Boten herzuschicken und ihm mit keinem Wort anzudeuten, wen er hier antreffen würde.
    John gab Achilles in die Obhut eines Stallburschen, vergewisserte sich, dass sein Pferd gut versorgt wurde, und folgte Somerset dann zu einem ländlich schlichten Wohnhaus, welches halb aus Stein und halb aus Fachwerk gebaut war.
    »Ich weiß nicht, ob Philippa ihre Gemächer heute Abend verlässt oder Besucher empfangen wird«, bemerkte Somerset, als sie eine menschenleere, kleine Halle betraten. »Sie ist nicht wohl.«
    John winkte ab, trat an den Kamin, in welchem ein ordentliches Feuer prasselte, und rieb sich die eiskalten Hände. »Ich hab keine Eile, glaub mir. Ich will, dass du mir alles erzählst.«
    »Was berichtenswert war, habe ich dir geschrieben«, erwiderteSomerset und trat neben ihn. »Meine Gefangenschaft ist ausgesprochen erträglich, aber nicht gerade ereignisreich.«
    »Das sagst du, während du mit der berüchtigtsten Frau Frankreichs unter einem Dach lebst?«
    »Gräfin Philippa?«, fragte Somerset entgeistert. » Berüchtigt ?«
    »Ich spreche von dem Hirtenmädchen aus Domrémy.«
    »Ach, Jeanne. Ich sehe sie nie. Während ich mich innerhalb der Mauern frei bewegen kann und gelegentlich auch mit der Gräfin und ihrem Gefolge zur Falkenjagd reite, ist das arme Bauernmädchen dort drüben in dem dicken Turm gleich an der Festungsmauer eingesperrt. Sie lassen sie nie raus.«
    »Das beruhigt mich. Und sie ist kein ›armes Bauernmädchen‹, Somerset. Sie ist eine Bedrohung für England und seinen König.«
    »Tja, mag sein. Da England und sein König mich vergessen haben, liegen ihre Interessen mir vielleicht nicht in dem Maße am Herzen, wie es der Fall sein sollte.«
    John war beinah erleichtert, das zu hören. Es wäre ihm unnatürlich und höchst verdächtig vorgekommen, wenn sein Freund die lange unverdiente Gefangenschaft ohne jeden Groll hingenommen hätte. Doch er entgegnete: »Niemand hat dich vergessen. Der Kardinal, dein Bruder und viele andere bemühen sich unermüdlich, dich zurückzuholen. Aber leider hat auch der Duke of Gloucester dich nicht vergessen, und ihm bist du hier lieber als in England.«
    »Mögest du elend verrecken und in der Hölle schmoren, Cousin Gloucester«, sagte Somerset liebenswürdig. Für einen Augenblick glomm der berühmte Lancaster-Zorn in seinen Augen.
    John musste ihn immerzu anschauen. Bis auf die Tatsache, dass aus dem Jüngling ein Mann geworden war, schien Somerset ihm unverändert. Wie John selbst trug er das Haar kurz und das Kinn glattrasiert, was sowohl in Frankreich als auch in England die Mode war. Er wirkte gesund und athletisch, als verbringe er viel Zeit im Freien.
    »Und?«, fragte der Jüngere mit einem verlegenen Lächeln. »Was vermisst du?«
    John schüttelte langsam den Kopf. »Gar nichts. Ich dachte, die lange Zeit hätte dich entweder bitter oder vollkommen abgeklärt gemacht, aber du bist weder das eine noch das andere.«
    »Ganz gewiss nicht abgeklärt.« Somerset setzte sich in einen der Sessel am Kamin und dachte einen Moment nach. »Es gibt Dinge an meinem Gefangenendasein, die ich genieße, John. Sowohl hier als auch am Hof der Gräfin von Eu gibt es viele Bücher. Ich habe endlich vernünftig Französisch gelernt, wie du immer wolltest, und werde allmählich ein Gelehrter. Das gefällt mir. Meine Tage sind beschaulich, meist angenehm. Die Menschen begegnen mir höflich, manche gar mit Freundlichkeit. Es mangelt mir an nichts. Aber ich bin einsam. Ich sehne mich nach England. Nach meinem Bruder und meinen Freunden. Manchmal hab ich mich sogar nach der Furie gesehnt, die meine Mutter war. Jetzt ist sie tot, und hättest du mir nicht geschrieben, wüsste ich es nicht einmal. Mein Bruder hat es nicht für nötig befunden, mich davon in Kenntnis zu setzen. Er ist überhaupt ein schreibfauler Hund, mehr als einen Brief im Jahr brauche ich von ihm nicht zu erhoffen.«
    »Er steht im Feld, Somerset …«, versuchte John zu erklären, aber sein Freund unterbrach ihn ungewöhnlich scharf: »Das täte ich auch gern! Selbst wenn ich den Geschmack daran verloren habe, aber es ist eben das, was ein Kronvasall tut.«
    Dann verschränkte er die Hände unter dem Kinn und sah ins Feuer. »Ich würde jetzt gern bald wieder ein normales Leben führen. Es wird Zeit, dass ich heirate und mich um meine Besitztümer kümmere. Aber wenn mir diese Normalität noch lange

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