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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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gefühlt.
    »Ich hoffe, es schockiert dich nicht gar zu sehr, wenn wir hier irgendwo über ein junges Liebespaar auf der Flucht stolpern«, bemerkte Raymond beiläufig, als sie ihren Rundgang bei den Zweijährigen begannen. »Conrad betätigt sich gelegentlich als Samariter für verfolgte Lollarden.«
    Mortimer zog die Brauen hoch. »Es schockiert mich nicht. Aber denkst du, es ist klug, das zu dulden? In deiner derzeitigen Lage?«
    »Bestimmt nicht.« Raymond ging weiter, liebkoste hier und da einen jungen Pferdekopf, der sich ihm neugierig und zutraulich entgegenreckte, und nahm eine Hand voll Äpfel aus der Fallobstkiste.
    Das langgezogene Gebäude mit den beiden gegenüberliegenden Boxenreihen war selbst bei Sonnenschein ein wenig dämmrig, denn außer dem großen Tor an der Stirnwand hatte es keine Lichtquelle. Aber die jungen Hengste hatten es warmund trocken, und da sie mindestens einmal täglich zum Training an die frische Luft kamen, tat das Halbdunkel ihrem Wohlbefinden keinen Abbruch.
    »Hier, Theseus, du Vogelscheuche«, murmelte Raymond und steckte seinem Liebling einen der harten, kleinen Äpfel zwischen die samtigen Lippen. »Ich hab weiß Gott noch nie einen so mageren Gaul wie dich gesehen. Alles Futter, das er bekommt, setzt er augenblicklich in Übermut um, darum nimmt er nie zu«, erklärte er seinem Stiefbruder.
    »Wir sprachen über die Lollarden, Raymond«, erinnerte der ihn unbeirrt.
    Raymond verdrehte die Augen. »Ich sorge schon dafür, dass keine Gewohnheit daraus wird. Aber in diesem Fall konnte ich nichts tun. Es war ein Mädchen dabei und …«
    »Oh, verstehe.«
    Der Spott ärgerte Raymond. »Du weißt genau, dass ich seit der Geschichte mit John Oldcastle damals für Lollarden keine Sympathie mehr hege, aber dieses junge Ding war keine gefährliche Verräterin, Mortimer. Und mein Vater hatte schon irgendwie ganz Recht: Es ist unsinnig, die Leute für das zu bestrafen, was sie glauben. Man kann doch nichts für das, was man glaubt, so wie man nichts dafür kann, wenn man seekrank wird. Und außerdem …« Er brach ab, weil sein Stiefbruder ihm plötzlich nicht mehr zuhörte.
    Mortimer hatte die Augen zusammengekniffen und den Kopf zur Seite gedreht. Doch jetzt warf er Raymond einen kurzen Blick zu und forderte ihn mit einer Geste auf, fortzufahren.
    »Ich weiß nicht, was richtig ist«, bekannte Raymond. »Aber was ist so schrecklich daran, wenn die Leute die Bibel auf Englisch lesen wollen? Ihre Bekenntnisse Gott direkt anvertrauen? Manchmal frage ich mich wirklich, ob es der Kirche nicht nur um Macht und Geld geht …« Er redete weiter, was ihm gerade in den Sinn kam, und beobachtete Mortimer aufmerksam.
    Der schlich seitwärts auf den kleinen Verschlag zu, welcher etwa in der Mitte des Stalls lag und im Grunde nur eine freieBox ohne Tür war, wo Striegelbürsten, Huffett und dergleichen aufbewahrt wurden. Ohne ein Geräusch zu verursachen, glitt er in den kleinen, dunklen Raum und kam im nächsten Moment mit einem blonden Jungen am Schlafittchen wieder zum Vorschein. »Ja, wen haben wir denn hier …?«
    »Robert!« Raymond musste feststellen, dass er erschrocken war, und drängte die Erkenntnis hastig beiseite. »Was in aller Welt tust du hier?«
    Der Neunjährige warf dem großen Ritter, der ihn am Kragen gepackt hielt, einen kurzen, nervösen Blick zu, ehe er seinem Vater antwortete: »Ich habe einen Hufkratzer gesucht.«
    »Aber … aber wieso bist du nicht beim Unterricht?«
    Robert hob die Schultern. »Vater Anselm ist krank.«
    Anselm of Crowborough war Raymonds Hauskaplan, ein blasser, übernervöser Priester, der Alexanders Nachfolge angetreten hatte. Weder an Klugheit noch an Bildung oder Unterhaltungswert konnte er seinem Vorgänger das Wasser reichen, aber Raymond war er bequem, weil er ihm niemals irgendwelche Vorhaltungen machte, und Eugénie vergötterte Vater Anselm. Raymond konnte seine Gemahlin zwar nicht ausstehen, aber sogar er sah ein, dass auch Eugénie irgendeinen Trost im Leben brauchte. Die Frage war nur, wie lange dieser Trost im Priesterrock ihr noch vergönnt sein würde, denn Vater Anselm war eigentlich immer krank.
    »Dann solltest du allein deine Bücher studieren, Junge. Jedenfalls hast du hier im Gestüt unbeaufsichtigt nichts verloren«, erklärte Raymond streng.
    Der Junge senkte den Kopf. »Ja, Sir. Es tut mir Leid.«
    Immer wenn Raymond feststellte, dass er dem Jungen Angst einjagte, bekam er ein schlechtes Gewissen. »Robert, das ist Sir

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