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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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Zurückhaltung?« Schwungvoll öffnete er die Tür und fand sich Auge in Auge mit Bischof Beaufort – des Königs Onkel und neuer Lord Chancellor.
    »Welch überschwängliche Begrüßung. Ich bin entzückt, Raymond.«
    »Ich hoffe, Ihr erwartet nicht, dass ich erröte, Mylord.«
    »Nein. Bemüht Euch nicht für mich. Würdet Ihr mich begleiten? Falls ich nicht ungelegen komme.«
    Raymond seufzte vernehmlich, warf sich aber sogleich den Mantel über die Schultern. »Ich nehme an, es ist wichtig, nicht wahr?«
    Beaufort zeigte sein schönes Lächeln, das so gar nichts preisgab. »Ich hoffe, Euer Herzblatt wird nicht gar zu bitter enttäuscht sein …«
    Raymond ließ ihm mit einer kleinen Geste den Vortritt, folgte ihm dann hinaus auf den Korridor und schloss die Tür. »Nun, ich hingegen hoffe das sehr.«
    »Seid guten Mutes, mein Sohn. Wenn Ihr die Dame Eures Herzens heute versetzen müsst, wird sie an der Beständigkeit Eurer Gunst zweifeln und morgen alles tun, um sie zurückzugewinnen.«
    Raymond deutete eine Verbeugung an. »Ich verneige mich in Demut vor dem Rat des unangefochtenen Experten.«
    Beaufort nickte, als finde er das vollkommen angemessen. »Gehen wir.«
    Raymond fragte nicht, wohin.
    Es gab das Parlament, welches Gesetze verabschiedete, Steuergelder verteilte und Recht sprach. Es gab den Kronrat, der den König bei der Regierung des Landes unterstützte und seine Ziele und Entschlüsse in die Tat umsetzte. Es gab jedoch noch ein drittes, höchst inoffizielles Gremium: die Männer, denen der König sein Herz öffnete und seine Sehnsüchte anvertraute, denen er blind vertraute. Es war nur eine Hand voll: seine drei Brüder, von denen einer allerdings derzeit in Aquitanien weilte, Bischof Beaufort und der Duke of Exeter, die beide Brüder seines Vaters waren, Raymond of Waringham und Henry Scrope.
    Die beiden letzteren nickten sich frostig zu wie üblich, als sie in Harrys Privatgemach zusammentrafen.
    Der Raum war nur schwach erleuchtet. Auf dem langen, schweren Eichentisch brannten zwei Öllampen, und der Schimmer einer Kerze fiel aus der kleinen Kapelle in der hinteren linken Ecke, ließ hier und da einen der dünnen, brüchiggewordenen Goldfäden in den schweren Bettvorhängen funkeln. Wegen der warmen Jahreszeit war kein Feuer im Kamin. Die dicken, schwarzen Deckenbalken und die Nacht vor den Butzenfenstern schienen die Dunkelheit im Raum noch zu verdichten, wenngleich es eigentlich ein freundliches, großzügiges Gemach war.
    Der König saß barhäuptig und in einem schlichten Gewand am Kopf des Tisches und lud die Lords mit einer Geste ein, Platz zu nehmen. »Danke, dass ihr gekommen seid, Gentlemen.«
    Die sechs Männer setzten sich, und wer wollte, schenkte sich einen Becher Wein aus dem Zinnkrug ein, der auf dem Tisch stand. Bei diesen Zusammenkünften gab es keine Dienerschaft.
    Der Bischof stellte einen gut gefüllten Becher vor den König. »Mit Verlaub, du siehst so aus, als solltest du dir lieber ein paar Stunden Schlaf gönnen, Harry.« Auch das gab es nur in dieser Runde: Hier verzichteten sie auf jedwede Förmlichkeiten.
    Der junge König winkte ab. »Unsinn. Mir ergeht es wie Raymond, dieses Parlament langweilt mich so fürchterlich, dass es mich schläfrig macht. Aber wer müde vom Nichtstun ist, verdient keinen Schlaf.«
    »Trotzdem ist dieses Parlament wichtig«, sagte sein Onkel Exeter, der jüngere Bruder des Bischofs. Er war ein vierschrötiger Mann mit einem etwas zu langen Bart. Er erinnerte Raymond immer an einen wilden Einsiedler, aber Exeter war ein kluger Kopf und ein hervorragender Kommandeur. »Ich hatte Bedenken, wie die Commons sich verhalten würden, doch du hast sie mit deiner aufmerksamen, ernsten Miene und deinem diplomatischen Entgegenkommen gänzlich für dich eingenommen. Sie fressen dir aus der Hand.«
    »Ja, ja.« Harry vollführte eine missgelaunte, wedelnde Geste.
    Sein jüngster Bruder Gloucester lehnte sich ein wenig vor und verschränkte die großen Hände auf der Tischplatte. Die Fingernägel waren abgekaut. Trotz seiner zweiundzwanzig Jahre wirkte Humphrey of Gloucester immer noch schlaksigund hoch aufgeschossen wie ein Jüngling. Das verlieh ihm eine gänzlich irreführende Tollpatschigkeit, die er geschickt ausnutzte, um die Herzen der Damen zu erweichen. Wenn er ihrer überdrüssig wurde, warf er sie weg, die Damen und deren Herzen gleichermaßen. Raymond, der auf diesem Gebiet selber kein Engel war, fand den Bruder des Königs oft unnötig grausam.

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