Die Hueter Der Rose
Botschaft: Sag uns nur, was wir tun sollen, und es ist so gut wie getan. Was immer es kostet, wir sindmit dir. »Dann hört mich an, Gentlemen: Die Schonfrist für Harfleur ist vorüber. Richtet die Kanonen aus, solange noch genug Licht ist, und dann feuert. Wir werden den Beschuss die ganze Nacht hindurch fortsetzen. Und morgen früh stürmen wir die Stadt.«
Wie sich herausstellte, war ein Sturm gar nicht mehr nötig. Die unablässige nächtliche Kanonade richtete an den Befestigungen und sogar innerhalb der Stadt große Verwüstung an und zermürbte die hungrigen, verzweifelten Einwohner von Harfleur endgültig. Gegen Mitternacht erschien irgendein mutiger Mensch auf der zerschossenen Mauer und schwenkte eine Fackel: Harfleur war endlich bereit zu verhandeln.
Augenblicklich gab der König den Befehl, das Feuer einzustellen. Der Duke of Exeter ritt fast bis auf Bogenschussweite an die Mauer heran, um zu hören, was der Kommandeur der Garnison zu sagen hatte.
»Sie wollen sich ergeben und uns die Tore öffnen, Sire …«, berichtete Exeter, als er zu Harrys Zelt zurückkehrte.
»Gut.« Immer noch in voller Rüstung saß der König dort vor einem unberührten Becher Wein.
»… wenn der Konnetabel oder der Dauphin ihnen nicht bis kommenden Sonntag zu Hilfe kommen«, beendete Exeter seine Botschaft.
» Was ?« Harrys Faust fuhr auf den Tisch nieder, dass der Weinbecher einen Satz machte und umkippte. »Kommenden Sonntag?« Er stand von seinem Schemel auf. »Sagt ihm, bis dahin wird nichts, gar nichts von Harfleur übrig sein, das der Dauphin befreien könnte. Sagt ihm …«
»Sire, gestattet mir einen Einwand«, unterbrach Exeter behutsam.
Harry hatte sichtlich Mühe, sich zu mäßigen, sagte aber schließlich ruhiger: »Also?«
»Es ist so üblich. Wenn die Stadt sich jetzt bedingungslos ergibt, könnten der Konnetabel oder der Dauphin den Kommandanten später Verrat vorwerfen. Gestattet ihnen, einenBoten nach Rouen zu schicken und den Dauphin um Hilfe zu bitten. Wir alle wissen, dass er nicht kommen wird. Hätte er die Absicht gehabt, wäre er längst hier. Es ist eine reine Formsache. Die Stadtväter wollen auf diese Weise nur sicher gehen, dass sie nicht zum Opfer französischer Vergeltung werden, sollte ihre Stadt je an die Franzosen zurückfallen. Ich an ihrer Stelle täte das Gleiche.«
Wie meistens war Harry auch dieses Mal in der Lage, sein ungestümes Temperament zu zügeln und auf einen guten Rat zu hören. »Also meinetwegen«, brummte er. Er dachte noch einen Moment nach und fuhr dann entschlossener fort: »Sagt ihnen, sie sollen ihren Boten ausschicken. Seid so gut und sorgt dafür, dass er sicheres Geleit bekommt, Onkel.«
Exeter verneigte sich. »So soll es geschehen, Sire.«
Er wollte hinausgehen, aber Harry hielt ihn zurück: »Sagt ihnen auch Folgendes: Wenn sie Wort halten und uns Sonntag früh die Tore öffnen, werde ich die Stadt nicht zur Plünderung freigeben.«
Die anwesenden Lords tauschten verwunderte Blicke.
»Das wird die Truppen schwer enttäuschen, Sire«, gab Warwick zu bedenken.
Harry tat es mit einem Wink ab. »Harfleur wird nicht geplündert, sage ich. Wer von den Einwohnern mir Treue schwören will, kann unbehelligt bleiben und soll nicht um sein Hab und Gut fürchten müssen. Wer es nicht tut, muss die Stadt verlassen. Die leeren Häuser füllen wir mit englischen Kaufleuten und Handwerkern, Sirs.«
Raymond ging ein Licht auf. »Wir machen aus Harfleur ein zweites Calais. Eine englische Stadt auf französischem Boden.«
Der König wiegte den Kopf hin und her. »Wir werden sehen. Vielleicht auch eine französische Stadt, die Harry von England treu ergeben ist.«
Am zweiundzwanzigsten September zogen also englische Truppen in die Stadt ein, und wenngleich es unter den Soldatenvernehmliches Murren über das Plünderungsverbot gab, wurde es doch befolgt. Die Kommandanten der französischen Garnison und die reichsten Bürger der Stadt wurden in aller Höflichkeit gefangen genommen und nach England verschifft, bis ihre Familien sie wieder freikaufen konnten. Auf diese Weise wurde der Fall von Harfleur für Harry und seine Lords, die ja die finanzielle Last des Feldzuges trugen, doch noch einträglich.
Am Montag betrat der König selbst Harfleur – barfüßig begab er sich zur St. Martinus-Kirche, um Gott für den glücklichen Ausgang der Belagerung zu danken. Doch anschließend setzte er den Earl of Dorset als Kommandanten der Stadt ein und kehrte ins Lager
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