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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Vierteldollarmünzen, die Leslie ihr reichte. »Das Buch ist gar nicht übel«, sagte sie dann. »Interessieren Sie sich für das Poltergeist-Phänomen?«
    Plötzlich sah Leslie ihr eigenes Gesicht über einem doppelseitigen Artikel im National Enquirer vor sich. RATTENSCHWANZ-MÖRDER VON HELLSEHERIN ENTTARNT!‹ Die Leute in einem solchen Laden glaubten womöglich an solche Dinge. Bei dem Gedanken, jemand könnte sich an dieses Foto erinnern und sie erkennen, lief es ihr kalt über den Rücken. »Ich kenne mich mit dem Thema kaum aus«, antwortete sie steif. »Ist dieses Buch … äh … seriös?«
    Die Verkäuferin lächelte gutmütig. »Die Monographie von Margrave und Anstey ist besser, im Moment aber ausverkauft. Das hier« – sie wies auf ein Buch mit dem Titel Mentale Selbstverteidigung – »wurde vor fünfzig Jahren verfaßt, ist aber sehr populär geschrieben. Falls Sie bereit sind, sich durch einen Haufen psychoanalytisches Gewäsch zu wühlen, kann ich Ihnen auch Dem Poltergeist auf der Spur von Nandor Fodor empfehlen.«
    Der Name Nandor Fodor war Leslie bekannt; er gehörte zu den Klassikern der psychologischen Literatur. Ihn konnte man bestimmt nicht zu den Sensationsschriftstellern oder Spinnern zählen. »Dann nehme ich den Fodor auch noch«, erklärte sie und suchte in ihrer Handtasche nach ihrer Geldbörse. Während die Frau im Hinterzimmer verschwand, um Leslie ein Exemplar zu holen, ließ sie beklommen den Blick über die Regale schweifen. Margaret Murray, Hexerei in der heutigen Welt. Ein Buch hieß Okkulte Jahreszeitenrituale, ein anderes Magie: Rituale, Macht und Ziele. Ein Band trug den Titel Okkulte Psychologie, ein anderes hieß Rationaler Okkultismus, was Leslie ein Widerspruch in sich zu sein schien. Daneben entdeckte sie ein Regalbrett mit Werken von Carl Ransom Rogers, dessen Arbeiten sie bewunderte, und eine ähnliche Auswahl der Bücher von Abraham Maslow. Klassiker wie Spielarten religiöser Erfahrung von James standen neben Gespräche mit Seth von Jane Roberts und ein paar Büchern über das versunkene Atlantis. Auf einer eigenen Ausstellungsfläche waren zahlreiche Exemplare eines Buchs in einem blauen Schutzumschlag gestapelt. Der Titel lautete Hol den Mond auf die Erde; auf dem Umschlagbild schien eine junge Frau, die einen langen Umhang trug und mit einem Schwert bewaffnet war, irgendein Ritual durchzuführen.
    Als die Verkäuferin mit einem abgegriffenen Exemplar des Buchs von Nandor Fodor erschien, war Leslie gerade bei einem Band mit dem Titel Reinkarnation – Phantasie oder Realität? Zwanzig Fallbeispiele angelangt, verfaßt von einem Psychologen, dessen guter Ruf ihr bekannt war. Ob der Autor tatsächlich an Wiedergeburt glaubt?, fragte sich Leslie. Die Leser jedenfalls waren offensichtlich überzeugt davon, denn Leslie entdeckte ein ganzes Regal mit Werken über Reinkarnation.
    Sie wandte sich der Frau zu, die, wie Leslie erst jetzt bemerkte, einen schmalen Silberreif mit einem fünfzackigen Stern um den Hals trug. Ein Pentagramm. War der Drudenfuß nicht ein Hexenzeichen? Leslie hatte schon über Hexenkulte und sogar einen Satanstempel hier in San Francisco gelesen. Nun ja, Fodor zumindest war kein Okkultismus-Spinner, sondern ein seriöser Psychologe.
    Leslie bezahlte das Buch und verließ eilig den Laden. In Sacramento hätte sie es nicht gewagt, sich beim Verlassen einer ›Buchhandlung für Okkultismus und Esoterik‹ blicken zu lassen. Im Schaufenster sah sie ein Buch mit dem Titel Erlebnisse eines übersinnlichen Gangsterjägers. Jemand von der Polizei in Los Angeles hatte das Vorwort verfaßt. Genauso hatte der Enquirer Leslie genannt – ›übersinnlich begabte Gangsterjägerin‹ – worauf sie eine Flut merkwürdiger Anrufe erhalten hatte, von Eltern verschwundener Kinder, von Ehefrauen, die ihre Männer vermißten. Keinem von ihnen hatte Leslie eine Auskunft geben können.
    Für wen hielt die Frau im Buchladen sich eigentlich, daß sie so herablassend von ›psychoanalytischem Gewäsch‹ sprach? Leslie überflog ein paar Seiten aus dem Kapitel über den ›Poltergeist von Baltimore‹. Darin erklärte Fodor tiefernst: ›Im vergangenen Jahr waren zweimal ohne ersichtlichen Grund die Kugeln am Weihnachtsbaum explodiert. Ich war der Meinung, der Sohn der Familie müsse eine tiefe Abneigung gegen das Weihnachtsfest hegen.‹ Im folgenden erklärte der Psychoanalytiker, das Weihnachtsfest stelle ein Geburtssymbol dar, und der Junge habe vermittels des

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