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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Aschenbecher«, erklärte Leslie gelassen. »Ich weiß, daß du den Aschenbecher nicht angerührt hast. Aber ein Teil von dir hat ihn geworfen, obwohl du selbst erschrocken und entsetzt darüber warst.«
    Zittrig nickte Eileen. »Ja. Als würde ich neben mir stehen und mir dabei zugucken, wie ich mit den Tellern werfe. Woher kommt so was, Dr. Barnes? Wie kriegt man so was?«
    »Selbst die bedeutendsten Psychiater der Welt wissen nicht genau, was dahintersteckt, Eileen. Aber vielleicht können wir beide herausfinden, warum es bei dir geschieht. So was passiert nämlich bei vielen Menschen, und meist bei Mädchen deines Alters. Man nennt es einen ›Poltergeist‹ …«
    »Ich hab’ mal einen Film über Poltergeister gesehen«, unterbrach Eileen. Sie war blaß geworden. »Und … und die anderen Sachen, passieren die auch? Meinen Sie, unser Haus steht an einer Stelle, wo Leute von irgendeiner Sekte oder so begraben sind, und könnte ich … von denen gefangen werden? So wie in dem Film. Der war echt gruselig.«
    Entschieden schüttelte Leslie den Kopf. »Wer immer diesen Film gedreht hat, hat bloß Gefallen an dem Namen ›Poltergeist‹ gefunden. Aber er hat alle möglichen außersinnlichen Phänomene in einen Topf geworfen und sie in einem einzigen Film untergebracht. Ein Poltergeist ist etwas ganz anderes. Eigentlich ist es gar kein Geist. Zumindest darüber ist die Wissenschaft sich einig. Die Erscheinungen, zum Beispiel Lärm – oder Teller, die durchs Zimmer fliegen, wie bei dir –, diese Erscheinungen werden durch dein Unterbewußtsein hervorgerufen, und das ergeht vielen Menschen so.«
    »Dann passiert das wirklich?« Eileen war von neuem in Tränen ausgebrochen. »Was hatte ich für eine Angst! Ich dachte, ich würde wahnsinnig, oder alle Leute würden Lügen über mich erzählen … oder daß alle anderen verrückt geworden sind, eben weil sie all diese Sachen erzählten, obwohl ich doch wußte, daß ich nichts getan hatte. Zum Schluß hab’ ich mich gefragt, ob ich es doch getan habe und so durcheinander bin, daß ich mich gar nicht mehr daran erinnere. So was passiert also auch Leuten, die nicht verrückt sind und nicht … nicht …« Ängstlich unterbrach sich das Mädchen und warf Leslie einen Seitenblick zu.
    »Sprich ruhig weiter«, ermutigte Leslie sie.
    »Ich meine, auch normalen Leuten, die nicht so verdreht sind, daß sie ständig beim Gehirnklempner sitzen müssen, damit sie wieder in Ordnung kommen.«
    Der Satz stand zwischen ihnen in der Luft. Wenn Eileen so über mich denkt, wundert es mich nicht, daß sie sich so feindselig verhält, dachte Leslie. Aber sie wußte, daß genau das die unausgesprochene Botschaft aller Eltern an sämtliche Psychologen war: Hier ist mein Kind, das sich nicht so verhält, wie ich es gern möchte. Nehmen Sie es und machen Sie den Sohn oder die Tochter daraus, die ich mir wünsche.
    Allerdings hätte Eileen nichts davon, wenn Leslie jetzt ihren Berufsstand verteidigte und dem Mädchen dessen Stärken und Schwächen auseinandersetzte.
    »Eines wissen wir über Poltergeister: Fast jeder Mensch, der damit zu tun bekommt, wird von einem unlösbaren Problem gequält. Wenn er auf andere Weise damit fertig werden könnte, würde sein Unterbewußtsein sich gar nicht erst einschalten – das, was ich den kindlichen Teil von dir genannt habe, Eileen. Aber für gewöhnlich befinden diese Leute sich in einer Situation, die man ›Double-Bind‹ nennt. Das heißt, daß sie einfach nichts richtig machen können. So wie du. Du bist sehr wütend auf deine Mutter, weil sie dich verlassen hat, und auf deinen Vater ebenfalls. Aber du kannst nicht einfach weggehen und dich selbständig machen, weil du noch ein Mädchen bist und Eltern brauchst. Menschen, die sich in dieser Art von Double-Bind befinden, können ihrer Wut auf keine andere Art und Weise Ausdruck verleihen. Also schaffen sie sich einen Poltergeist, der das für sie übernimmt.«
    »Sie meinen, ich hätte das selbst verursacht? Ich wollte doch, daß es aufhört! Ich … ich habe geschrien, daß es aufhören soll …« Eileen verstummte und überlegte. »Aber irgendwie wollte ich den anderen auch Angst einjagen, ihnen ordentlich eins auswischen.«
    Leslie schwieg, um das Mädchen zum Weiterreden zu ermutigen. Sie hatte schon befürchtet, Eileen das alles zu schnell an den Kopf geworfen zu haben.
    »Zum Beispiel im Schulorchester … die Sache mit den Geigensaiten. Ich war stinkwütend auf die anderen Kinder und auf den

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