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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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brüllte er in Actons Richtung. »Folge deinem Herzen!«
    Acton grinste. »Heute ist ein guter Tag zum Kämpfen, Eddil!«, schrie er zurück.
    Es bestand kein Zweifel daran, dass er echte Freude empfand. Warte nur, bis der Kampf wirklich beginnt, dachte Bramble. Wegen ein paar Speeren zieht sich dieser Haufen nicht zurück.
    Und das taten sie auch nicht. Die Angreifer, dreißig Mann stark, kämpften sich den Hang herauf und rückten den Verteidigern zu Leibe. Eddil heulte auf und schwang sein
Schwert, aber nicht auf den Kopf des Mannes, wie Bramble erwartet hatte, sondern gegen seine Beine. Der Hieb wurde abgeblockt, und dieser Aufprall fuhr Eddil bis in den Arm hinauf und bescherte ihm taube Finger. Er hielt das Schwert jedoch fest und holte abermals damit aus. Sein Pulsschlag hatte sich nicht erhöht, und sein Atem ging regelmäßig. Also musste er trainiert haben, dachte Bramble. Sie bemühte sich, während des ohrenbetäubenden Lärms beim Hin und Her von Schlägen und Gegenangriffen, von denen jeder einzelne tödlich sein konnte, in sich selbst zu ruhen. Auf das Schlachtgetümmel war sie jedoch nicht vorbereitet. Und auch nicht auf den stechenden Schweißgeruch.
    Zwar konnte sie Eddils Gedanken nicht hören, doch sie nahm seine Gefühle wahr, wie es auch bei dem Mädchen auf dem Berg der Fall gewesen war. Er war überschwänglich und fühlte sich absolut lebendig, so, wie es ihr während der Jagdrennen immer gegangen war. Sie konzentrierte sich auf den Mann, gegen den Eddil kämpfte, versuchte aber, ihn nicht als ihren eigenen Feind zu sehen. Sie schätzte ihn auf etwa vierzig, er war schmächtig, und seine Augen lagen tief in den Höhlen, als habe er schon eine ganze Weile nicht mehr geschlafen. Jeder Schwerthieb ermüdete ihn mehr, Eddil drängte immer stärker nach vorn und veränderte dabei den Griff um sein Schwert, sodass er, als das Schwert seines Gegners einen Moment herabhing, sein eigenes unerwartet als Dolch benutzen konnte und es dem Mann in die Seite stieß. Der Rothaarige ging röchelnd in die Knie. Eddil zog das Schwert aus dem Körper heraus und ignorierte den Blutschwall, der aus der Wunde quoll. Er stürzte davon, um sich dem nächsten Krieger zu stellen, und schrie: »Harald, Harald!« Dann krachte ihm etwas - es fühlte sich an wie ein Schwert, ein Speer oder ein Holzklotz - auf den Kopf, und er geriet ins Taumeln. Während sich sein Sichtfeld verdunkelte
und das Wasser anstieg, um Bramble fortzuspülen, hörte sie erneut Actons jubelnden Schlachtruf und dann sein Lachen. Die alten Lieder stimmen also, dachte sie, er hat wirklich beim Töten gelacht.

    Ich bin in einem größeren, älteren Körper, dachte sie als Erstes. Blinzelnd schaute sie in den Sonnenuntergang Richtung Westen, bis eine Hand an die Augen gehalten wurde, um sie vor dem Licht abzuschirmen. Diese Hand kannte sie. Bramble kramte in ihrer Erinnerung, um auf den Namen zu kommen. Ja, es war Gris, davon war sie überzeugt. Aha, nun also steht das erste Treffen mit dem Onkel bevor, dachte sie.
    Gris beobachtete eine Biegung des Pfades, der von der anderen Seite der Berge im Westen in das Tal führte. Als tatsächlich Reiter auftauchten, benötigten sie nur wenige Minuten, um bis zu ihm zu gelangen.
    Asa ritt voraus, hinter ihr Acton, dem vier beladene Ponys folgten. Bramble fiel auf, dass Acton ein paar Jahre älter war - vielleicht siebzehn oder achtzehn. Das hier war also offensichtlich nicht ihr erstes Treffen. Gris rief ihnen »Willkommen!« zu, kaum dass sie aufgetaucht waren, und brüllte dann in Richtung des Gehöfts: »Sie sind da!«
    Nachdem Asa und Acton von den stämmigen kleinen Pferden abgestiegen waren, umarmte Gris sie nacheinander, während seine Leute sich beeilten, die Pferde in die Ställe zu bringen. Acton ließ sich Zeit damit, die Satteltasche von seinem Pony zu nehmen und sich dann von Gris am Arm in die Halle geleiten zu lassen.
    Die Halle war kleiner als die auf Haralds Hof, und an den Wänden hingen weder Schilde noch Speere als Verzierung. Stattdessen waren Geweihe und Tierhäute an die Wand genagelt worden, Fangzähne von Ebern, ja sogar eine Adlerkralle. Bramble gefiel es nicht, Trophäen des Todes vorgeführt
zu bekommen. Andererseits waren das hier Menschen, die Jagen höher einschätzten als Kämpfen, so wie sie selbst es auch tat. Diesem Gedanken hing sie ein wenig nach. Sie erinnerte sich an Gelegenheiten, bei denen sie gejagt hatte, um zu überleben oder ihre Familie zu ernähren. Aus diesem

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