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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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und behielt den anderen fest in meiner zur Faust geballten Hand. Wenn ein Satz vervollständigt wird, verändern sich die Rufe der Steine. Bloß ein bisschen. Dieses Mal geschah dies nicht. Der leere Stein machte keinen Unterschied. Ich löste meine Umklammerung um den anderen Stein und legte ihn in den Beutel.
    Die Steine begannen zu singen. Genau wie sie für den Lehrling gesungen hatten, genau wie sie für andere Steinedeuter gesungen hatten, denen ich Beutel übergeben hatte.
    Sie sangen für mich.
    Ich hätte glücklich sein sollen. Immerhin sangen sie. Aber ich hatte Angst, und einen Moment später wusste ich, dass der Satz zwar sang, doch nicht für mich. Sie riefen ihren Steinedeuter. Die Rufe wurden zu Noten, tiefen und hohen. Unter ihnen allen hörte ich die neue Note heraus, den Ruf des schwarzen Steins. Das Geräusch einer sich verändernden Welt.

Leof
    Nachdem sie in der Nacht nur kurz gerastet hatten, marschierten die Männer am nächsten Nachmittag durch Sendat. Sie sahen zerlumpt und erschöpft aus, sogar die Offi - ziere zu Pferd. Thegan ließ sie marschieren, erlaubte jedoch den Familien und Freunden, neben ihnen herzugehen und ihnen zusätzliche Verpflegung oder Ausrüstungsgegenstände zuzustecken und ein oder zwei Küsse zu erhaschen, sofern die Männer dadurch nicht ihr Tempo verringerten.
    »Wer weiß, welchen Unterschied eine Stunde ausmacht?«, sagte er zu Leof, der neben ihm durch die Stadt ritt.
    »Wir haben siebenunddreißig Äxte verschiedener Art fertig, mein Lord«, erstattete Leof Bericht. »Ich habe sie auf einen Karren verladen lassen, sodass die Männer sie nicht tragen müssen und damit Kraft vergeuden. Dazu eine Menge Sauspieße.« Dieser Gedanke war ihm spät am vergangenen Abend gekommen, und er hatte jeden Jäger in Sendat aufgesucht, um ihre Spieße zu bekommen. An Sauspießen war auf halber Höhe des Schafts ein so genannter Auflaufknebel befestigt, der verhindern sollte, dass das angreifende Wildschwein einfach durch den Spieß lief und, was häufig geschah, seinerseits so den Jäger durchbohrte. Manche Wildschweine waren zu starrköpfig, um zu erkennen, wann sie tot waren. So wie die Geister auch.
    Thegan nickte. »Du hast in kurzer Zeit viel erreicht.«

    »Otter ritt auf der Suche nach Euch durch Sendat, mein Lord. Lady Sorn gab den Befehl, die Äxte fertig zu stellen.«
    Belustigt hob Thegan eine Braue. »Sie ist ja plötzlich ganz kriegerisch.«
    »Sie tut alles, um Euch und Euren Männer zu helfen«, erwiderte Leof.
    Thegan nickte. »Man merkt, dass sie die Tochter eines Kriegsherrn ist. Da sie ihr ganzes Leben lang in einer Festung gelebt hat, dürfte sie wohl ein wenig von Kriegsführung verstehen.« Er dachte nicht weiter darüber nach und wandte sich anderen Dingen zu. »Die Festung …«
    »Jawohl.« Leof nickte. »Die alten Befestigungsanlagen werden die Geister nicht aufhalten. Es werden neue errichtet und weitere Äxte und mehr Sauspieße geschmiedet werden müssen. Heute Morgen ist der Aufruf an die Eidknappen herausgegangen.«
    »Gut. Ich überlasse Euch Alston für ihre Ausbildung; er ist vertrauenswürdig. Sagt ihm die Wahrheit. Die Männer werden die Vorräte auffüllen müssen. Wir wissen nicht, was wir in Carlion vorfinden.«
    »Zumindest essen Geister nicht viel«, sagte Leof trocken. »Sie werden das Land nicht abgrasen, wie es ein lebender Feind täte.«
    »Wer weiß schon, was diese Geister tun. Wenn sie aus Fleisch sind, essen sie vielleicht auch.« Thegan machte eine Pause, während er seine nächsten Worte sorgfältig abwägte. »Ich weiß, dass Ihr lieber mit mir in die Schlacht ziehen würdet, aber ich brauche hier jemanden, dem ich vertrauen kann. Die Nachschublinien und Vorräte sind das Herzstück der Kriegsführung, ganz gleich was die alten Lieder sagen. Mit leerem Magen und leeren Händen werden Männer nicht für die Ehre kämpfen.« Sie waren am Ende der Stadt angelangt, und Thegan bedeutete den Leuten aus
der Stadt, sich zurückfallen und die Männer ziehen zu lassen.
    »Ich werde mein Bestes tun, mein Lord«, sagte Leof förmlich und salutierte. Thegan erwiderte die Ehrenbezeigung ernst, mit der Hand auf dem Herzen. Dann lächelte er.
    »Gib mir auf die Festung Acht, Junge«, sagte er, trieb den Fuchs, auf dem er ritt, mit den Sporen zu einem kurzen Galopp an und übernahm die Führung. Dabei folgte ihm sein Bannerträger so dicht auf dem Fuß, dass das goldene und braune Banner hinter ihm schwebte. Das gekreuzte Schwert und der Speer

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