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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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das war nicht wenig.
    Mutterschaft war nichts, was Bramble sich ersehnte. Doch es war ihr durchaus vertraut, sich um etwas Kleines, Weiches
und Verletzliches zu kümmern. Schließlich hatte sie viele handgefütterte Kälber und Zicklein aufgezogen. Piper schaute Searose zum ersten Mal richtig an, seit sie am Strand Wache gehalten hatte. Bramble spürte, wie eine Mischung aus Gefühlen in ihr hochkam, eine weiche, wärmere Art der Liebe, Mitleid, Kummer um den Vater, den Searose nie kennen lernen würde, und eine große, bis ins Mark gehende Angst, dass das Baby ebenfalls sterben könnte. Eine Angst, die nicht unberechtigt war, dachte Bramble in Erinnerung an River Bluff und die Kinder, die dort ums Leben gekommen waren.
    Die Frauen gingen auf ihre Männer zu, die sie geliebt hatten, und sprachen leise zu ihnen, sagten ihnen all das, was sie ihnen zu Lebzeiten nicht hatten sagen können. Immerhin hatte Tern ihnen diese Möglichkeit verschafft. Alle Frauen schienen so sehr mit dem Herzen dabei zu sein, dass sich Bramble fragte, ob es denn gar keine unglücklichen Ehen in Turvite gegeben habe. Doch als Tern die Geister erst die Anhöhe herauf und dann herunter durch die Stadt führte, gefolgt von Crab und den anderen Frauen und Kindern, sah Bramble, dass die Frauen, die nicht mit dem Herzen dabei waren, sich währenddessen damit beschäftigt hatten, ihr Hab und Gut zu verpacken und sich für die Abreise fertig zu machen. Vor vielen Häusern standen Handkarren, in Türen standen Taschen, und Frauen wiesen ihre Kinder an, alles mitzunehmen, was sie nur tragen konnten. Nur die wirklich Trauernden waren auf die Anhöhe gegangen, um die Toten zu begraben.
    Als die Geister vorbeigingen, kamen die Frauen aus den Häusern, zogen ihre Kinder in die Hauseingänge zurück, machten das Zeichen, mit dem Unheil abgewendet wurde, um sich dann, als stünden sie unter einem Bann, den Frauen anzuschließen und ihnen zu folgen. Schweigend marschierten
sie zur Klippe. Einige Frauen gingen neben ihren Männern, andere dahinter.
    Acton sah sie kommen. Obwohl seine Männer Bierfässer an sich genommen hatten und sich daraus reichlich bedienten, hatte er dennoch Wachen postiert. Er stand ein wenig abseits und sprach - stritt - mit Asgarn. In der Nähe stand Baluch und hörte zu. Baluch zu sehen ließ das seltsame Gefühl in Bramble aufkommen, er solle sie wahrnehmen. Mittlerweile kannte sie ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht glücklich mit dem war, was Asgarn sagte. Diese außergewöhnliche Missbilligung hatte sie oft genug verspürt. Als der Wachtposten einen Warnruf ausstieß, drehten sich die drei Männer gleichzeitig um und hatten plötzlich Schwerter in der Hand, die in der mittäglichen Sonne glänzten.
    Zunächst ertönten Schreie und Warnungen, als Acton seine Männer zur Ordnung rief. Sie sprangen von dort, wo sie ausgestreckt gelegen hatten, ein wenig schwankend auf, doch Bramble erkannte, dass sie nicht wirklich betrunken, sondern lediglich ein wenig angeheitert waren. Mit Sicherheit waren sie nüchtern genug, um töten zu können. Sie packten ihre Schwerter und präsentierten ihre Schilde, auch wenn sie ganz offenkundig nicht wussten, was vor sich ging.
    Dann erkannte die erste Reihe der Soldaten, was sich ihnen entgegenstellte. »Geister!«, schrien sie. »Die Toten kehren zurück!« Sie wichen mit blutleeren Gesichtern zurück, bis sie am Rand der Klippe standen und nicht mehr weiterkonnten. Sie waren in Angst und Schrecken versetzt. Einige kauerten sich nieder, um zu beten, andere ließen wild ihren Blick nach einem Ausweg umherschweifen.
    Die Frauen blieben zurück, doch Tern und die Geister traten vor. Einer von Actons Männern schrie: »Ich habe dich getötet, ich habe dich getötet, du bist tot!«, und sprang von der Klippe herunter. Seine Kameraden nahmen es kaum wahr.

    Während sie sich Acton näherten, fiel Bramble auf, wie klein die Geister wirkten. Sie waren viel kleiner gewachsen und auch schmächtiger. Verglichen mit den hochaufgeschossenen, muskulösen Kämpfern wirkten sie fast wie Kinder.
    »Wer ist hier der Anführer?«
    Acton trat vor. Im Gegensatz zu den Geistern wirkte er farbenfroh. Seine blauen Augen leuchteten, sein Haar schien golden, seine Haut glänzte vor Gesundheit. Sogar das schlichte Graubraun seiner Kleider wirkte im Vergleich zu den bleichen Männern aus Turvite bunt. Er war quicklebendig, lebendiger als jeder andere hier, sogar als Tern, so schien es Bramble. Sie fühlte sich erleichtert,

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