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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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sagen. Wir gehen zu dem Ort,
über den nicht gesprochen werden darf«, sagte Ash, dem es widerstrebte, auch nur dies preiszugeben. Er warf Flax einen raschen Blick zu. Als er begriff, dass diese Worte dem Jungen überhaupt nichts sagten, betrachtete er ihn eingehend.
    »Und wo soll das sein?«, fragte Flax.
    »Hat dein Vater dich denn nicht dorthin mitgenommen?« Ash war verblüfft. Wenn er es nicht falsch verstanden hatte, war Flax doch sein ganzes Leben lang auf der Straße gewesen und seine Eltern auch noch bis vor ein paar Jahren. Flax schüttelte den Kopf.
    Ash wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Es war nicht seine Aufgabe, Flax von den Tiefen zu erzählen, sondern die seines Vaters. Tatsächlich war es verboten, darüber zu sprechen.
    »Dein Vater war Wanderer?« Bevor er mehr dazu sagte, musste er dessen sicher sein.
    Flax nickte. »Ja, das war er.«
    Kein Zweifel, Flax redete wie ein Wanderer, obwohl er noch in Oakmere mit Bramble so geplappert hatte, als wäre er als Blonder auf die Welt gekommen. Ash tat es mit einem Schulterzucken ab. Nach intensiver Schulung durch Doronit sprach er selbst meistens auch wie einer von Actons Leuten. Viele Wanderer sprachen mit zwei Zungen. Aber er musste sich davon überzeugen, dass Flax das Recht hatte, in die Tiefe zu gehen.
    »Und dein Großvater? Der Vater deines Vaters?«
    »Er starb, als Papa noch ein Baby war. Papa wurde von seiner Mama großgezogen, Radagund, der Pferdezauberin.«
    Von Radagund hatte selbst Ash schon gehört. Flax war sehr stolz auf seine berühmte Großmutter. Dies erklärte auch, warum er nichts von der Tiefe wusste. Sein Großvater hatte seinen Vater nie dorthin mitgenommen. Aber das hätten andere Wanderer doch übernehmen können, oder nicht?

    Feinfühlig fragte er: »War deine Großmutter mit anderen Wanderern befreundet?«
    Flax zuckte mit den Schultern. »Ich glaube schon. Aber die meiste Zeit hat sie für Actons Leute gearbeitet. Wanderer haben ja nicht so häufig Pferde.«
    Hier also war ein junger Wandererbursche, der noch nie etwas von der Tiefe gehört hatte. Tja, es bestand kein Zweifel daran, dass er ein Recht hatte, davon zu erfahren, auch wenn Ash nicht die perfekte Wahl dafür war, ihm darüber zu berichten. Und außerdem gab es das Verbot, die Tiefe draußen zu erwähnen. Das musste er respektieren.
    »Bevor ich dir sage, wohin wir reiten, musst du mir versprechen, nichts von dem, was ich dir sage, jemandem weiterzuerzählen. Keinem gegenüber darfst du auch nur ein Wort davon erwähnen. Vor allem Frauen nicht. Aber auch nicht gegenüber anderen Wanderern. Wenn du es doch tust … wirst du sterben.«
    »Was, bringst du mich dann um?«
    Ash schaute erst zu Boden und dann mit harter Miene Flax direkt in die Augen. »Wenn ich dazu gezwungen bin.«
    Flax’ Augen weiteten sich, und dann grinste er, als wäre es ein Abenteuer.
    »Ich verspreche es.«
    Ash traute keinem Versprechen aus Flax’ Mund, war sich jedoch sicher, dass er das Geheimnis hüten würde, wenn die Dämonen in der Tiefe ihn erst einmal in ihren Bann geschlagen hatten.
    »Wir gehen an einen Ort … ein Ort, wohin Männer gehen. Männer des alten Bluts. Nur Männer.«
    Brennend vor Neugierde, beugte sich Flax in seinem Sattel vor und starrte Ash intensiv an. Als Reaktion auf diese Gewichtsverlagerung erhöhte Cam ihr Tempo, doch Flax ließ sie wieder in den Schritt fallen.

    »Weshalb?«
    Ash zögerte. »Das kommt darauf an. Es hat etwas mit dem Handwerk zu tun, dem sie nachgehen. Es hängt davon ab, wer sie sind …. wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen. Was machst du?«
    »Ich? Oh, ich singe«, sagte Flax.
    Ash war, als hätte ihm jemand zeitgleich in den Magen getreten und auf den Kopf geschlagen. Warum hatte ihm das niemand gesagt ? Weil Martine es nicht wusste und weil die anderen nicht wussten, dass es für ihn von Bedeutung war.
    »Ein Sänger?«, zwang er sich zu fragen. Dabei dachte er: Bitte, Götter, macht, dass er sein Handwerk schlecht versteht.
    »Mmm«, erwiderte Flax. Er trug ein fröhliches Lied über einen Sommertag vor.
    Hinauf steigt die Sonne am frühen, frühen Morgen.
    Am frühen, frühen Morgen,
    Bei der frühen Dämmerung.
    Hinauf schwingt sich die Lerche im ersten Licht des Tagesanbruchs,
    Das erste Licht des Tagesanbruchs,
    Wenn das Gold das Grau verdrängt.
    Ash erinnerte sich daran, wie seine Mutter dieses Lied gesungen hatte. Er erinnerte sich daran, wie er es gelernt hatte. Flax’ Stimme erhob sich so klar und deutlich wie

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