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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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zu zittern. Sie vollzog den letzten Schritt des Rituals, jenen, der ihr stets am schwersten fiel, und ergab sich dem Gott des Feuers, doch es gab immer, immer einen kleinen Teil in ihr, den sie nicht gab, nicht geben konnte. Ihre Augen schlossen sich, und das Feuer erfüllte ihren Geist.
    Und erlosch.
    Langsam machte Martine die Augen wieder auf und stieß einen Laut der Enttäuschung und Frustration aus. Das Anmachholz war sauber heruntergebrannt, ohne etwas zu hinterlassen. Keine Asche, keine Holzkohle. Nichts, was darauf hingedeutet hätte, dass hier ein Feuer gebrannt hatte. Natürlich.
Das war jedes Mal so, wenn das Ritual gut verlaufen war.
    Es hatte nur kurz gedauert, aber dies war ja auch erst die erste Nacht. Ein Vorspiel, mehr nicht. Die Hitze in ihr ließ nach, hinterließ jedoch etwas. Frustration. Bereitschaft. Ihre Sinne waren geschärft, sodass sie alles wahrnahm, die kühle Brise des Sees, das Murmeln der Bäume, die tiefe Schwärze des Altars im Mondlicht.
    Zel wischte sich den Schweiß von der Stirn und zitterte.
    Sie schauten einander an, um sich zu vergewissern, dass auch die andere wieder in der Lage war, sprechen zu können. Dann sagten sie gemeinsam: »Das Feuer wird niemals erlöschen.«
    Schließlich drehten sie sich um und bahnten sich langsam, vorsichtig ihren Weg zurück über das Wasser und zurück zum Lager. Das Lagerfeuer war aufgelodert, wie es Feuer in der Nähe des Rituals immer taten. Sie belegten es mit Asche und inspizierten die Umgebung sorgfältig. So nah am Wald konnte jeder Funke eine Katastrophe auslösen.
    Dank der Götter - oder des Feuers - schlief Safred nach wie vor in ihrem Zelt.
    »Wenn Bramble aufgewacht ist«, flüsterte Zel, bevor sie unter ihre Decken krochen, »gehen wir zurück nach Oakmere, nicht wahr?«
    Martine nickte.
    Zel grinste. »Gut. In Oakmere sind eine Menge viel versprechender Jungen! Ich liebe die Woche nach der Tagundnachtgleiche!«
    Prustend hielten sie sich die Hand vor den Mund. Martine wusste, dass sie sich benahm wie ein albernes Mädchen, aber es war ihr gleich. Auch das gehörte mit zum Ritual. Zel hatte Recht. Wanderinnen, die nicht verheiratet waren, kamen von der drei Nächte umfassenden Wache mit dem Feuer
bereit und willig zu dem ersten gut aussehenden Mann, der ihnen über den Weg lief, zurück. Das war einer der Gründe, weshalb sie im Ruf standen, freigiebig mit ihrem Körper umzugehen. Aber die Woche nach der Tagundnachtgleiche zu erleben war es wert, den Rest des Jahres diesen Ruf zu haben.
    Martine nahm ihre Decken und streckte sich neben Bramble, die unruhig mit den Beinen strampelte, aus. Sie zog die Decke glatt, damit Brambles Beine zugedeckt waren, und überprüfte das Tuch, das sie unter sie gelegt hatten. Es war noch trocken, sodass sie ihr noch einmal Wasser zu trinken gab. Sie hatte bereits eine Menge geschwitzt, und wenn man nicht aufpasste, konnte sie an Wassermangel sterben.
    Martine fiel es schwer zu schlafen. Nach wie vor pulsierten Verlangen und Erregung in ihr. Sie erinnerte sich an Zeiten nach der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche, vor allem an jene, als Elva erwachsen war und sie sich frei dafür gefühlt hatte, auszugehen und ihr Vergnügen zu suchen. Sie lächelte in die Dunkelheit hinein. In der Woche nach der Tagundnachtgleiche zu bumsen, wenn alle Sinne zum pulsierenden Leben gebracht worden waren, war mit nichts anderem zu vergleichen. Allerdings war es lange her, dass Martine sich dies gegönnt hatte. Zu lange, dachte sie. Viel zu lange.

Bramble
    Ihr Mund war voller Asche. Sie verschluckte sich daran, drohte zu ersticken und hustete, um ihre Kehle freizubekommen. Sie hustete so heftig, dass ihr die Tränen flossen und sie nichts mehr sehen konnte. Dafür hörte sie, wie ein Mann sie in einem Tonfall anschrie, der deutlich machte, wie sehr er es gewohnt war, dass man ihm gehorchte. Er hatte eine Stimme wie eine Trommel.
    »Die Götter sprechen nicht zu Kindern! Sie sprechen nicht zu halb erwachsenen Jungen, denen ihre Stiefel nicht passen! Die Götter sprechen nur zum Stammesführer. So ist es. So wird es immer sein.«
    Wie ein Echo murmelten andere Stimmen zustimmend: »So ist es. So wird es immer sein.«
    Die Stimme wurde leiser, aber sie klang dadurch auch bedrohlicher. »Verstehst du, Baluch?«
    Baluch konnte nicht antworten, so geschüttelt wurde sein Körper von Husten. Aber er nickte.
    »Ein Mund voll Asche ist der Preis dafür, deinen Stammesführer belogen zu haben. Wärst du erwachsen, hätte ich dir

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