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Die Hueterin der Geheimnisse

Die Hueterin der Geheimnisse

Titel: Die Hueterin der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Knien aufwärts. Darunter fühlte er sich taub vor Kälte an. Auf halbem Weg verschwand der Mond hinter den Wolken, und der Rest des Aufstiegs musste im Stockdunkeln bewältigt werden, sodass sie ihren Halt für Hände und Füße ertasten mussten und nach unsichtbaren Felsvorsprüngen griffen, ohne zu wissen, wie sicher sie auf dem Fels standen, der nun eher eine Klippe als einen Grat darstellte.
    Baluchs Aufmerksamkeit fokussierte sich auf das Gefühl in seinen Händen, auf den Fels unter seinen Füßen. Gelegentlich zuckte er zusammen, wenn Acton mit seinen Stiefeln einen Gesteinsbrocken lostrat und dieser an ihm vorbeipolterte. Ein faustgroßer Stein prallte ihm gegen die Schulter,
und er verlor das Gleichgewicht. Mit wild pochendem Herzen suchte er festen Halt, tastete umher, bis er einen sicheren Griff an der Felswand gefunden hatte. Bramble spürte, dass er tief in seinem Inneren zitterte. Er holte tief Luft, wobei ihm die Kälte in die Lungen stach, und begann erneut zu klettern, sein Zittern und sein wild schlagendes Herz ignorierend. Wenig später erreichten sie einen Felsvorsprung, und Acton kauerte sich mit dem Rücken zum Kliff hin. Baluch gesellte sich zu ihm, und sie beide versuchten, zu Atem zu kommen. Auch Acton war erschöpft.
    Nach kurzer Zeit erhob sich Baluch und wies in eine Richtung entlang des Vorsprungs. Er schob sich auf einen großen, weißlichen Felsblock zu, der den Weg versperrte. Bramble war zunächst verdutzt, dass sie es sehen konnte. Zuvor war die Nacht so dunkel gewesen. Woher kam das Licht? Dann begriff sie, dass es schneite und dass das, was sie sah, der Schnee auf dem Gipfel des Felsens war, der das wenige vorhandene Licht reflektierte. Nach der Menge des Schnees auf dem Sims und dem Felsen zu urteilen, hatte es schon eine Weile geschneit, aber Baluch hatte sich derart auf den jeweils nächsten Halt, den nächsten Schritt konzentriert, dass er es gar nicht bemerkt hatte, und so hatte sie es ebenfalls nicht wahrgenommen.
    Zwischen dem Geröllblock und der Felswand war eine Spalte, und in diese zwängten sie sich hinein. Acton hatte dabei mehr Mühe als Baluch. Hinter der Felswand beschrieb der Sims eine Kurve und endete an einem Höhleneingang. Diesen konnten sie nur erkennen, weil das Gestein dort wesentlich dunkler als der ihn umgebende Fels war. Im Windschatten des Geröllblocks war es leiser. Baluch trat an den Höhleneingang heran und nahm sich den Schal vom Mund. Er war steif vor Schnee und Eis. Acton räusperte sich.
    »Friede?«, rief er. »Friede?«

    »Psst!«, drang ein wütendes Flüstern aus der dunklen Höhle. »Psst! Du weckst sie auf!«
    Ein scharrendes Geräusch war zu hören, und dann streckte jemand den Kopf aus der Höhle hervor. Bramble konnte kaum etwas sehen, obwohl Baluch dicht davor stand. Die Stimme und der Hut deuteten darauf hin, dass es ein Kind jedweden Alters sein konnte, ob Junge oder Mädchen. Doch Acton hatte diesen Ausdruck auf dem Gesicht, den Bramble schon so oft bei anderen gesehen hatte, als sie selbst jung gewesen war; es war der Ausdruck, der bedeutete, »dieses Mädchen verhält sich nicht so, wie es sollte«. Trotz der Tatsache, dass Friede dafür verantwortlich war, dass sie diesen entsetzlichen Aufstieg hatten in Angriff nehmen müssen, stellte sie fest, dass sie Sympathie für sie empfand.
    »Wen wecken wir auf?«, fragte Baluch.
    »Psst! Die Bärin!«
    Beide Jungen machten unwillkürlich einen Schritt zurück, und Friede gab einen vorwurfsvollen Laut von sich. »Schon gut, sie hält Winterschlaf. Aber wenn ihr zu viel Lärm macht, wacht sie auf.«
    »Du hast ein Problem«, sagte Acton. »Und was noch schlimmer ist, du hast Baluch ein Problem eingehandelt.«
    Friede trat nun ganz aus der Höhle heraus und stellte sich unsicher auf den Sims. Erstaunt sah Bramble, dass sie zum Teil gelähmt war und links mit einer Krücke ging. Sie war klein, vielleicht sieben oder acht Jahre alt.
    »Wie bist du überhaupt hier hoch gekommen?«, fragte Baluch gereizt.
    »Ich bin von dort oben herabgestürzt«, sagte Friede und deutete dabei auf den Gipfel der Klippe. »Es ist kein schwieriger Marsch dorthin, wenn man den langen Weg um den Berg herum nimmt. Aber dann kam ich nicht mehr runter. Wie man sieht.« Sie wirkte eher irritiert als verängstigt oder
verärgert, und Bramble korrigierte ihre Einschätzung von Friedes Alter nach oben, wusste jedoch nicht, wie weit.
    »Also hast du dir eine Bärenhöhle gesucht?«, fragte Acton. An seiner Miene konnte

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