Die Hueterin der Krone
ganz vertrauen, Herrin.«
»Kann ich das?« Ihre Stimme klang zweifelnd. »Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich niemandem mehr vertrauen kann.«
Brian rutschte auf der Bank herum und verschränkte die Arme vor der Brust, während er Robert of Gloucesters Vorschlägen für einen dauerhaften Frieden lauschte. Er wusste, dass Stephens Partei wahrscheinlich nicht darauf eingehen würde, obwohl die Bedingungen akzeptabel waren und Robert seine Argumente beredt begründete.
Königin Maheut beugte sich mit einem gequälten Gesichtsausdruck auf ihrem Sitz vor, als habe sie Mühe, Roberts Worten zu folgen. Sie gab sich gönnerhaft und autoritär. Neben ihrem Stuhl stand ein leerer Thron, der daran gemahnen sollte, dass der König auch in Abwesenheit ein Teil der Verhandlungen war und alles erfuhr, was hier besprochen wurde.
Maheut war klein und untersetzt, hatte engstehende Augen, dunkle Brauen und einen affektiert verzogenen Mund, der kleine perlweiße Zähne verbarg. Matilda bezeichnete sie oft als Terrier, ein treffender Vergleich, doch trotz seiner Belustigung wusste Brian, wie gefährlich ihre hartnäckige Zähigkeit war. Sie war Stephen treu ergeben, und ihr mütterliches Wesen weckte in anderen Menschen häufig loyale Gefühle. Wenn sie mit Stephen in der Öffentlichkeit auftrat, hielt sie den Blick gesenkt und schwieg und spielte die Rolle der bescheidenen, unterwürfigen Ehefrau. Aber vermutlich ging es hinter der Tür ihrer Schlafkammer anders zu.
Die Kaiserin hingegen vermochte ihr schroffes Naturell nicht durch solche weichen Züge zu mildern. Wenn sie einen Mann für einen Narren hielt, sagte sie es ihm in Gegenwart anderer offen ins Gesicht und ließ keine Entschuldigung gelten. Sie war hochgewachsen, schlank, schön und begehrenswert – wie eine Mätresse, und während nur wenige Männer ihre Mütter schlagen würden, kannte Brian viele, die die Hand gegen ihre Mätressen erhoben oder sie wegen anderer Frauen verließen.
»Ihr verlangt Unmögliches, Mylord«, sagte Maheut zu Robert. »Mein Mann ist der gesalbte, von den Baronen und Bischöfen Englands auf den Thron gesetzte König. Er wird die Macht weder mit Eurer Schwester teilen noch ihren Anspruch anerkennen.«
»Sie ist das einzige noch lebende legitime Kind meines Vaters«, hielt Robert dagegen. »Alle Barone haben ihr lange vor Eurem Mann den Treueeid geleistet. Außerdem ist sie der einzige Nachkomme eines herrschenden Königspaares und verdient deswegen Respekt und Anerkennung.«
»Ihr Vater hat seine Barone auf dem Sterbebett von diesem Eid entbunden«, erwiderte Maheut ebenso bestimmt. »Über diesen Punkt können wir eine ganze Woche lang diskutieren, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. Wir können der Gräfin von Anjou die Burgen überlassen, die ihr bei ihrer Hochzeit als Mitgift zugestanden wurden, aber dann müsste sie England verlassen, und der Krieg in der Normandie hätte ein Ende.«
»Ihr könnt der Kaiserin nicht zugestehen, was sich bereits in ihrem Besitz befindet«, versetzte Robert. »Meine Schwester hat ein Anrecht auf die Krone Englands und die der Normandie. Sie wird in der Normandie herrschen, während ihr Sohn zu einem Mann heranwächst, und zu gegebener Zeit wird er der Erbe Englands werden. Zu diesem Zweck wird man ihn hierherbringen, und die Barone werden ihm die Treue schwören.«
Maheut lehnte sich zurück und umklammerte die Lehnen ihres Stuhls. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Die Leute haben meinem Mann unter anderem Loyalität geschworen, weil sie ihn und seine Familie kannten. England und die Normandie legen keinen Wert darauf, von Anjou aus von einer Frau regiert zu werden, die ihr ganzes Leben an fremden Höfen verbracht hat und unsere Sitten und Bräuche nicht kennt. Hätte Henry seine Tochter auf dem Thron haben wollen, hätte er sie auf seinem Sterbebett zu seiner Nachfolgerin bestimmt.«
»Was er wahrscheinlich getan hat und was dann unter den Teppich gekehrt wurde«, gab Robert zurück. »Heutzutage werden Eide gekauft und verkauft wie Käse auf dem Markt. Vielleicht möchten England und die Normandie nicht von Blois und der Boulogne … und Frankreich regiert werden. Vielleicht wünscht sich England einen König von wahrem Geblüt auf dem Thron, einen Erben von König Henry und dem König von Jerusalem.«
Maheuts Rückgrat war so starr wie die Rücklehne ihres Stuhls. Ihr ältester Sohn war früher in diesem Jahr mit der Tochter des französischen Königs verlobt worden. »Ihr wollt, dass die
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