Die Hueterin der Krone
um sie schloss. Sie nahm kaum noch wahr, dass er sie zum Bett schleifte. Dann durchzuckte sie der entsetzliche Gedanke, er könnte sie vor den Augen aller seiner Kumpane vergewaltigen. Sein weingeschwängerter Atem schlug ihr entgegen, als er seinen Gürtel löste und sie an den Fuß des Bettes fesselte. »Du wirst lernen, das zu tun, was dir gesagt wird!«, keuchte er. Nach einem letzten Tritt in ihre Rippen rannte er zur Tür und riss sie auf, sodass der ganze Hofstaat sie begaffen konnte. »Es ist niemandem gestattet, ihr zu helfen oder sie zu berühren oder auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln«, stieß er wütend hervor. »Habt ihr verstanden? Wer sich darüber hinwegsetzt, dem ergeht es genauso wie ihr!« Er bahnte sich einen Weg durch die Menge, während er sich das Blut abtupfte, das ihm über das Gesicht rann. Die Leute traten zur Seite. Einige wirkten zutiefst schockiert, doch viele nickten zustimmend. Eine widerspenstige Frau musste in ihre Schranken gewiesen werden, auch wenn sie einen noch so hohen Rang bekleidete.
Matilda lag reglos auf dem mit Binsen bestreuten Boden. Sie spürte, wie Blut aus ihrer aufgeplatzten Lippe tropfte. Ein Auge schwoll zu, und jeder Atemzug bereitete ihr furchtbare Qualen. Aber sie vergoss keine Träne. Weinen wäre zu schmerzhaft gewesen, und sie stand zu sehr unter Schock, als dass sie hätte schluchzen können, selbst wenn sie gewollt hätte.
Während sie so hilflos dalag und dem Stimmengewirr hinter der offenen Tür lauschte, wünschte sie sich fast, dass sie vor Scham und Demütigung starb, aber die in ihr gärende heiße Wut hielt sie aufrecht. Sie hörte einige von Geoffreys Kumpanen schadenfroh kichern, doch sie wusste, dass viele sich auch abgestoßen fühlten. Ein Mann hatte das Recht, seine Frau zu schlagen, wenn sie sich ihm widersetzte, aber wer zu weit ging, stellte sich letztendlich selbst ein Armutszeugnis aus.
Matilda konzentrierte sich darauf, kurz und flach zu atmen. Sie wusste nicht, welcher Teil ihres Körpers am meisten schmerzte: ihr Gesicht, ihre Rippen oder ihre Arme. Der Gürtel, mit dem er sie gefesselt hatte, scheuerte ihre Handgelenke auf; ihre Hände begannen zu kribbeln und wurden taub. Sie schwor sich, dass sie überleben würde. Was Geoffrey ihr auch antat, er würde nicht gewinnen. Die Stimmen im Vorraum ebbten ab, dann trat Stille ein. Eine Burgkatze schlich herein, ließ sich in der Nähe des Kamins nieder und putzte sich mit ihrer rauen, rosigen Zunge. Matilda verfolgte ihre geschmeidigen Bewegungen und fragte sich, ob sie sich je wieder rühren konnte.
Geoffrey kehrte erst einige Stunden später zurück. Inzwischen waren ihre Muskeln steif geworden, und jede Bewegung wurde zur Qual. Er stolzierte zum Tisch hinüber, schenkte sich mehr Wein ein, trat zum Fuß des Bettes, kniete sich nieder und berührte die geschwollene Seite ihres Gesichts.
»Nun, nun«, sagte er weich. »Füge dich meinen Wünschen und benimm dich, wie es sich für eine gute, gehorsame Ehefrau geziemt, dann verlieren wir kein Wort mehr darüber.« Er richtete sie auf und lehnte sie gegen die Bettkante, wobei sie unwillkürlich leise aufschrie. Geoffrey musterte sie und biss sich auf die Lippe. »Was soll ich nur mit dir machen?« Er klang vernünftig und bekümmert zugleich. »Alles, was ich verlange, ist ein bisschen Ehrerbietung und Respekt, und du gehst wie eine Irrsinnige auf mich los.«
Matilda erwiderte nichts darauf. Nicht sie war irrsinnig, und nicht sie hatte es an Respekt fehlen lassen.
Ohne sie loszubinden, hielt er ihr den Becher hin, um klarzustellen, dass er hier das Sagen hatte. Matilda nahm einen Schluck und spülte sich den wunden, geschwollenen Mund aus. Dann holte sie so tief Atem, dass sie meinte, ein Messer werde ihr in die Brust gestoßen, und spie ihm den Wein ins Gesicht.
»Lieber sterbe ich!«, keuchte sie.
Geoffrey wischte sich Wein von seinem zerkratzten Gesicht. Seine grünen Augen funkelten dunkel.
»Pass auf, was du dir wünschst, Weib, denn ich könnte geneigt sein, dir diesen Wunsch zu erfüllen!«
»Dann tu es doch!«, krächzte sie. »Tu es, und möge ewige Verdammnis über dich kommen!«
Doch er schleuderte den Becher abrupt zur Seite, zog sein Messer aus der Scheide und strich mit dem Daumen über die Klinge. Er sah sie forschend an, doch in ihren Augen flackerte keine Furcht auf. Im Gegenteil, sie blickte ihn zornig und herausfordernd an, und hinter diesem Ausdruck verbarg sich eine eigenartige Leere, die ihm das Blut in
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