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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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einst eine Lady in einem hohen Turm, und viele Ritter hielten um ihre Hand an.« Adeliza beschrieb mit den Armen Wellenbewegungen, dann streckte sie sie in die Höhe, um einen Turm zu umreißen. Will verfolgte ihre anmutigen Bewegungen voller Bewunderung. Ihr hauchdünner Schleier wurde von kleinen Nadeln aus Gold und El fenbein gehalten, die winzigen Mäusen glichen. Ihre Augen schimmerten wie ein glatter See an einem Herbstmorgen. Ein leiser Schmerz nagte an Wills Herz, aber es war ein angenehmer Schmerz. Die Königin stand so weit über ihm, dass er aus der Entfernung für sie schwärmen konnte, ohne sich in Gefahr zu bringen. Auch der Nachthimmel war schön, aber ihn konnte man nicht berühren.
    Seit der Hochzeit der Kaiserin ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Manchmal kam es immer noch zu Spannungen, denn die Leute warteten ungeduldig auf die Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft, aber die Heirat lag erst zwei Monate zurück, da war es noch zu früh, um sicher zu sein. Will hatte sich in Gegenwart der Kaiserin nie wohl gefühlt. Sie wirkte so kalt und hart wie ein Edelstein und gab sich für seinen Geschmack etwas zu männlich. Er bewunderte sie, aber er hatte nicht allzu viel für sie übrig.
    »Die Ritter brachten der Lady schöne, kostbare Geschenke – Seide und Pelze, Parfüm und Juwelen und Gold.« Adelizas Finger woben die Geschichte, und als sie die Arme hob, glitzerten die Goldfäden in ihren Ärmeln. Die verzückten Gesichter der Kinder entlockten Will ein Lächeln. Unschuld war etwas Schönes und ging allzu leicht verloren. Adeliza strahlte noch immer eine unberührte Reinheit aus, obwohl sie seit sieben Jahren mit einem politischen Seelenverkäufer und Zyniker wie Henry verheiratet war.
    Henry kicherte, als Adeliza eine Pirouette beschrieb, mit den Armen wedelte. Sie tat so, als wäre sie ein Sturm über dem Meer, während der Held der Geschichte um die Lady und die Erfüllung ihres Geschicks kämpfte. Adeliza wies die Kinder an, eine Reihe zu bilden und vorzugeben, Ruderer auf einem Schiff zu sein.
    »Ihr auch, Will.« Lachend winkte sie ihn zu sich. »Kommt aus Eurer Ecke und übernehmt das Steuer.«
    Es gab kein Entrinnen. Obwohl rot vor Verlegenheit, musste Will grinsen. Er gesellte sich zu den Kindern. Hätte er sich geweigert, hätte er sich die Blöße gegeben. Außerdem mochte er Kinder, und sowie er mit seiner Vorstellung begann, verlor er sich in dem Drama. Als Steuermann brüllte er dem Rest der »Besatzung« Befehle zu und kämpfte gegen Stürme und Meeresungeheuer an, bis sich das Publikum vor Lachen bog.
    Sobald das Boot sicher das Ufer erreicht hatte, wurde Adeliza von den Zuschauern beklatscht und gestattete Will, sich zu erheben und eine elegante Verbeugung zu vollführen, bei der ihm seine dunklen Locken in die Stirn fielen. Adeliza machte eine Pause. Ihre Kehle war trocken, sie nahm sich einen Becher Wein. Und Reginald, ein illegitimer Sohn von Henry, spann die Geschichte fort.
    Adeliza legte Will leicht eine Hand auf den Arm.
    »Wer hätte gedacht, dass Ihr ein so geschickter und zuverlässiger Seemann seid«, sagte sie mit einem leisen Lachen.
    Er räusperte sich.
    »Madam, ich tue mein Bestes, um mich bei stürmischer See zu bewähren«, erwiderte er, während er leicht errötete.
    »Ich wusste, dass Ihr durchhalten würdet.« Sie drückte seinen Arm und durchbrach den Zauber des Augenblicks. Einen Moment später erstarb ihr Lächeln, als Gilbert Marshal einen mit Schlamm bespritzten Boten in Henrys Gemach führte. Als er aufgeregt näher kam, erfüllte die Luft ein scharfer Geruch nach Männer- und Pferdeschweiß. Die Geschichte brach abrupt ab, und alle starrten den Boten an, der vor dem Stuhl des Königs niederkniete. Wills Nacken kribbelte.
    Der Mann reichte Henry einen versiegelten Brief.
    »Sire, ich bringe Neuigkeiten aus Flandern. William le Clito ist tot.«
    Henry nahm den Brief entgegen und starrte den Boten an. »Sprich weiter«, befahl er.
    »Sire, er wurde bei der Belagerung von Aalst während eines Zweikampfs mit einem Fußsoldaten an der Hand verletzt. Die Wunde wurde brandig, und er starb am Fieber. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    Adeliza senkte den Kopf.
    »Gott sei seiner Seele gnädig.«
    Henry erbrach das Siegel des Briefes. Seine Miene verdunkelte sich vor Kummer, obwohl William le Clito ihm ein Dorn im Auge gewesen war.
    »Sein Tod betrübt mich tief. Ich werde Messen für seine Seele lesen lassen.«
    Adeliza streckte eine Hand nach ihm aus.
    »Sire,

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