Die Hueterin der Krone
sie auf seine Truhe gelegt hatte, eine Silbermünze. Er war kein Geck, aber er legte Wert auf saubere Wäsche, und sowie er sich um sein Zelt und sein Pferd gekümmert hatte, gehörte es zu seinen ersten Prioritäten, eine gute Waschfrau ausfindig zu machen.
»Ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht«, stöhnte sie, als sie den Silberpenny in dem Beutel an ihrem Gürtel verstaute. »Diese Flamen bilden sich ein, man könnte ein Hemd so schnell waschen und trocknen, wie man Brot an einem Stock röstet.« Sie zuckte mit den breiten Schultern und stapfte nach einem verspäteten Knicks aus dem Zelt.
Wills Mundwinkel zuckten. Er überließ es seinem Knappen, die frischen Hemden in seine Reisetruhe zu packen, folgte der Frau in den hellen Sommermorgen hinaus und betrachtete das geschäftige Treiben im Lager. Der König war im März aus England in die Normandie gekommen, um die Provinz zu sichern und mit König Louis von Frankreich zu verhandeln. Ein Feldzug war organisiert worden, um auf die von der Kaiserin gehaltenen Burgen vorzurücken und Matilda zu vertreiben, aber die Soldaten wurden von Geoffrey of Anjou behindert, der mit einer großen Armee die Grenze überschritten hatte und nun im Hiémois wütete. Er hatte Bazoches-au-Houlme zerstört und die Kirche, in der viele Menschen Zuflucht gesucht hatten, dem Erdboden gleichgemacht. William D’Ypres, Stephens oberster Söldnerhauptmann, hatte versucht, Geoffrey in eine Schlacht zu verstricken, aber viele von Stephens normannischen Lords zögerten, sich dem Befehl eines flämischen Bas tardsöldners mit zweifelhafter Vergangenheit zu unterstellen. Im Lager kam es immer wieder zu Spannungen. Will hielt sich bedeckt und nach Möglichkeit aus allen Schwierigkeiten heraus. Er bewunderte D’Ypres als Soldaten, war aber auf der Hut vor dem großen Flamenkontingent, das das Rückgrat von Stephens Armee bilden sollte. Allerdings befand sich D’Ypres momentan nicht im Lager, sondern seit dem gestrigen Nachmittag auf einer Patrouille.
Stephen bereitete sich darauf vor, auf Lisieux vorzurücken und Geoffrey zu zwingen, sich zu stellen. Zur gleichen Zeit verhandelte er mit verschiedenen normannischen Lords und versuchte, ihre Unterstützung zu gewinnen. Gestern hatte Will Rotrou of Mortagne mit Wein bewirtet. Heute führte Stephen Gespräche mit den Lords von Tancarville und Laigle.
Will trat zu dem Lagerfeuer, nahm sich einen kleinen Brotlaib, brach ihn entzwei und legte eine dicke Scheibe von dem Schinken dazwischen, den sein Koch in einer großen Pfanne briet. Genüsslich kauend ging er nach seinen Pferden sehen. Forcilez, sein geschecktes Schlachtross, wandte den Kopf und stieß ein nach Heu riechendes Schnauben aus. Will fütterte ihn mit einem Stück Kruste und strich über seine muskulöse schwarzweiße Schulter. Bislang hielt sich der Hengst trotz drei Monaten im Feld gut, und Will freute sich über seine Ausdauer.
Als er plötzlich Hufgetrappel hörte, drehte er sich um und sah gerade noch William D’Ypres mit seinem Gefolge vorüberreiten. Das Gesicht des Söldnerhauptmanns war vor Wut verzerrt. Irgendetwas musste vorgefallen sein. Will schluckte den letzten Bissen seines Frühstücks hinunter und eilte zu Stephens Zelt, wo er ohnehin erwartet wurde.
D’Ypres sprach mit mühsam gezügelter Wut, die dadurch umso bedrohlicher wirkte, auf Stephen ein.
»Er wusste Bescheid«, knurrte er. »Robert of Gloucester wusste von der Falle, die ich ihm gestellt habe. Wie viele Normannen hier im Lager arbeiten für ihn und nicht für uns?« Er starrte Will, der den Wein für das bevorstehende Treffen mit Laigle und de Tancarville dekantierte, finster an.
Will wandte sich an Stephen. »Wünscht Ihr, dass ich gehe, Sire?«
Stephen schüttelte den Kopf. »Ich vertraue auf Eure Diskretion, Will. Und ich denke nicht, dass Ihr derjenige seid, der Informationen aus dem Lager geschmuggelt und an Robert of Gloucester oder Geoffrey of Anjou weitergegeben hat.«
»Nun, jemand hat es getan«, schnaubte D’Ypres, »denn der Hurensohn hat plötzlich vor der Stelle kehrtgemacht, wo er sich mit Geoffrey of Anjous Mann treffen wollte. Auf meine Informanten kann ich mich verlassen!«
»Ich wusste nicht, dass Lord Gloucester als Feind betrachtet wird«, warf Will ein.
D’Ypres kräuselte die Lippe. »Er mag ja unserem Herrn und König einen Eid geschworen haben, aber er wartet nur auf den richtigen Moment, um zur anderen Seite überzulaufen.«
»Was ist denn mit dem Mann des
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