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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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verabschiedet hatte. Am liebsten hätte sie die Kinder tatsächlich weggeschickt. Ava wollte das Haus richten, alles für sein Kommen vorbereiten. Unbeobachtet. Nicht unter den wachsamen Augen von fünf Kindern, denen es zur Überlebensnotwendigkeit geworden war, selbst die kleinste Änderung in ihrer Umgebung zu registrieren. Aber als ob Kunis Bande es gespürt hätte, zeigten die fünf sich ungewöhnlich anhänglich. Tagsüber verschwanden sie zwar zu ihren Streifzügen, doch sobald es dunkel wurde, fanden sie sich alle wieder bei ihr ein.
    »Die Leute sind so geizig geworden«, maulte Toni. »Ich hab heute gesungen, bis ich heiser war. Aber keiner hatte auch nur ein Kupferstück übrig.«
    »Es stimmt, was er sagt.« Kunis Gesicht war noch spitzer als sonst. »Einer hat mich angebrüllt, als ich nur im Abfall gestochert habe. ›Das ist für meine Schweine, nicht für solche Bankerte wie dich‹, hat er geplärrt.« Sie zog die Nase hoch und grunzte.«Dabei hat er selber wie ein Schwein ausgesehen – und genauso gestunken.«
    Die Kinder lachten. Reka stieß ein Fiepen aus. Anfangs hatten sie Angst vor ihm gehabt, und auch er hatte die ungewohnten Besucher mit Argwohn betrachtet. Einmal hatte Lenz bei einer zu schnellen Bewegung sogar die scharfen Fänge zu spüren bekommen. Inzwischen aber waren sie aneinander gewöhnt. Am liebsten mochte der Otter offenbar Kuni, die ihm manchmal sogar den Bauch kraulen durfte, und das Mädchen war stolz, dass er ihr seine Zuneigung so offen zeigte.
    »Ist die Suppe nicht bald fertig?« Kaspar schaute hungrig zum Herd. »Mich haben sie von den Domstufen gejagt. Wäre ich nicht so schnell gewesen, hätten sie mir sicher auch noch das Fell gegerbt.«
    Ava gab ihm ein Stück Brot.
    »Später hab ich dann die Taube getroffen«, fuhr Kaspar mit vollem Mund fort und blinzelte dabei unsicher erst zu Kuni, dann zu Lenz. »Auf der Oberen Brücke. Ich hab sie gefragt, ob sie etwas zu essen für mich hat. Verstanden hat sie mich genau, das weiß ich, weil sie wie wild mit ihrer Tafel herumgefuchtelt hat, aber bekommen hab ich trotzdem nichts von ihr. Vielleicht ist sie doch nicht so nett, wie sie immer tut, wenn mein großer Bruder dabei ist.«
    Kunis Blick verriet Zufriedenheit. Sie vertrug sich wieder mit Lenz, aber nur, solange der Name Selina nicht fiel.
    »Künftig bleibst du am besten immer ganz dicht bei mir«, beendete Lenz das heikle Thema. »Aus der Regnitz sollen sie gestern nämlich einen kleinen Jungen gefischt haben, keine sieben Jahre alt und mausetot.«
    »Die Druten waren das!«, rief Toni. »Überall in der Stadt reden sie davon. Die fangen kleine Kinder, schlachten sie bei lebendigem Leibe und essen dann ihr Herz. Und mit dem Fett beschmieren sie …«
    »Welches Fett?«, unterbrach ihn Ava.
    Die Kinder sahen sich an und prusteten los.
    »Am wenigsten ist allerdings an dir dran.« Ava zog Lenchen auf den Schoß. »Helle Haare, Vogelknöchelchen und ein bisschen Haut – allerdings sehr schmutzige Haut. Wann hast du eigentlich zum letzten Mal gebadet?«
    Das Mädchen machte sich steif in ihren Armen. Ihr Gesicht war plötzlich wächsern.
    »Sie kann Wasser nicht leiden«, sagte Kuni. »Lass sie einfach. Es erinnert sie zu sehr an ihre Mutter.«
    »Etwas davon könnte trotzdem nicht schaden – keinem von euch, wenn ich euch so betrachte«, sagte Ava. »Vielleicht sind die Leute freigebiger, wenn ihr nicht mehr wie verdreckte Vogelscheuchen herumrennt.«
    Sie strich der Kleinen übers Haar. Reka rieb sich zutraulich an ihrer Wade. Lenchen schaute unsicher zu Kuni, dann zu Ava. Erst als diese nickte, streckte sie die Hand aus und streichelte vorsichtig seinen Rücken.
    »Wenn es wärmer wird, gehen wir alle zusammen schwimmen«, sagte Ava, nahm die Suppe vom Herd und trug einen Teller mit Fischen zum Tisch. »Was ist? Seid ihr plötzlich festgewachsen, oder kann mir vielleicht jemand helfen?«
    »Du kannst schwimmen?«, sagte Toni, während er ungeniert nach der dicksten Forelle angelte.
    »Natürlich. Und ihr werdet es auch bald können«, bekam er als Antwort. »Ist gar nicht schwer, denn das Wasser trägt euch. Ihr müsst nur die erste Angst überwinden und lernen, was man mit den Armen und den Beinen macht. An Reka kommt allerdings keiner heran. Er ist der Herr des Flusses, und allein schon ihm zuzusehen ist ein Vergnügen.«
    Am anderen Morgen hielt sie die Kleine zurück. »Du bleibst heute ausnahmsweise bei mir.«
    Vielleicht würde es ihr helfen, besser mit der

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