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Die Hüterin der Quelle

Die Hüterin der Quelle

Titel: Die Hüterin der Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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machen?«
    »Ja.« Er klang angetan. »Sie war vorzüglich. Und wenn du wieder frisches Schwarzbrot dazu bringen könntest …«
    Sie nickte, ungeduldig, wie es ihm schien. Aus irgendeinem Grund schien sie es eilig zu haben, wieder hinauszukommen, was ihn irritierte.
    Er drehte sich ganz zu ihr um.
    »Aber nur, wenn du mit mir isst. Das hast du noch nie getan, Hanna. Wir könnten den neuen Bock dazu probieren. Er reift seit über drei Monaten. Und seine Stammwürze ist nicht von schlechten Eltern.«
    »Ich muss nach Hause.«
    »Wer erwartet dich dort?«, sagte er. »Ein Mann?«
    Ihre dunklen Brauen zogen sich zusammen. Von einem Augenblick zum anderen war ihr Gesicht finster geworden.
    »Und wenn, so wäre es doch ganz allein meine Angelegenheit. Also Hechtpastete, Braumeister?«
    Sie wollte die Türe schon schließen, aber Pankraz stand auf und hinderte sie daran.
    »Was, wenn ich dich sehr darum bitte?«, sagte er. »Könntest du deine Meinung dann ändern?«
    »Was hättest du schon davon?« Sie hob ihren Kopf und sah ihn an.
    »Gesellschaft«, erwiderte er. »Eine anziehende Gestalt, die mir gegenübersitzt. Jemand, mit dem ich vernünftig reden kann. Mir liegt so vieles auf dem Herzen. Es ist auf Dauer ziemlich öde, immer allein zu sein.«
    »Dann such dir doch eine Frau«, sagte Hanna. »Wieso hast du nicht längst wieder geheiratet? Auswahl hast du doch mehr als genug.«
    »Und wenn ich meine Wahl schon getroffen hätte?« Seine Augen suchten ihren Blick. »Was dann?«
    »Nein.« Sie wandte den Kopf abrupt zur Seite. »Nicht so. Nicht auf diese Weise. Das hab ich mir geschworen, als ich noch sehr jung war, und glaub mir, ich hatte im Lauf meines Lebens reichlich Gelegenheit, diesen Schwur immer wieder zu erneuern. Die Lahme als leicht zu erlegende Beute? Die meisten Männer denken so. Soll sie doch froh sein, dass sie überhaupt einer ansieht – von dem üblen Leumund ganz zu schweigen, den sie mit sich herumträgt, seit man ihre Mutter verbrannt hat! Meine Antwort lautet nein. Auch, wenn du kein geiler Geselle bist wie der Schneider, sondern der Braumeister höchstpersönlich.«
    Sollte er ihr etwas erzählen von den neuerlichen Anschuldigungen, die man gegen sie erhoben hatte? Pankraz entschied sich dagegen. Solange sie sicher zwischen zwei staubigen Aktendeckeln verwahrt blieben, wie Kilian Haag es ihm versichert hatte, musste er sie nicht damit beunruhigen. Außerdem hätte Hanna es womöglich falsch verstehen können. Als Versuch, sie unter Druck zu setzen.
    Stattdessen ging er zum Tisch, nahm einen Gegenstand auf und hielt ihn hoch.
    »Komm!«, sagte er. »Schau dir das hier bitte mal an.«
    Sie zögerte zunächst, kam dann seiner Aufforderung nach.
    »Ein riesengroßes Herz«, sagte sie. »An einer Silberkette. Aber es ist kein Stein, oder? Es sieht so lebendig aus. Was ist es?«
    »Bernstein«, sagte Pankraz. »Und was du gegen das Licht siehst, sind winzige Insekten, die vor unendlich langer Zeit im Baumharz eingeschlossen wurden. Eine Erinnerung in Gold, wenn du so willst. Festgehalten für alle Zeiten.«
    Bevor sie etwas entgegnen konnte, hatte er ihr die Kette umgelegt. Ihr Nacken ragte schmal und gerade aus dem Kragen. Er sah den blonden Flaum, der ihn bedeckte, und musste sich beherrschen, um nicht seine Lippen auf ihre Haut zu pressen.
    »Was soll das?« Sie tastete nach dem Verschluss, um ihn wieder zu öffnen, aber es gelang ihr nicht. »Lass das sein! Ich will das nicht!«
    »Es ist ein Geschenk«, sagte er.
    »Es ist ein Herz!«
    »Ja, das ist es, und ich möchte, dass du es trägst. Der Bernstein ist genauso lebendig wie du. Er taugt nicht dazu, im Dunklen zu vergilben. Agathe – meine verstorbene Frau – hätte bestimmt nichts dagegen. Das weiß ich.«
    »Und Marie?«, sagte sie. »Was ist mit der?«
    »Ich liebe meine Tochter, aber um Erlaubnis frag ich sie nicht. Also?«
    »Das kann ich nicht annehmen!«, protestierte sie, aber ihre Hand lag bereits Besitz ergreifend auf dem Bernsteinherzen.
    »Doch«, sagte er. »Du musst sogar, wenn du mich nicht beleidigen willst. Was bin ich denn in deinen Augen? Ein Scheusal, mit dem man sich nicht einmal an einen Tisch setzen kann? Ein Unhold, vor dem man fliehen muss? Wenn du das glaubst, Hanna Hümlin, dann such dir lieber heute als morgen einen neuen Dienstherrn!«
    Sie sah ihn zuerst verblüfft an, dann brach sie in lautes, fröhliches Gelächter aus.
    »Also gut«, sagte sie. »Du hast mich überzeugt. Ich wusste gar nicht, dass du so

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