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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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kann schließlich nicht jeder unter hochwohlgeborenen jungen Witwen wildern.«
    Delius setzte kommentarlos seinen Bierkrug an.
    »Erst die zauberhafte Amalie, dann die schöne Christiane Meitinger«, sinnierte Ditmold. »Gott machte das Weib zur Witib, um dir gefällig zu sein, wie mir scheint.«
    »Hör auf mit dem Unsinn«, bat sein Freund, nachdem er einen großen Schluck des hervorragenden Bieres getrunken hatte, das in einer Sudstätte im Hof der Schänke gebraut wurde. »Du weißt ganz genau, wie die Dinge liegen: Ich werde Amalie heiraten. Das war meine Absicht, als ich Frankfurt verließ, und dabei bleibe ich!«
    »Hast du sie endlich davon in Kenntnis gesetzt?«
    »Ich kam noch nicht zu einem Brief. Zu viel ist geschehen in der Zwischenzeit. Aber das ändert nichts an meinem Wunsch.«
    »Das ist Prinzipienreiterei«, bemerkte der Assessor und folgte der jungen, blonden Hure mit seinen Blicken, während sie aufreizend an den Tischen entlangspazierend nach einem Kunden Ausschau hielt. Gelegentliche Pfiffe gieriger Männer begleiteten sie. Sie hatte aber auch eine Art, ihre Hüften zu schwingen – das Blut raste durch Ditmolds Adern. »Man kann eine Menge über eine Stadt lästern, in der ein Reichstag abgehalten wird«, murmelte er, »aber die Weiber sind eine Augenweide.«
    »Solltest du nicht eher nach einem Mörder suchen als nach einem schönen Busen?«
    »Letzterer wäre im Moment zweifellos willkommener«, Ditmold hob beschwichtigend die Hand, um Delius an einem Widerspruch zu hindern. Dann setzte er hinzu: »Sich ständig mit den Niederungen des menschlichen Handelns befassen zu müssen, macht ein wenig melancholisch. Und was vertreibt Schwermut wohl besser als die Gelegenheit, den mit trüben Gedanken überfüllten Kopf auf einen schönen Busen zu betten?«
    Der Verleger schmunzelte. »Wem nutzt der Augenblick, der die Liebe für ewig gefunden?«
    »Wenn du sie gefunden hast, bist du besser dran als ich. Allerdings wage ich zu behaupten, dass Amalie Delius, geborene Ammann, nicht die Glückliche ist. Ja, ja, ich weiß, du willst sie heiraten ... Wolfgang, du kannst es etliche Male wiederholen, es wird nicht glaubhafter dadurch. Wenn Christiane Meitinger in der Lage ist, dich auf den ersten Blick dermaßen zu entflammen, wird deine Ehe mit Amalie kein Kinderspiel. Die nächste Versuchung wartet bereits irgendwo. Überlege dir gut, ob du das deiner Schwägerin antun willst. Ich denke, sie hat ein wenig mehr Treue und Achtung verdient.«
    Es zerrte an Delius’ Nerven, wie sich Ditmold in seine Privatangelegenheiten mischte. Wenn sie nicht eine alte Freundschaft verbunden hätte, wäre er wahrscheinlich ungeachtet des noch halbvollen Bierkrugs aufgestanden und zornig seines Weges gegangen. Doch unter den gegebenen Umständen presste er die Lippen aufeinander und schob trotzig das Kinn vor. Er war uneinsichtig, vielleicht, aber er hatte nicht die Absicht, von einem einmal getroffenen Vorhaben abzuweichen. Schließlich konnte er nicht alles dem Schicksal überlassen.
    »Ich habe übrigens Neuigkeiten von deiner ...«, Ditmoldräusperte und korrigierte sich: »Von der Meitingerin. Bei ihr ist in der vergangenen Nacht eingebrochen worden.«
    Delius starrte sein Gegenüber an. »Was? Warum sagst du das erst jetzt?«
    Ditmold machte eine wegwerfende Handbewegung. »Reg dich nicht auf. Ich habe es selbst erst vor nicht allzu langer Zeit erfahren. Sie behauptet, der Teufel sei bei ihr eingedrungen.«
    »Der Teufel?«, wiederholte Delius verblüfft, zwischen Belustigung und Sorge schwankend. »Was soll das sein: Einbildung oder Jahrmarktzauber?«
    »Es ist Ernst, fürchte ich. Man hat einen Teufelstritt vor ihrem Haus gesehen.«
    Er stieß ein grimmiges Lachen aus. »Ich bitte dich, du weißt genauso gut wie ich, dass sich Satan nicht als Dieb betätigt. Wer immer auf der Suche nach den Fälschungen ...«, entsetzt über die eigene Logik brach er ab. »Ist etwas gestohlen worden?«, fragte er leise und hielt gleich darauf furchtsam den Atem an.
    »Sie beteuert, dass sich alles an seinem Platz befände, und ich glaube dem, was sie dem Nachtwächter sagte.«
    Die beiden Männer schwiegen, jeder hing seinen Gedanken nach. Eine Gruppe neuer Gäste betrat lärmend die Stube, und Delius hob kurz den Kopf. Es waren Herren in schwarzen Talaren, Gelehrte offenbar, die auf ein wenig Abwechslung und ein gutes Abendessen aus waren. Nach dieser Betrachtung wandte er sich wieder seinen eigenen Bedürfnissen zu, trank von dem

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